Politik
Bundeskanzlerin Merkels Suche nach einem "erweiterten Rettungsschirm" ...
08.09.11 - Gestern und heute wurde im Bundestag der Gesetzentwurf der Regierungskoalition für den erweiterten Euro-"Rettungsschirm" EFSF diskutiert. Er sieht vor, den Garantierahmen der EU für Bürgschaften zur Rettung hochverschuldeter Staaten vor dem Staatsbankrott auf 780 Milliarden Euro aufzustocken. Der Anteil Deutschlands daran erhöht sich damit von 123 auf bis zu 253 Milliarden Euro, wofür die Steuerzahler aufkommen sollen. Mittlerweile mussten in der EU nicht nur Griechenland, Portugal und Irland vor dem drohenden Staatsbankrott gerettet werden. Mit Italien und Spanien stehen auch das dritt- und viertstärkste Land der Euro-Zone kurz davor.
In immer kürzeren Abständen erweisen sich die "Rettungsschirme" zur Abwendung von Staatsbankrotten als nicht mehr ausreichend. Dies birgt die Gefahr einer Kettenreaktion bis hin zum Auseinanderbrechen der EU. "Scheitert der Euro, scheitert Europa", beschwor die Bundeskanzlerin denn auch die versammelten Abgeordneten, um kurz darauf zu versprechen: "Der Euro wird nicht scheitern!"
Trotz inszenierter Beifallstürme aus den Reihen der Koalition ist es mehr als fraglich, ob sie mit ihrer "Brandrede" die 25 Abgeordneten von CDU/CSU und FDP beeindrucken konnte, die bisher gegen das EFSF-Gesetz stimmen wollen. Laut aktuellen Umfragen trauen 80 Prozent der Bevölkerung der Regierung jedenfalls nicht mehr zu, die Euro-Krise zu bewältigen.
Den Ausweg sucht die Bundesregierung nun darin, noch mehr bislang nationale "Befugnisse auf die europäische Ebene zu übertragen" (Merkel) und dazu gegebenenfalls auch bestehende EU-Verträge neu auszuhandeln. Stichwortgeber für diese Pläne sind die führenden Banken und Konzerne Europas, die zum alleinherrschenden internationalen Finanzkapitals gehören. Sie versprechen sich davon einen noch direkteren Zugriff auf die nationalen Staatshaushalte und Wirtschaftsstrukturen sowie weitergehende Befugnisse zur Durchsetzung verschärfter Krisenprogramme. Entsprechend schwor die Bundeskanzlerin gestern schon mal auf die notwendigen "Opfer" dafür ein.
Tatsächlich brauchen die international operierenden Monopole Europas (vor allem aus Deutschland, Frankreich und England) die EU für ihre Exportgeschäfte und als koordinierte Machtbasis bei der internationalen Auseinandersetzung mit ihren großen imperialistischen Konkurrenten. Deshalb sollen sich kleinere Länder noch stärker als bisher einer "Wirtschaftsregierung" der Großmächte unterordnen. Bei Frau Merkel klingt das so: "Wir müssen in der Euro-Zone enger zusammenarbeiten."
Vom Bundesverfassungsgericht erhielten sie dafür gestern ebenfalls Rückendeckung, das die Klage verschiedener Vertreter der untergeordneten Monopolbourgeoisie und nichtmonopolisierten Bourgeoisie gegen die Euro-Rettungsschirme zurückwies.
Hintergrund der wachsenden Schwierigkeiten des EU-Krisenmanagements ist, dass sich die Weltwirtschafts- und Finanzkrise wieder dramatisch verschärft. Die OECD rechnet nach neuesten Prognosen auch für Deutschland mit einem Rückgang der Wirtschaftsleistung. Die exportabhängige deutsche Wirtschaft bekomme die zurückgehenden Aufträge noch stärker zu spüren als Frankreich und die USA.
Bekäme die Regierung bei der Abstimmung über die EFSF-Pläne Ende September - davor sind noch die Wahlen in Berlin - keine eigene Mehrheit zustande, würde dies die Regierungskrise offen ausbrechen lassen und einen Regierungswechsel auf die Tagesordnung setzen. Das unter anderem vom Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Hans-Peter Keitel, geforderte verschärfte Krisenprogramm ("Deutsche sollen Opfer bringen") könnte diese Regierung aufgrund ihrer geschrumpften Massenbasis und inneren Zerrissenheit kaum mehr durchsetzen.
Was von den SPD- und Grünen-Rednern im Bundestag vorgeschlagen wurde, unterschied sich bei näherer Betrachtung auch nicht sonderlich von den Regierungskonzepten. Die überparteilich organisierte bundesweite Herbstdemonstration der Montagsdemo-Bewegung am 17. September passt deshalb hervorragend in diese Situation. Sie steht für eine kämpferische internationalistische Alternative zum gescheiterten kapitalistischen Krisenmanagement - mit ihrem Motto "Von Athen und Barcelona bis Berlin - gegen die Abwälzung der Krisenlasten auf den Rücken der Bevölkerung! Für eine lebenswerte Zukunft!"
(Mehr zum Thema "Atemnot des internationalen Finanzmanagements" in der aktuellen "Roten Fahne")