International
Ratingagentur stuft europäischen Rettungsschirm ab
17.01.12 - Am letzten Freitag stufte die Ratingagentur "Standard & Poor's" die Kreditwürdigkeit von Frankreich und Österreich, sowie sieben weiterer Länder der EU herab. Italien, Spanien, Portugal und Zypern wurden um zwei Stufen herabgesenkt. Die Bonität von Malta, Slowenien und der Slowakei stufte "Standard & Poor’s" um eine Note herunter. Damit steigen die Zinsen für Fremdkapital in den entsprechenden Ländern und für ihre Banken, die Kreditaufnahme zum Schuldenabbau wird erschwert.
Das geschieht nur wenige Wochen, nachdem die Europäische Zentralbank (EZB) im Dezember 2011 in einem historisch bisher einmaligen Vorgang fast eine halbe Billion Euro zu Niedrigzinsen den Banken zur Verfügung stellte, um das Finanzsystem am Laufen zu halten und das Risiko für einen Crash der Monopolbanken abzuwenden. Noch beteuerte die Bundesregierung, dass die Herabstufung keine Auswirkungen auf Deutschland oder den "europäischen Rettungsfonds" hätte, da kam die nächste Nachricht am Montagabend.
Auch der EFSF wurde herabgestuft, was "Standard & Poor's" Deutschland so begründete: "Die Kreditwürdigkeit des EFSF speist sich voll aus der Kreditwürdigkeit der Garantiegeber" (Moritz Kraemer, Leiter der Abteilung Länderrating). Der EFSF hat es jetzt schwerer, Kredite aufzunehmen. Alles, was er an die so genannten "Krisenländer" überweist, muss er sich vorher selbst am Finanzmarkt leihen. Die Höhe der Zinsen hängt vom Rating ab.
Die Finanzierung des "europäischen Rettungsfonds" EFSF hängt mehr denn je am seidenen Faden von nur noch vier mit "AAA" eingestuften Ländern, nämlich Deutschland, Niederlande, Finnland und Luxemburg. Die staatlichen Garantien der Euro-Länder, auf denen der Fonds basiert, wurden so zugeschnitten, dass die seinerzeit sechs "AAA"-Staaten für genau so viel Geld bürgen, wie der EFSF an die übrigen 13 Staaten der Eurozone ausleihen kann: 440 Milliarden Euro. Die Herabstufungen sind auch Ausdruck einer zunehmenden Rivalität zwischen der USA und den EU-Imperialisten, die Ratingagenturen werden vom US-Finanzkapital kontrolliert. Mit aggressivem Unterton sagte der CDU-Politiker Elmar Brok: "Die Abstufung ist ein gezielter Angriff der US-Ratingagentur gegen Europa (...) Die haben uns den Währungskrieg erklärt." ("Berliner Umschau", 16.1.2012)
Währenddessen zeichnet sich ein bevorstehender Staatsbankrott von Griechenland ab. Die Regierung in Athen muss innerhalb von wenigen Tagen eine Einigung vorweisen, um nicht Ende März vor der Pleite zu stehen, wenn 14,5 Milliarden Euro an Anleihen fällig werden. Das Diktat der EU, die Krisenlasten voll auf die Werktätigen abzuwälzen, scheitert am anhaltenden Widerstand der Bevölkerung, der mit Streiks und Straßenkämpfen mit der Polizei ausgetragen wird.
Das ganze perverse Wesen des Imperialismus zeigt sich daran, dass auf diese griechischen Staatsanleihen, die am 20. März fällig werden, von Spekulanten an den Börsen gewettet und eine Rendite von 2111,40 Prozent erwartet wird ("Faz.net", 10.12.2011). Ganz offen kalkuliert man in Kreisen des internationalen Finanzkapitals auch ein, dass der Euro-Raum als Folge der Krise und des Zusammenbrechens von Monopolbanken auseinander brechen kann. Für Griechenland wird verstärkt die Option erwogen, dass es aus dem Euro aussteigen muss.
Der portugiesische Kapitalist Alexandre Soares dos Santos, der den portugiesischen und polnischen Lebensmittelhandel kontrolliert, verlegt die Holding seines Familienunternehmens in die Niederlande. Er erklärte der portugiesischen Wochenzeitung "Expresso": "Ich weiß nicht, ob Portugal im Euro bleibt. Wenn Portugal den Euro verlässt, wird es zum Escudo zurückkehren. Ich habe das Recht, mein Eigentum zu verteidigen." Dieses "Recht" haben natürlich die Werktätigen in Europa nicht, auf deren Schultern die Krisenlasten abgewälzt werden. Das fordert ihren Kampf heraus, wie die Massenproteste gegen das Krisendiktat in Griechenland, Portugal, Italien, Großbritannien und aktuell Rumänien zeigen.
Stefan Engel, Vorsitzender der MLPD, äußerte sich in dem aktuellen "Rote-Fahne-Interview" vom Jahresbeginn zur kommenden Entwicklung: "Man muss davon ausgehen, dass die Industrieproduktion wieder einbricht. Eine einfache Wiederholung des gemeinsamen internationalen Krisenmanagements ist dann aufgrund der angespannten Lage der Staatsfinanzen nicht zu erwarten. Eine Kettenreaktion von Staatsbankrotten, Bankenzusammenbrüchen oder sogar des gesamten Weltfinanzsystems kann dann kaum verhindert werden. Man kann sich ausmalen, dass das weltweit Massenentlassungen, Abbau von Löhnen und von sozialen Errungenschaften bedeutet, was die Wut der breiten Massen auf die Regierungen weiter steigern wird. Die Marxisten-Leninisten müssen sich darauf einstellen, dass es zu in der Nachkriegsgeschichte nicht dagewesenen Maßnahmen kommt. Sie werden die Lebenslage der Massen empfindlich treffen. Eine dramatische Verschärfung des internationalen Klassenkampfs wird die Antwort sein."