Politik
Rente mit 67 in ganz Europa verhasst
02.01.12 - Am gestrigen 1. Januar 2012 trat das Gesetz zur Rente mit 67 in Kraft. Es sieht vor, dass sich das reguläre Renteneintrittsalter pro Jahr zunächst um einen Monat nach hinten schiebt, ab 2024 sind es dann pro Jahr zwei Monate. Ab dem Jahr 2031 liegt der Renteneintritt dann bei vollen 67 Jahren. Das Gesetz war 2007 von der damaligen CDU-SPD-Regierung auf den Weg gebracht worden, selbstredend mit der Zustimmung des heutigen bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer, der jetzt Kritik heuchelt. Bundeskanzlerin Angela Merkel verlangt, dass überall in Europa solche Regelungen durchgesetzt werden müssen. Die Rente mit 67 ist nicht nur in Deutschland verhasst. In Griechenland, Spanien, Portugal und Italien gibt es erbitterten Widerstand dagegen.
Die Vorsitzende des Sozialverbandes VdK, Ulrike Mascher, warnte mit Blick auf die Rente mit 67 vor steigender Altersarmut. Annelie Buntenbach, Vorstandsmitglied im Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) kritisiert: „Solange die Beschäftigten kaum eine Chance haben, bis 65 zu arbeiten, ist die Rente mit 67 ein reines Rentenkürzungsprogramm“. Tatsache ist, dass man bei der Arbeitshetze in den Betrieben in aller Regel nicht bis 67 arbeiten kann. Heute haben nur 8,3% der Männer und 3,4% der Frauen mit 64 Jahren eine sozialversicherungspflichtige Arbeit. Aus der ganzen Altersgruppe von 60 bis 64 Jahren waren im März 2011 gerade noch 26,4 Prozent sozialversicherungspflichtig beschäftigt, in Vollzeit 18,7 Prozent. Im Jahr 2010 bezogen laut Deutscher Rentenversicherung 674.000 Versicherte erstmals eine Altersrente. Beinahe die Hälfte, nämlich 47,5 Prozent von ihnen mussten dabei Einbußen in Kauf nehmen, weil sie nicht bis zur Regelaltersgrenze von 65 Jahren arbeiteten. Fünf Jahre vorher waren 41,2 Prozent von Abschlägen betroffen, 2000 noch 14,5 Prozent.
Die Rente mit 67 ist ein gigantisches Rentensenkungsprogramm. Prof. Dr. Gerd Bosbach vom Fachbereich Betriebs- und Sozialwirtschaft an der FH Remagen argumentiert dagegen, dass es wegen des sogenannten 'demographischen Wandels' 'alternativlos' sei, die Lebensarbeitszeit zu verlängern.
- Tatsache ist, dass die Zahl der Rentner und Kinder, die nicht erwerbstätig sind, pro Jahr um 0,8% steigt, während die Produktivität der Beschäftigten um das zwei- bis dreifache steigt. Während ein Bauer vor 100 Jahren 8 Menschen ernährte, kann er heute 120 Menschen in besserer Qualität ernähren.
- Tatsache ist, dass die Geburtenzahlen in Deutschland niedrig sind als Ausdruck der Krise der bürgerlichen Familienordnung. Wir leben in einer Gesellschaft, die alle Lasten den Familien aufbürdet.
- Tatsache ist, dass die Länder mit hohen Geburtsraten und sehr junger Bevölkerung in der Regel noch schlechtere Rentensysteme haben.
- Tatsache ist, dass das Niveau der gesetzlichen Rente ohnehin planmäßig abgesenkt wird auf nur noch 40% des letzten Nettoverdienstes.
- Tatsache ist, dass trotz sinkendem Lohnniveau die Rücklagen der Rentenversicherungen steigen, u.a. weil immer weniger Reha-Maßnahmen genehmigt werden.
- Tatsache ist, dass man 45 Arbeitsjahre bei mindestens 10 Euro Stundenlohn braucht, um auch nur eine Rente in Höhe der Grundsicherung zu bekommen.
- Tatsache ist auch, dass sich gerade die Menschen mit niedrigen Löhnen keine private Altersvorsorge leisten können. Der Zwang zur privaten Rentenversicherung ist ohnehin vor allem ein Geschenk an die Versicherungskonzerne.
Das höhere Renteneintrittsalter ist ein Kernstück der Abwälzung der Lasten der Weltwirtschafts- und Finanzkrise auf die Bevölkerung. Es muss im gemeinsamen Kampf in Europa zu Fall gebracht werden.
Die MLPD fordert:
- Weg mit Hartz IV und der Rente mit 67!
- Herabsetzung des Rentenalters auf 60 Jahre für Männer, auf 55 Jahre für Frauen bei vollem Rentenausgleich.
- Festsetzung einer staatlichen Mindestrente unabhängig von der persönlichen Berufstätigkeit!
- Einbeziehung der alten, kranken und behinderten Menschen in das gesellschaftliche Leben und volle Übernahme ihrer Pflegekosten durch Monopole und Staat!