Politik
Prozess gegen zwei Faschisten in Stuttgart: Opfer als Täter?
Stuttgart (Korrespondenz), 03.02.12: In der Nacht vom 9. auf den 10.4.2011 wurde bei Winterbach im Remstal von Faschisten eine Gartenhütte angezündet, in die sich ausländische Jugendliche geflüchtet hatten, die vorher von einer Horde von Nazis überfallen worden waren. Die Staatsanwaltschaft der dritten Strafkammer des Landgerichts Stuttgart geht von einem faschistischen Mordanschlag aus und hat zwei Verdächtige vor Gericht gestellt ("rf-news" berichtete).
"Nichts Genaues weiß man nicht", so könnte das Fazit das Gutachten von Tilman Halder, Gutachter des Landeskriminalamts, zusammengefasst werden. Es wurde von ihm während des fünften Verhandlungstags am 30. Januar vorgestellt. Auf die Fragen der Anwälte der Nebenklage nach der Rekonstruktion des Brandhergangs antwortet er: "Ich weiß es nicht ... ich war nicht dabei" ... und um es sicher zu wissen, müsse man die Hütte "nochmal genau so aufbauen und abbrennen". Alles in allem könne man nicht sagen, von wo das Feuer seinen Ausgang genommen habe.
Damit stellt sich natürlich einem Verteidiger die "theoretische Frage" ("Winnender Zeitung" vom 31. Januar), ob die Hütte nicht auch von innen entzündet worden sei. Halders Antwort: "Ich könnte das nicht ausschließen."
Wie? Die Opfer, die vor Gericht über Hetzjagden von Faschisten auf sie und von ihrer Todesangst und posttraumatischen Störungen nach dem Mordanschlag berichtet haben, sollen eine Selbstverbrennung versucht haben? Die Verteidigung ist sich offenbar nicht zu schade, ihre Mandanten zu entlasten, indem sie Opfer zu Tätern macht.
Gespannt kann man sein, wie das Gericht solche Versuche bewerten wird. "rf-news" wird weiter über den Prozess berichten.