Politik
Stuttgart: Prozessauftakt wegen faschistischem Mordanschlag
17.01.12 - Vor dem Landgericht Stuttgart hat gestern, am 16. Januar, nach breiter Ankündigung in den lokalen Massenmedien der Prozess gegen zwei junge Faschisten begonnen. Ihnen wird von der Staatsanwaltschaft versuchter Mord, Brandstiftung und schwere Körperverletzung vorgeworfen. In der Nacht vom 9. auf den 10.4.2011 sollen sie sich daran beteiligt haben, eine Gartenhütte anzuzünden. Dahin hatten sich fünf junge Ausländer nach einem Überfall von 20 bis 30 Faschisten auf ein Fest geflüchtet. Nur knapp entkamen Festteilnehmer diesem Brandanschlag. Sie erlitten Rauchvergiftungen (die "Rote Fahne" berichtete).
Dieser Anschlag steht in einer ganzen Reihe faschistischer Gewalttaten im Rems-Murr-Kreis: Im Jahr 2000 ein Brandanschlag auf ein Obdachlosenheim in Waiblingen, danach mehrere brutale Angriffe auf Ausländer und ein weiterer Anschlag auf ein Asylbewerberheim in Unterweissach. Eine wichtige Rolle spielt dabei immer wieder das "Aktionsbüro Rhein-Neckar": Es koordiniert im gesamten Rhein-Neckar-Raum neonazistische und Skinhead-Aktivitäten. Das "Aktionsbüro" ist personell mit der NPD verflochten.
Anfänglich gab der Richter den Angeklagten zum Erstaunen vieler Prozessbesucher die Gelegenheit, sich ausführlich über ihre Lebensumstände zu äußern. Dabei bestritten die Angeklagten in ihren Aussagen, mit dem Mordanschlag vom 9./10.4.2010 irgendetwas direkt zu tun zu haben. Vielmehr hätten sie die Hütte nur aus der Ferne brennen sehen, als sie sich dorthin bewegt hätten. Zehn Leute seien vor ihnen gelaufen. Die Hütte habe angefangen zu brennen, als sie vorübergehend von ihr weggegangen seien. Sie hätte aber auch gehört, wie faschistische Parolen gerufen wurden.
Dem entgegnete der Richter, dass die Angeklagten sehr wohl während der Tatzeit vor Ort gewesen sein müssen. Auch hielt er ihnen vor, dass die Angeklagten die Opfer gesehen haben mussten. Schließlich stellte er den Angeklagten Haftverkürzung und eine Beteiligung an einem "Aussteigerprogramm" aus der faschistischen Szene in Aussicht, wenn sie nicht länger Mordbrenner schützen.
Insgesamt sind für diesen Fall 31 Prozesstage angesetzt, davon vier für Zeugenaussagen.