International
Ägypten: Landesweite Proteste gegen faschistisches Massaker an Kairoer Fußballfans
02.02.12 - Am Mittwoch sind in Port Said nach einem Fußballspiel bei einem Angriff faschistischer Hooligans auf die Anhänger des Kairoer Klubs Al-Ahly mehr als 75 Menschen getötet worden. Mindestens 1.000 Menschen wurden verletzt, von denen sich etwa 150 in einem kritischen Zustand befinden. In den bürgerlichen Medien wurde das zunächst als "Krieg" rivalisierender Fußballfans und als Ausdruck der wachsenden "Frustration" in der Bevölkerung dargestellt. Der Chef des regierenden Militärrats, Mohamed Hussein Tantawi betrieb ebenfalls Spurenverwischung. "Diese Zwischenfälle können überall auf der Welt passieren", meinte er zynisch.
Tatsächlich ist das Massaker ein neuer Höhepunkt der konterrevolutionären Gewalt in Ägypten. Ein Verletzter berichtete: "Die Masri-Fans und ihre Hooligans hatten alles: Steine, Glasflaschen, Messer, Schwerter. Einige sogar Waffen." Die Polizei hatte nach Angaben von Al-Ahli-Fans die Trennzäune zwischen den Fangruppen geöffnet und damit die Übergriffe erst ermöglicht. Dann zogen sich die ca. 3.000 eingesetzten Polizisten sofort zurück. Der Vorsitzende des Fan-Komitees von Al-Ahli, Mamdouh Eid, sagte gegenüber CNN, die Polizei habe außerdem die Flucht aus dem Stadion verhindert, indem sie Ausgangstore versperrt hielt.
Ehe Ali, der Mannschaftsarzt von Al-Ahly erklärte, das Ganze sei "ein Krieg gewesen, der geplant worden ist". Das Spiel war schon vor Beginn von reaktionären Zeitungen als "Treffen der Vergeltung" angekündigt worden. Der Redakteur der fortschrittlichen Zeitung "Tahrir", Ayman Hamed, dazu: "Das Militär will uns dazu bringen, dass wir betteln, dass sie bleiben und die öffentliche Sicherheit garantieren. ... Es ist ein politisches Manöver. ... Heute Abend hat jemand Rache an der Revolution geübt." Das faschistische Massaker an den Fußballfans ist eine Reaktion auf die seit Wochen wieder wachsenden Proteste, die sich verstärkt gegen den Militärrat richten und eine Fortsetzung der Aufstandsbewegung fordern (siehe "rf-news"-Berichte vom 25.1.12 und 1.2.12).
Es ist auch kein Zufall, dass der Terror sich in erster Linie gegen die Anhänger des Kairoer Fußballclubs richtete. Sie haben landesweit den Ruf als "radikale Linke", waren bei den Massenprotesten gegen das Mubarak-Regime und seine faschistischen Handlanger immer mit an vorderster Front und trieben diese oft in die Flucht. Sie wichen der Gewalt nicht und haben den anderen Gruppen auf dem Tahrir-Platz Mut gemacht. Nach dem Sturz von Mubarak beteiligten sie sich an der Zerstörung der Büros des Staatssicherheitsdienstes sowie an Solidaritätsdemonstrationen mit den Befreiungskampf der Palästinenser.
Albadry Farghali, ein Parlamentsabgeordneter aus Port Said, erklärte: "Die Sicherheitskräfte haben das hier im Auftrag des Militärrates getan. ... Der Kopf des Regimes ist gefallen, aber alle seine Männer sind noch in ihren Ämtern." Militärratschef Tantawi war z.B. zwei Jahrzehnte lang Mubaraks Verteidigungsminister. Das Massaker kündigt eine neue Welle der konterrevolutionären Gewalt an, die sich vor allem gegen das Erstarken der revolutionären Richtung in der demokratischen Aufstandsbewegung Ägyptens richtet.
Die Arbeiter und die Masse der Unterdrückten in Ägypten, vor allem der Jugend und der Frauen, sind aber nicht bereit, sich dem zu beugen. Gleich in der Nacht zum Donnerstag haben in Kairo vor dem Innenministerium Hunderte Menschen gegen das faschistische Massaker und seine Unterstützung durch die Polizei protestiert. Viele Menschen strömten zum Hauptbahnhof, um die Verletzten aus Port Said in Empfang zu nehmen. Sie riefen Parolen wie: "Wir sterben wie sie oder wir verteidigen ihre Rechte!" Auch in Port Said selbst kam es zu Protesten gegen die Hooligans und die Polizei. In Suez demonstrierten rund 500 Menschen, darunter viele Fußballfans vor dem Polizei-Hauptquartier. Für heute wurde eine Großdemonstration vor dem Innenministerium in Kairo angekündigt.