Politik

Wahlausgang in Mecklenburg-Vorpommern: Ansehen der Bundesregierung auf neuen Tiefpunkt angelangt!

Wahlausgang in Mecklenburg-Vorpommern: Ansehen der Bundesregierung auf neuen Tiefpunkt angelangt!
Antifaschistische Aktion von Jugendlichen gegen die NPD erinnert an die Namen der 140 Opfer faschisticher Übergriffe seit 1990

05.09.11 - Rund 148.000 Stimmen haben bei der gestrigen Landtagswahl in Mecklenburg Vorpommern die bürgerlichen Parteien SPD, CDU, FDP zusammen verloren. Die Grünen konnten als einzige Partei rund 27.523 Stimmen dazu gewinnen. Das, wie auch die Wahlbeteiligung von nur noch 51,4 Prozent (LTW 2006 noch 59 Prozent), zeigen den Vertrauensverlust der bürgerlichen Parteien in Mecklenburg Vorpommern, der auf einem neuen Tiefpunkt angekommen ist. Die Wahlberichterstattung im Fernsehen sowie die heutige Presse, die von einem "Wahlerfolg der SPD" sprechen, sind ein Paradebeispiel einer so genannten „objektiven“ Berichterstattung, die ein Desaster schön redet, ähnlich wie zu Zeiten der DDR.

Sicherlich genießt Erwin Sellering als Ministerpräsident aus der SPD noch das relativ meiste Vertrauen von den bürgerlichen Politikern bei den Wählern. Er gibt sich in einigen Fragen volksnah. Die SPD hat aber als „stärkste Kraft“ mit 35,6 Prozent selbst 7.567 Stimmen gegenüber der Landtagswahl 2006 verloren und wurde bei 1,357 Millionen Wahlberechtigten gerade einmal von 17,6 Prozent gewählt. Sie konnte sich von ihrem tiefsten Einbruch bei der Bundestagswahl 2009 etwas erholen, wo sie nur 16 Prozent Stimmenanteil bekam und absolut hunderttausend weniger.

Insbesondere die CDU mit einem Verlust von 80.000 Stimmen am meisten abgestraft und fiel auf 23,2 Prozent der Stimmen. Dicht gefolgt von der FDP mit minus 60.000 Stimmen, die auf 2,8 Prozent kam und im Landtag von Schwerin nicht mehr vertreten ist. Das war eine Quittung für ihre volksfeindliche Politik. Daher reiht sich dieses Wahldesaster der Regierungsparteien ein in ein anhaltend schwindendes Vertrauen unter den Massen und bedeutet eine weitere deutliche Vertiefung der anhaltenden latenten politischen Krise der Bundesregierung. Das Rausfliegen der FDP aus einem weiteren Landesparlament sowie die Verluste der CDU können auch durch die Merkel/Rösler-Regierung nicht weiter bagatellisiert werden. Das allein herrschende Finanzkapital und die Monopole brauchen eine Regierung, die sich auf eine Massenbasis stützen kann, was in dem jetzigen Zustand immer weniger möglich ist.

Ein Korrespondent aus Schwerin berichtet an rf-news, wie sich der offene agressive Antikommunismus nicht als Zugpferd erwiesen hat: "Dass die FDP so abgeschmiert ist freut mich auch aus folgendem Grund. Wollte doch der FDP Kandidat aus meinem Wohngebiet unser Lenindenkmal über ebay verschrotten unter dem Vorwand, das Geld für die Jugendarbeit einsetzen zu wollen. In Wahrheit war das Antikommunismus pur. Das zeigte sich in einer heftigen Auseinandersetzung, die ich mit der FDP hatte. Man muss wissen, dass es in Schwerin das einzige Lenindenkmal auf öffentlichem Grund in Westeuropa gibt. Es gab schon mal einen Versuch von der FDP, dieses Denkmal zu beseitigen." 

