Umwelt
Umweltfreundliche Energie durch Wasserkraftwerke?
12.11.11 - Energieerzeugung durch Wasserkraft erlebt derzeit wieder einen Boom. Auf Einladung mehrerer Umweltorganisationen wie Forum Umwelt und Entwicklung, GRÜNE LIGA und Gegenströmung findet am 15. November an der Universität Bonn eine Podiumsdiskussion über die Problematik von Staudammprojekten statt. Diese werden zu Recht landläufig generell als umweltfreundliche Alternativen zu fossilen Energieträgern bezeichnet. Die Energiegewinnung aus Wasserkraft ist mit ihrem hohen Wirkungsgrad effektiver im Vergleich zu allen anderen Arten der Energieerzeugung.
Weltweit existieren bereits über 50.000 Großstaudämme. Derzeit sind über 500 Staudämme im Bau und tausende geplant. Vor allem die größten Ströme sind das Zielgebiet der Investoren. Auf dem Balkan sind über 400 Dämme in Vorbereitung. Gleiches spielt sich in fast allen Ländern und Flussgebieten der Erde ab, am Mekong, Nil, Sambesi, Kongo, auf Borneo, in Patagonien, in Kanada, Indien, Peru oder Pakistan. Die Projekte werden immer gigantischer.
Im Kongo ist der "Gran Inga Damm" geplant. Er soll doppelt so groß werden wie der Drei Schluchten Damm in China. Geschätzte Kosten: 80 Milliarden US-Dollar. Am Vorabend der Bonner Regierungskonferenz "The Water, Energy and Food Security Nexus - Solutions for the Green Economy" vom 16. bis 18. November wollen kritische Staudammaktivisten und Wissenschaftler aus vielen Ländern in Anwesenheit eines Vertreters der Bundesregierung diese Frage erörtern.
Tatsächlich hat die Regulierung von Flüssen viele Kulturlandschaften überhaupt erst geschaffen und auch die Schaffung fruchtbarer Ackerböden ermöglicht. Die Technik der Regierung des Fließverhaltens von Gewässern reicht über 3.000 Jahre zurück. Es gibt aber auch viele negative Folgen von Staudammprojekten. Sei es, dass wertvolle Kulturlandschaften unter den Wasserfluten verschwinden, empfindliche Ökosysteme in den Flüssen und Flusslandschaften zerstört werden oder die natürliche Bewässerung landwirtschaftlicher Nutzflächen versiegt und die Lebensgrundlagen der Menschen an den Flussläufen untergraben werden.
So hat der Assuan-Staudamm in Ägypten viele positive Auswirkungen wie die Bewässerung von früher unfruchtbaren Wüstenregionen, die Vervielfachung des Fischreichtums oder die Verhinderung von Heimsuchungen durch Überschwemmungen. Zugleich aber hat er auch langfristig negative Auswirkungen. Im Unterlauf des Nil fehlt die natürliche Düngung durch den Schlamm, der seit tausenden Jahren mit den jährlichen Überschwemmungen das Nildelta fruchtbar machte und eine Grundlage für die Entstehung einer der ersten Hochkulturen der Menschheit war. Die Austrocknung könnte auf Jahrzehnte ganze Gebiete Ägyptens durch Erosion zerstören.
Massenproteste gegen Mega-Staudammprojekte sind Teil der weltweiten Umweltbewegung: In Santiago de Chile gingen im Sommer über 40.000 Menschen gegen gigantische Wasserbauprojekte in Patagonien auf die Straße. In Brasilien schwellen die Proteste gegen den geplanten Belo Monte-Staudamm an, für den Regenwald von mehr als der doppelten Fläche des Saarlands vernichtet und 40.000 Menschen zwangsumgesiedelt werden sollen.
In Kurdistan/Türkei hat der Massenprotest erreicht, dass die EU ihre finanzielle Unterstützung des Ilisu-Staudamms zurücknehmen musste. Seit Jahren protestieren dort die Menschen gegen Zwangsumsiedlungen und die geplante Zerstörung der Region. Im Mai demonstrierten im "großen Marsch" von Anatolien 40 Tage lang Hunderte gegen diese Pläne. Auch beim Internationalen Umweltratschlag wurde über dieses Projekt diskutiert.
Bei der Vorstellung des Workshops dazu hieß es: "Die Initiative kämpft für den Erhalt - zunächst Hasankeyfs, eine 12.000 Jahre alte antike Stadt und gegen den Bau des Ilisu-Staudamms und die Überflutung von 199 Dörfern/Wohneinheiten/Weilern damit auch gegen die Gewalt in Form von Vertreibung von 55.000 Menschen aus ihrer Heimat. Die Initiative kämpft mit verschiedenen Aktionen und Kampagnen gegen die Entstehung von sozialen, psychologischen und ökonomischen Probleme und der Zerstörung des ökologischen Gleichgewichts im Tigristal."
Der internationale ICOR-Umweltkampftag und Weltklimatag am 3. Dezember ist eine gute Gelegenheit, über solche Fragen zu diskutieren, Initiativen vorzustellen, Solidarität zu organisieren!