Wirtschaft
Europas Krisenmanager vor dem Scherbenhaufen ihrer "Rettungsschirme"
13.09.11 - Die Nervosität der imperialistischen Regierungspolitiker angesichts der sich dramatisch verschärfenden Weltwirtschafts- und Finanzkrise wächst. In Berlin kanzelte Angela Merkel ihren Wirtschaftsminister Philipp Rösler ab, weil dieser am Wochenende gefordert hatte, auch eine "geordnete Insolvenz" Griechenlands in Erwägung zu ziehen. Daraufhin waren die internationalen Börsenkurse erneut auf breiter Front eingebrochen. Für Teile des Monopolkapitals in Deutschland ist es allerdings mittlerweile eine reale Option, Griechenland in die Insolvenz zu treiben.
Tatsächlich hat die rasante Vertiefung der Wirtschaftskrise in Griechenland alle bisher ausgezahlten "Rettungsschirme" zur Makulatur gemacht. Ohne Überweisung der nächsten Tranche wäre der griechische Staat bis Anfang Oktober zahlungsunfähig. Der griechische Ministerpräsident Giorgos Papandreou versprach zwar vollmundig einen "Titanenkampf" gegen den drohenden Staatsbankrott, stößt aber an allen Ecken und Enden auf wachsende Massenproteste. Am Samstag demonstrierten mehr als 25.000 Menschen in Thessaloniki anlässlich seines Messebesuchs und forderten die Annullierung der Vereinbarungen mit EU und IWF.
Deren Unterhändler fordern mittlerweile unter anderem, dass rund 150 staatliche Betriebe Griechenlands binnen eines Jahres zehn Prozent der Arbeitsplätze vernichten. 20.000 Beschäftigte bei der U-Bahn, Eisenbahn, Fernsehen und einer Nachrichtenagentur wären davon betroffen. Die Drohung mit dem offenen Staatsbankrott hat deshalb auch den Hintergrund, das griechische Volk damit zu erpressen und der griechischen Regierung drastische Rechtfertigungen dafür an die Hand zu geben. Für das internationale Finanzkapital ist dies auch eine Probe aufs Exempel, wie und ob sich solche Krisenprogramme gegen den wachsenden Widerstand durchsetzen lassen.
Dass unter anderem auch im Berliner Finanzministerium die Folgen eines griechischen Staatsbankrotts durchkalkuliert werden, ist Ausdruck der wachsenden Unsicherheit der führenden Kreise des internationalen Finanzkapitals. Ein "geordneter Staatsbankrott" ist allerdings eine Illusion. Bundeskanzlerin Merkel warnt vor den drohenden "Domino-Effekten". Schon jetzt ist absehbar, dass etliche Gläubigerbanken ebenfalls vor der Pleite stünden, ganz abgesehen von unvorhersehbaren Kursstürzen an den Aktienbörsen und einer weiteren Abwertung der Staatsanleihen Spaniens, Italiens, aber auch der zentralen Euroländer. Das Auseinanderbrechen des gesamten Euro-Raums und eine internationale Bankenkrise stehen auf dem Spiel.
Deshalb setzen die führenden EU-Mächte und -Monopole nach wie vor alles daran, die EU und den Euro-Raum als entscheidende Machtbasis im zwischenimperialistischen Konkurrenzkampf aufrecht zu erhalten. Ihr Vorgehen des Aufspannens immer größerer "Rettungsschirme" (siehe "rf-news"-Artikel vom 8.9.11) bei gleichzeitiger verschärfter Abwälzung der Krisenlasten führt dazu, dass die Risiken mehr und mehr auf die Kernländer der EU übertragen werden.
Eine wirkliche Lösung der sich ausweitenden Krisenhaftigkeit wird es im Rahmen des Kapitalismus nicht geben. "Wer die kapitalistischen Krisen abschaffen will, darf nicht an ihren Symptomen herumdoktern, sondern muss den Kapitalismus abschaffen und den Sozialismus errichten." ("Bürgerliche politische Ökonomie vor dem Scherbenhaufen", S. 23)