Politik
Un$inn 21: Tausende "Stuttgart 21"-Gegner bei Aktionstag
13.11.11 - Zwei Wochen vor der erstmals stattfindenden Volksabstimmung über ein Gesetz zu "Stuttgart 21" in Baden-Württemberg intensiviert sich im ganzen Bundesland die Auseinandersetzung um den Ausstieg aus dem Milliardengrab. Der gestrige Aktionstag war ein Höhepunkt der Kampagne "JA zum Ausstieg - gegen S21“. Auf der Aktionstags-Homepage von "Campact" waren 80 Aktionen angemeldet, von kleinen Orten wie Rudersberg mit 4.177 Einwohnern bis hin zu 16 Aktivitäten in verschiedenen Stuttgarter Stadtteilen. An Infoständen, bei Demonstrationen und Kundgebungen wurde engagiert diskutiert, informiert, wurden die neuesten Infos und Argumente ausgetauscht.
Die Vorbereitung der Volksabstimmung hat dazu geführt, die Bevölkerung des ganzen Bundeslandes zu politisieren. Seit einigen Wochen werden in allen Städten Stützpunkte eingerichtet, in denen man sich mit Infomaterial zu "Stuttgart 21" versorgen kann. Ein Esslinger "S21"-Gegner schreibt im Internet: "Ich bin sprachlos! ... Was habe ich vor der Wahl ... Mühe gehabt, Infostände zu organisieren - und nun sprießen die Infostände in jedem kleinen Ort im Kreis wie Pilze aus dem Boden. Fantastisch!"
Auch weit weg von der Landeshauptstadt wird immer mehr Menschen klar, dass das Geld für den Ausbau von anderen dringend benötigten Bahn-Projekten fehlen wird. Die MLPD und der Jugendverband REBELL beteiligen sich am aktuell gegründeten Landesbündnis für das "Ausstiegsgesetz aus der Finanzierung von Stuttgart 21" und ihre Mitglieder unterstützen in ihrer Kleinarbeit die Kampagne. In einer Situation, in der die ganze Krisenhaftigkeit des Kapitalismus immer offensichtlicher wird und viele nach einer gesellschaftlichen Alternative suchen, verbinden sie das mit einer Überzeugungsarbeit für den echten Sozialismus - weil Zukunft eine Perspektive braucht!
Immer deutlicher wird aber auch, dass es um viel mehr geht als um den Stuttgarter Bahnhof. Der durch den Wasserwerfer-Einsatz der Polizei am "Schwarzen Donnerstag" 2010 inzwischen fast erblindete "S21"-Gegner Dietrich Wagner hat von der Münchner Initiative den Georg-Elser-Preis verliehen bekommen, der jährlich zu Ehren des Hitler-Attentäters Georg Elser verliehen wird. Auf wütende Angriffe aus der CDU-Fraktion im Landtag entgegnete die Initiatorin des Preises, dass es nicht um seine Person, sondern um das Symbol für den Kampf für mehr Bürgerrechte gehe: "Er ist das Gesicht des Widerstands."
Der Preisträger zog die Verbindung zum nordafrikanischen Frühling und sagte, dass ein paar Tausend Syrer und Libyer, die mit ihrem Leben bezahlten, sicher mehr Mut bewiesen haben als er. Bedeutend ist, dass immer mehr "Stuttgart 21"-Gegner erklären, am Widerstand festzuhalten, selbst wenn das in Baden-Württemberg notwendige, höchst undemokratische Quorum von 33,3 Prozent aller Wahlberechtigten für den Ausstieg nicht erreicht würde.
Öffentlich geworden sind die Vorbereitungen der Stuttgarter Polizei unter dem Namen "D-Day" (siehe Korrespondenz von gestern) - hier wird der bürgerkriegsähnliche Einsatz gegen die Gegner geplant, falls ihr System der kleinbürgerlichen Denkweise versagt: die millionenteure Werbeschlacht, die in Stadt- und Ortschaftsräten im Eilverfahren durchgepeitschten Stellungnahmen für "Stuttgart 21", die tendenziöse Berichterstattung in den bürgerlichen Medien, die Versuche der Unterdrückung der freien Meinungsäußerung von Landesbediensteten in Schulen oder Behörden. Alle diese Maßnahmen sind verschiedene Gesichter der Herrschaft des internationalen Finanzkapitals, die mit "Stuttgart 21" wie mit anderen Großprojekten nur eines zum Ziel hat: die Durchsetzung der Realisierung ihres Maximalprofits.
Dagegen wächst im Kampf gegen "S21" genauso wie bei vielen anderen Milliardenprojekten des allein herrschenden internationalen Finanzkapitals das Selbstbewusstsein, das Engagement und die gegenseitige Solidarität der Massen. In ihrem phantasievollen Widerstand, dem großen selbstlosen Einsatz, wird schon heute anschaulich deutlich, was möglich wäre in einer von den Massen selbstbestimmten Gesellschaft. Deshalb: Bringen wir den Herrschenden eine empfindliche Niederlage bei: Kampf um jede Stimme bei der Volksabstimmung zum Ausstieg bei "S21"!