Politik

Vor dem Papstbesuch in Erfurt: "Willkommen bei den Ungläubigen!"

Erfurt (Korrespondenz), 23.09.11: "Noch 14 Tage bis zum Papstbesuch... noch 12 Tage ..." Die Stimmungsmache in Thüringen ist unsäglich. "Gehen Sie denn hin, zur Messe auf dem Domplatz?", erkundigt sich vorsichtig die Verkäuferin in einem Erfurter Souvenirladen. "Nee, ich gehe zur Gegendemo!" "Ach so! Und wann und wo ist die?", will sie wissen und verspricht, die Information an ihre Kunden weiterzugeben.

Nicht wenige Geschäftsinhaber in der Innenstadt sind stinksauer: Lärm durch die Riesen-Aufbauten auf dem Domplatz, Absperrungen schon Tage vorher, Geschäfte, Lokale und die Bücherei am Domplatz müssen morgen auch dicht machen. Es geht aber nicht nur ums Geschäft: "Sein Vorgänger war ja schon so verknöchert, aber der Ratzinger ist noch schlimmer", ärgerte sich die Verkäuferin in einem Lebensmittelladen.

Die Gegen-Demo steht unter dem frechen Motto: "Heidenspass statt Höllenangst!" Ist es doch die Absicht der christlichen Religion, vor allem das Schlechte, die sogenannten Sünden zu sehen und die Menschen abhängig und unmündig zu machen. Die Organisatoren der Gegen-Demo, junge Leute aus dem linken Spektrum, bemühen sich zugleich um Aufklärung z.B. über die "Rolle der katholischen Kirche bei der Kolonialisierung Lateinamerikas" und um "Kritik am religiösen Denken" in einer Veranstaltungsreihe.

Trotz aller Propaganda erklärten sich bei einer Leser-Umfrage immerhin 30 Prozent für eine Gegendemo. 60 Prozent waren laut dieser Umfrage dagegen, und natürlich gibt es auch fromme Leser, die tief enttäuscht sind "dass dem Heiligen Vater ein derartiger Gegenwind entgegen weht". Aber einige Leser erklärten auch, dass sie "als Atheisten" das ganz anders sehen würden! Ein Journalist deckte unter der Überschrift "Willkommen bei den Ungläubigen" auf, dass von den 2,2 Millionen Thüringern nur 170.000 katholisch sind und - trotz Martin Luther - auch nicht mehr als eine halbe Million evangelisch, dass aber die "gesamte politische Oberklasse" in Thüringen zu dieser "Minderheit" gehört.

"Weil sie die ganzen Krisen nicht in den Griff kriegen, versuchen sie alles mit dem Papstbesuch zu übertünchen", das war der schönste Kommentar, den ich zu diesem Thema gehört habe!