Betrieb und Gewerkschaft

Stahlarbeiter: Breite Diskussionen über den Kampf und den Vertragsabschluss

Stahlarbeiter: Breite Diskussionen über den Kampf und den Vertragsabschluss
Kundgebung am 30. Januer in Essen

01.02.12 - Tagelang haben die Stahlarbeiter der Edelstahlwerke in Bochum und Krefeld gestreikt oder nur mit halber Kraft gearbeitet: von der Nachtschicht von Donnerstag auf Freitag letzter Woche bis zum gestrigen Dienstag früh, immer wieder verbunden mit Aktionen und Demonstrationen, Mahnwachen vor den Toren in eisiger Kälte. Die Versuche, die Kollegen wieder zur Arbeit zu bewegen, hatten keinen Erfolg.

Die Wut über den geplanten Verkauf der Edelstahlsparte mit rund 11.000 Beschäftigten durch ThyssenKrupp an den finnischen Outokumpu-Konzern und die massenhafte Arbeitsplatzvernichtung verband sich mit der stärker werdenden Kapitalismuskritik, einem sich entwickelnden offensiven Geist und einer zunehmenden Verbundenheit mit der MLPD, die von Anfang an klar an der Seite der Stahlarbeiter stand.

Aus zahlreichen Betrieben kamen Solidaritätserklärungen, bei Montagsdemonstrationen war es das zentrale Thema. Auf viele Arbeiter wirkt dieser Kampf der Stahlkollegen als Signal: was sich da im Stahlbereich tut, kommt auf viele Belegschaften zu – und der Kampf, den die Stahlarbeiter führen, ist auch unser Kampf.

Nach der Kundgebung in Essen am Montag wurde auch in der Nachtschicht weitergestreikt und es bestand die Möglichkeit, dass in Bochum der Streik auch auf die benachbarten Walzwerke von ThyssenKrupp Steel übergreifen würde.

In dieser Situation fiel die Bochumer IGM-Führung den Kollegen in den Rücken und sagte die Busse ab, mit denen die Bochumer am Dienstag zur gemeinsamen Kundgebung mit den Belegschaften anderer Standorte, vor allem aus Krefeld, nach Essen fahren wollten. Die Bochumer Edelstahlkollegen organisierten darauf hin selbstständig einen Autokorso. Das war ein klarer Höhepunkt des bisherigen Kampfes: Gegen dieses üble Spaltungsmanöver trafen sich die Belegschaften in Essen!

Auf dieser Kundgebung gab es breite Diskussionen über den Abschluss und über die zwei Wege, vor denen die Arbeiter stehen: sich einem Abschluss unterordnen, der ein klarer Kniefall der rechten Gewerkschaftsführung vor den Stahlmonopolen ist? Der von den Outokumpu-Bossen als "glänzendes Ergebnis" bejubelt wurde und an der Börse viel Freude hervorrief? Oder den Weg des selbständigen Kampfes im Arbeiterinteresse gehen? Schon in der Tarifrunde haben die Stahlarbeiter mit sehr kämpferischen Warnstreiks aufblitzen lassen, welche Kampfkraft sie in die Waagschale werfen können, wenn sie entschlossen vorwärtsgehen.

"Wir fühlen uns verkauft", erklärten Kollegen zu dem Abschluss oder: "Dafür haben wir nicht gekämpft." Junge Arbeiter aus Krefeld, die nur befristete Verträge haben, beschwerten sich, dass sie als erste rausfliegen: "Natürlich müsste man jetzt weiterkämpfen." Die Kollegenzeitung "Stahlkocher", die in den letzten Tagen mit drei Extra-Ausgaben herauskam, wurde von fast allen Kollegen genommen und die Parole "Unbefristeter Streik, bis alle Pläne vom Tisch sind" stieß auf Zustimmung. "Arbeitsplätze und die Zukunft sind für mich keine Verhandlungssache", erklärte ein Kollege aus Krefeld. "Es geht nicht nur um uns, es geht auch um die Jugend", stand auf Plakaten.

Jetzt wird in den Belegschaften der bisherige Kampf und der Abschluss ausgewertet. Klar ist: mit dem Abschluss sollen Tausende von Arbeitsplätzen vernichtet werden – keineswegs nur in Krefeld! Gerade wurde in der Tarifrunde die Übernahme der Azubis durchgesetzt – und jetzt wird das ganze Werk plattgemacht? Bochum wird nur deshalb hinausgeschoben, weil dort durch die Erfahrungen mit Nokia und vor allem mit dem jahrelangen und erfolgreichen Kampf gegen die Stilllegung des Opel-Werkes sehr viel politische Brisanz in einer Werksschließung liegt. Auch die MLPD als erfahrene Kraft in solchen Kämpfen ist dort gut bekannt und verankert.

Eine Stärkung der Betriebsgruppen der MLPD ist auf jeden Fall der richtige Schritt, um sich auf einen neuen Massenkampf vorzubereiten.