International
Erster Erfolg gegen die Regierung und weitere Massenproteste in Rumänien
16.01.12 - In mehreren Industrie- und Universitätsstädten Rumäniens reißen seit Donnerstag vergangener Woche die Proteste gegen die Regierung nicht ab. Zehntausende waren auf den Straßen und am Sonntagabend entwickelten sich in Bukarest Straßenschlachten. Etwa 200 Euro im Monat ist das durchschnittliche Einkommen arbeitender Menschen – bei Preisen oft wie bei uns. Rumänien gilt als Musterbeispiel für die Privatisierung und Durchsetzung der Krisenprogramme des Internationalen Weltwährungsfonds (IWF). Im Land ist das Industrieproletariat zahlenmäßig stark angewachsen, vor allem im Bereich von Halbleiteranwendungen und Komponenten für die IT-Technik. 6,7 Prozent Wirtschaftswachstum – das erfolgte vor allem auf ihrem Rücken. Diese Arbeiter bilden das Rückgrat der Massenproteste.
Anlass der Rebellion am Donnerstag war die Solidarität mit einem Verantwortlichen für den Gesundheits-Rettungsdienst SMURD in Rumänien. Der parteilose Palästinenser Arafat hatte einen funktionierenden Rettungsdienst im Land mitaufgebaut. Das neue Gesetz sah einen "freien Markt für Rettungsdienste" vor – Ambulanzen für den Meistbietenden. Arafat wurde zum Rücktritt gezwungen – dagegen gingen Zehntausende aus Solidarität mit ihm auf die Straße. Eine große Welle der Solidarität quer durch alle Schichten entwickelte sich. Bereits am Freitag musste Präsident Basecu die geplante Gesetzesänderung zurückziehen.
Die bisherige Gesundheitsversorgung sichert nicht einmal eine Grundversorgung für mittellose Menschen. Es herrscht Korruption, oft sind Geschenke an die Ärzte übliche Bedingung für eine Behandlung. Dass diese Situation für die Massen noch weiter verschlechtert werden soll, hieran entzündete sich der Protest.
Die vorgesehene Gesundheitsreform der Regierung beinhaltete weitere Privatisierung und die Auflösung des angesehenen Rettungsdienstes. Für praktische Ärzte sollten Einkünfte "aus Spenden und über Sponsoring" zum Standard werden, was die üblichen Geschenke zur Basis beim Arztbesuch gemacht hätte. Aus diesem Grund schlossen sich über 100.000 Menschen, darunter auch viele Ärzte und Studenten, dem Aufruf "Wer ist gegen die Zerstörung des Rettungsdienstes?" an.
Zynisch kritisiert der IWF (Internationale Weltwährungsfond) das Gesetz, es sei "unausgereift." Dabei hat der IWF vehement gerade diese Gesundheitsreform gefordert, Rumänien gilt als Musterbeispiel der sogenannten Deregulierung und Privatisierung. Völlig zurecht verbindet sich der Protest mit der Forderung nach Rücktritt des diktatorisch operierenden Präsidenten Basecu, der unterwürfig jede Vorgabe des IWF durchsetzt.