Umwelt

Austritt von Radioaktivität im AKW Gundremmingen wurde verschwiegen

Austritt von Radioaktivität im AKW Gundremmingen wurde verschwiegen
Transport von Atommüll (rf-foto)

15.11.11 - In Gundremmingen, zwischen Ulm und Augsburg, ist das größte Atomkraftwerk der BRD, bestehend aus zwei Siedewasserreaktoren, wie sie auch in Fukushima betrieben wurden. Bei Revisionsarbeiten Ende September stieg die Radioaktivität in der Luft auf das 500-fache des Normalwerts an. Das wurde von den Behörden verschwiegen und ist am 11. November von der atomkritischen Ärzteorganisation IPPNW und dem Physiker Dr. Körblein veröffentlicht worden: "Zu Beginn der Revision nahmen die Emissionen schlagartig in extremer Weise zu und erreichten am Spätnachmittag und Abend des 22. September eine Größenordnung von mehr als 700 Kilo-Becquerel pro Kubikmeter Luft mit einem Maximalwert von 1470 kBq/m3 um 17.30 Uhr" (Normalwert = 3 kBq/m3 ). Auch an den Folgetagen zwischen dem 23. September und dem 29. September wurde erheblich mehr Radioaktivität freigesetzt als im "Normalbetrieb".

Die AKW-Betreiber RWE und E.ON verweisen darauf, dass der "Tagesgrenzwert" eingehalten worden sei. Hier wird aber über einen Zeitraum von 24 Stunden lediglich ein "Mittelwert" bekannt gegeben. Prof. Dr. Klaus Buchner von der ÖDP erklärt dazu:

"Die Betreiber versuchten die Bevölkerung mit der Feststellung zu beruhigen, dass die Strahlung unterhalb des Grenzwerts blieb und daher ungefährlich sei. Dieser Grenzwert bezieht sich allerdings auf den Mittelwert eines ganzen Tags. Damit wird die Gefährlichkeit der Strahlung nicht erfasst. Zum Vergleich: Wird ein Mensch einen Tag lang einem Wind von 5 Kilometer pro Stunde ausgesetzt, so schadet ihm das bestimmt nicht. Bekommt er dagegen dieselbe Energie in einer einzigen Minute ab, so wird er diesen Sturm mit rund 200 Kilometer pro Stunde kaum überleben. Ähnlich ist es bei der Radioaktivität: Bekommt man viel davon in kurzer Zeit ab, so versagen die Reparaturmechanismen des Körpers für die Erbmasse. Krebs und missgebildete Kinder sind die Folge." (Pressemitteilung 14.11.11)

Für eine wirkliche Kontrolle der Emissionen müssten alle 30 Minuten die Messwerte dokumentiert und veröffentlicht werden. Bereits seit 1998 weisen AKW-Gegner darauf hin, dass die Kinderkrebsraten in der Nähe von AKW erheblich über dem Durchschnitt liegen. Schon bei einem einzigen Brennelementwechsel wird bis zu einem Drittel der jährlich abgegebenen Menge an radioaktiven Edelgasen und bis zu 50 Prozent der Jahresabgabe an radioaktivem Jod über den AKW-Kamin abgelassen und in die Umgebung verteilt (Sendung "Plusminus", 21.6.11). In verbrecherischer Art und Weise werden die Folgen der radioaktiven Emissionen und der Wirkung radioaktiver Strahlung auf Mensch und Natur verharmlost.

Das gilt auch für den am 11. November von Bundesumweltminister Röttgen einberufenen "Endlager-Gipfel". Als gäbe es weder wissenschaftliche Gutachten noch tausendfachen Protest betroffener Menschen, ließ Röttgen die Ministerpräsidenten bzw. deren Vertreter über Gorleben und eventuelle Alternativstandorte für den radioaktiven Müll debattieren. Der grüne Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann, "schließt Gorleben als Standort nicht aus" und orientiert auf einen "nationalen Konsens". Damit wird aber der Atommüll und seine gefährliche Lagerung legitimiert, letztlich ist das ein Kniefall vor den Atommonopolen.

Weltweit gibt es kein einziges Endlager. Nach 100 Jahren strahlt ein nacktes Brennelement mit 5 Sievert pro Stunde. Bei jedem zweiten Menschen führt diese Dosis, wenn er der Strahlung eine Stunde ausgesetzt war, innerhalb eines Monats zum Tod. Auf das natürliche Niveau sinkt die Strahlung erst nach drei Milliarden Jahren. Alleine in der BRD fallen bisher 24.300 Kubikmeter hochradioaktiver Atommüll an. Neben Gorleben wird der Müll auch in AKW gelagert. Alleine in Gundremmingen sind 31 Castoren gelagert. In jedem einzelnen etwa so viel langdauernde Radioaktivität, wie in Tschernobyl insgesamt frei gesetzt wurde.

Die sofortige Stilllegung aller AKW steht weltweit auf der Tagesordnung. Deshalb riefen ILPS ("International League of Peoples' Struggle") und ICOR ("International Coordination of Revolutionary Parties and Organizations") mit ihren Mitgliedsorganisationen zu einer gemeinsamen internationalen, einjährigen Kampagne auf unter der Losung "Alle Atomkraftwerke stilllegen!" Ein Höhepunkt wird demnächst der internationale Umweltkampftag und Weltklimatag am 3. Dezember!