Politik
Lebendige, kämpferische und bunte achte Herbstdemo gegen die Regierung in Berlin
17.09.11 - Bei strahlendem Sonnenschein begann heute um 11 Uhr die achte Herbstdemonstration gegen die Regierung auf dem Berliner Alexanderplatz. Es beteiligten sich Montagsdemonstranten aus ganz Deutschland. Wenn auch die Gesamtteilnehmerzahl etwas niedriger lag als vergangenes Jahr, waren doch insgesamt mehr Initiativen und Montagsdemonstrationen dabei. Zahlreiche Delegationen mit Gewerkschaftsfahnen von IG Metall und Ver.di waren zu sehen, sowie von Daimler Sindelfingen, Opel Bochum, der Charite Berlin, von ThyssenKrupp-Stahlarbeitern und aus anderen Betrieben.
Das große Spektrum der Bewegung kam dadurch zum Ausdruck, dass viele Aktivisten der Anti-AKW-Bewegung mit auf der Straße waren, sowie einzelne Vertreter der Linkspartei und der Piratenpartei. Mit dabei auch Migrantenorganisationen wie die ATIK. Die Solidarität mit den kämpfenden Völkern in Griechenland und im Mittelmeerraum wurde zum Ausdruck gebracht. Laut Veranstalter waren es 3.000 bis 4.000 Teilnehmer.
Es herrschte eine kämpferische, optimistische Stimmung. Man merkte den Teilnehmern an, dass sie mit gutem Recht stolz sind auf ihr Durchhaltevermögen. Große Zustimmung kam von den Passanten. An vielen Stellen gab es interessante Diskussionen über die offenen Mikrofone, Kulturgruppen und Lieder prägten das Bild. Ein kämpferischer Gruß wurde auch an den gleichzeitig in Leipzig tagenden Verdi-Bundeskongress gerichtet.
Bei der Auftaktkundgebung sagte Patrick Bosse von der Montagsdemo Berlin: "Die korrupte und unfähige Merkelregierung agiert nur für die deutschen Großmonopole, deshalb müssen immer mehr Arbeiter zusätzlich mit Hartz IV aufstocken." Georg Daniels vom "Zeitungsprojekt Arbeit und Zukunft" betonte in seiner Rede, dass der Niedriglohnsektor bereits 20 Prozent der Arbeitsplätze ausmacht.
Danach sangen Werner und Christiane aus Eisenhüttenstadt "Nur wer sich traut, erfährt was er kann". Johannes Rupprecht aus Nürnberg berichtete von den Angriffen des Staatsapparats gegen die dortigen Montagsdemonstranten. Weil sie sich nicht das Spendensammeln und das Megaphon nicht verbieten ließen, und es ablehnten, sich von der Straße auf den Gehweg abdrängen zu lassen, sollten seine Finger- und Handabdrücke zur "vorbeugenden Strafbekämpfung" aufgenommen werden. Dies wurde durch eine offensive Öffentlichkeitsarbeit der Montagsdemonstranten verhindert.
Karsten Bühler vom "Berliner Schwabenstreich" sagte, dass am 16. September viele Tausend in Berlin am Kanzleramt gegen die Flugrouten für den neuen Berliner Großflughafen demonstriert hätten. Eine ältere Frau, die sich als "Montagsdemo-Oma" aus Essen vorstellte, forderte, dass die Gesellschaft von den Erfahrungen der Alten lernen müsse. "Jeder alte Mensch hat ein Recht auf eine gute Behandlung" sagte sie. Lutz Wilmering von Anti-AKW-Berlin berichtete, dass seine Gruppe seit der Atomkatastrophe in Fukushima am Bundeskanzleramt demonstriere. "Alle AKW müssen sofort und weltweit abgeschaltet werden", rief er. Dem schloss sich auch die Sängerin Trisha von der Band Chaosplan mit ihrem Song "Abschalten" an.
"Wir müssen künftig erreichen, dass die Gewerkschaften offiziell zu der Herbstdemo gegen die Regierung aufrufen", sagte der Gewerkschaftler und Montagsdemonstrant Gerd Pfisterer aus Dortmund. Er berichtete auch über den erfolgreichen Widerstand der Dortmunder gegen einen Faschistenaufmarsch. Christine Otto von der Montagsdemonstration Bochum wandte sich entschieden gegen die geplanten 78 Entlassungen bei Opel in ihrer Stadt, wobei zugleich Leiharbeiter zu Billiglöhnen ins Werk geholt würden. Auch Alexander Spieß von den Datenschützern der Piratenpartei trat für die Abschaffung von Hartz IV ein.
Auf dem Leittransparent der Demonstration stand die stolze Parole "Seit 2004, bis zum Ende von Hartz IV". "Arbeitsplätze schaffen auf Kosten der Profite" schrieben Opel-Arbeiter auf ihr Transparent. Im Demozug war auch ein größerer Block des Jugendverbands REBELL. Um 14:30 Uhr hatte - wieder auf dem Alex - die Abschlusskundgebung begonnen. Es sprachen elf Redner, darunter Aktivisten aus der Umweltbewegung, Gernot Wolfer für den Umweltratschlag, der Charite-Personalrat Andreas Trendelenburg, Pedro Murillo, ein Vertreter der Rebellion der spanischen Jugendbewegung, Bettina vom Frauenverband Courage, Birgit Kühr von der "Sozialen Bewegung Brandenburg", Gitta Wester vom Jugendverband REBELL und aus Hamburg Kourosh Yektai, ein Widerstandskämpfer aus dem Iran und Aktivist der ersten Stunde von der Montagsdemo Hamburg.
Ein Vertreter der Linkspartei Halle-Saale überbrachte ein Grußwort von deren Landtagsabgeordneten Frank Kuschel. Reinhard Funk vom Zentralkomitee der MLPD sagte über die sieben Jahre andauernde Montagsdemobewegung: "Längeren und dauerhafter Protest gegen die Regierung gibt es nicht. Darauf können wir stolz sein." Jede Bundesregierung werde auch in Zukunft weiter mit der Montagsdemobewegung rechnen müssen, so der MLPD-Vetreter. Die achte bundesweite Demonstration gegen die Regierung war eine gelungene, kämpferische und vorwärtsweisende Aktion. Angesichts der zunehmend in Bedrängnis geratenden Bundesregierung genau der richtige Schritt.