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Ägypten: Der Kampf für Freiheit und Demokratie geht weiter
25.01.12 - Heute vor einem Jahr begannen in Ägypten die Massenproteste gegen das faschistische Regime von Hosni Mubarak. Hunderttausende strömten auf die Straßen und Plätze, forderten "Brot, Freiheit, Würde". Die Massenproteste in Ägypten waren Teil einer länderübergreifenden demokratischen Aufstandsbewegung, die seit Anfang 2011 mindestens 23 Länder in Nordafrika sowie im Mittleren und Nahen Osten erschütterte. Am 11. Februar 2011 ließen seine westlich-imperialistischen Hintermänner Mubarak fallen. Er flüchtete zunächst und ein "Militärrat" übernahm die Regierung, der "demokratische Reformen" versprach.
Die Militärs dachten allerdings nicht daran, die "Notstandsgesetze" von 1982 aufzuheben, auf deren Grundlage bereits Mubarak jegliche demokratische Opposition terrorisiert hatte. Seit der Machtübernahme des Militärrats wurden mindestens 12.000 Menschen vor Militärgerichten zu teils langen Gefängnisstrafen verurteilt, mehr als 100 Demonstranten wurden getötet. Seit Anfang Januar haben sich die Preise verdreifacht, nach wie vor herrscht große Armut. Viele Menschen sehen sich durch die herrschende Militärclique getäuscht.
Zehntausende Ägypter haben sich heute auf dem zentralen Tahrirplatz in Kairo und in anderen Städten versammelt. Neben der Ehrung der "Märtyrer der Revolution" klagen die meisten die Militärregierung an und machen deutlich, dass der Freiheitskampf weiter gehen muss. "Nieder mit der Militärherrschaft" und ähnliches ist auf vielen Transparenten zu lesen. "Wir sind nicht hier, um zu feiern. Wir sind hier, um die Militärherrschaft zu stürzen", sagt ein 27-jähriger Demonstrant. "Sie haben die Revolution verraten und keines ihrer Ziele erfüllt." ("net-tribune", 25.1.12)
Die teilweise Aufhebung des Ausnahmezustands ab dem heutigen Tag und Begnadigung von 2.000 Häftlingen ist ein Zugeständnis des Militärrats. Gleichzeitig erteilte das Innenministerium den Polizisten die Erlaubnis, auf Demonstranten zu schießen. Eine Hauptauseinandersetzung dreht sich um die Ernüchterung nach den erst kürzlich beendeten Wahlen. "Wir waren so naiv zu glauben, dass sich allein mit dem Regierungswechsel etwas ändern würde. Wir waren so glücklich darüber, dass die alte Regierung abtritt, dass wir nicht aufmerksam genug waren", meint dazu die Studentin Salma Hegab im Gespräch mit "sueddeutsche.de" (25.1.12).
So wichtig es war, sich das Recht auf unzensierte Wahlen zu erkämpfen, ist der bürgerliche Parlamentarismus zugleich das Terrain der Herrschenden. Während sie fortschrittliche und revolutionäre Organisationen behindern und unterdrücken, unterstützen sie mit ihrem Medienapparat den Einfluss vor allem reaktionärer islamistischer Strömungen und Parteien, wodurch diese eine Mehrheit im Parlament erreichen konnten. Demagogisch und irreführend nennt sich die Partei der Muslimbrüderschaft "Freiheit und Gerechtigkeit" und gibt sich als Garant gegen Korruption und Günstlingswirtschaft aus.
Tatsächlich hat sie vor allem die Aufgabe, den Einfluss der revolutionären Richtung in der Aufstandsbewegung zurück zu drängen, und arbeitet dazu auch eng mit dem Militärrat und der islamisch-faschistischen Al-Nour-Partei zusammen. Doch die Sehnsucht der Menschen nach einem befreiten Leben in Würde und Gerechtigkeit ist geweckt und die entfachte Glut der Revolution lässt sich nicht so schnell wieder löschen.
In Ägypten - wie auch in anderen arabischen Ländern - findet ein wichtiger Klärungsprozess in der demokratischen Aufstandsbewegung statt. Die Verarbeitung der Erfahrungen mit dem Weiterbestehen der früheren Machtstrukturen und der Farce der parlamentarischen Demokratie wird den Massen helfen, die notwendigen Schlussfolgerungen für den Kampf um wirkliche soziale und nationale Befreiung auf dem Weg zum Sozialismus zu ziehen. Dabei werden ihnen auch in Ägypten die revolutionären Kräfte helfen, die sich in diesem Prozess selbst stärken und weiter aufbauen müssen.