Die Grünen haben ihre Stimmenzahl gegenüber 2006 etwas mehr als verdoppelt und kommen jetzt auf 8,4 Prozent. Dies und damit ihr Einzug in den Landtag sind Ausdruck des weiterhin anhaltenden Linkstrends. Viele Mitglieder und die Basis der Grünen in Mecklenburg-Vorpommern sind seit Jahren aktiv beteiligt an den Protesten wie gegen die Versuche Greifswald heimlich zum Endlager für Atommüll zu machen und gegen den Bombenabwurfplatz der Bundeswehr in Kyritzer Heide. Die Linkspartei konnte nicht wesentlich vom Linkstrend profitieren. Sie hat in absoluten Zahlen selbst  13.751 Stimmen verloren.  Sie steigerte ihren Stimmenanteil auf 18,4 Prozent gegenüber 2006 (16,8 Prozent), fiel aber gegenüber dem Bundestagswahlergebnis in Mecklenburg-Vorpommern von damals 29,5 erheblich zurück. 

Die faschistische NPD verlor trotz eines millionenschweren Wahlkampfes über 22.000 Stimmen, zog aber trotzdem mit 6,0 Prozent wieder in den Landtag ein. Das Bild in den Massenmedien täuscht, dass die faschistische NPD allgemein auf wachsende Zustimmung stieß. Unser Korrespondent aus Schwerin berichtet:

"Überall wo die NPD in Schwerin zum Wahlkampf auftrat gab es Gegendemonstrationen. Es gab hier in Mecklenburg-Vorpommern eine Aktion von der SPD Jugend "Storch Heinar", die sich mit einem Plakatkrieg gegen die Naziideologie richtete. Am Freitag und am Sonnabend gab es vom DGB eine Aktion "Laut gegen rechts" mit Veranstaltungen und Konzert. Ich habe es besucht dort waren über einen längeren Zeitraum mehrere Tausend Jugendliche. Der Bund der Antifaschisten in Mecklenburg-Vorpommern hat eine Zeitung "NO NPD" herausgegeben, die flächendeckend in MV verteilt wurde. Die Aktion war zum großen Teil privat finanziert, ein Teil kam von der Linkspartei. Hier in Schwerin gibt es eine Jugendgruppe die "Bunten". Sie haben recherchiert, dass seit 1990 in Deutschland etwa 140 Leute durch Neofaschisten ums Leben gekommen sind. Sie haben jeden einzelnen Namen recherchiert und wie sie umgekommen sind. Sie haben die Namen auf Plakate gemacht und eine Demo organisiert und dort die Namen gezeigt.Anschließend wurden diese Plakate mit den Namen bei "Laut gegen rechts" aufgestellt. Es war schon beeindruckend wie viele Leute am Abend an diesen  Plakaten Kerzen aufgestellt haben. Sie sagten „Diese Taten sind vergessen wenn die Namen vergessen sind.“ Ein Bündnis von Jugendlichen hat über die Internetseite wakeup-standup.info eine "Demo gegen rechts" organisiert. Dabei wurde ich auch als MLPD mit eingeladen. Wir sind mit MLPD und Rebell gerne dieser Einladung gefolgt."

Dass die NPD ein gutes Drittel ihrer Stimmen verloren hat ist ein Erfolg, aber dass sie in einzelnen Wahlkreisen  bis zu 16,1 Prozent (Erststimmen Wahlkreis Uecker-Randow) erhalten hat ist ein ernsthaftes Alarmsignal, dem mit einer breiten antifaschistischen Aufklärungsarbeit begegnet werden muss. Allerdings haben auch die bürgerlichen Parteien der NPD das öffentliche Straßenbild überlassen, die in weiten Teilen des Landes als einzige plakatiert hatte. Von einer Forderung nach dem Verbot der NPD war weder von CDU noch FDP zu hören.

Zum Schluss noch mal unser Korrespondent aus Schwerin: "Spannend ist auch ob die SPD mit der Linkspartei oder mit der CDU zusammengeht. In der Linkspartei gibt es auch Widersprüche bei einigen Mitglieder zum Anbiederungskurs an die SPD. Sie sagen, dadurch geht das Profil der Linkspartei verloren. Von der Linkspartei sagte  mir jemand, "die MLPD hat auch Anhänger." Am Stand der Linkspartei wollte jemand unbedingt die MLPD wählen. Insgesamt sind es spannende Wochen und es bleibt spannend . Hier vor Ort machen wir Werbung für die Herbstdemonstration gegen die Regierung am 17.9 in Berlin und zu unserer öffentlichen Studiengruppe zum Buch Morgenröte der internationalen sozialistischen Revolution"