Politik

Merkwürdige Vorkommnisse beim Prozess gegen zwei Faschisten

Stuttgart (Korrespondenz), 10.02.12: Im Prozess gegen zwei junge Faschisten vor dem Stuttgarter Landgericht haben am 6. Februar die Vernehmungen von Zeugen begonnen, die an einer "Geburtstagsfeier" von Faschisten auf einem Gartengrundstück bei Winterbach im Remstal teilgenommen haben. Von dort aus soll in der Nacht vom 9. auf 10. April 2011 ein Mordanschlag auf ein Fest von ausländischen Jugendlichen auf dem Nachbargrundstück ausgegangen worden sein, an dem die beiden Angeklagten nach Auffassung des Gerichts beteiligt gewesen sein sollen ("rf-news" berichtete).

Zu Beginn des Verhandlungstags gleich eine Bekanntmachung des Gerichts: Eine Zeugin, die bei einer polizeilichen Vernehmung einen Angeklagten schwer belastet hatte, kann nicht vernommen werden, weil sie als Verlobte des anderen Angeklagten nun von ihrem "Zeugnisverweigerungsrecht" Gebrauch mache. Und das erstreckt sich auf das gesamte Verfahren. Da fragt sich schon: Warum wurde die Aussage der "Verlobten", die sich erst während der Haft des Angeklagten mit dem Angeklagten verlobt hat, nicht sofort gerichtlich verwertet?

Dann trat eine Zeugin aus der faschistischen Szene auf, die an der faschistischen "Geburtstagsfeier" teilgenommen hat, die sich mehr und mehr als regionales Treffen der Neonazis entpuppt. Vom Richter wurde sie mit früheren Aussagen bei der Polizei konfrontiert. Die beinhalten genaue Erinnerungen an "Geburtstagsfest"-Teilnehmer. Jetzt behauptete die Zeugin, sie habe bei der Polizei gelogen. Nach einer Denkpause von einer Viertelstunde erzählte sie, sie stünde unter Druck der Polizei, die ihr gedroht habe, ihr das Kind wegzunehmen.

Der Richter belässt es bei der Feststellung, das sei natürlich "Unsinn". Forschende Nachfragen bleiben aus. Und er fragt genauso wenig, ob der Druck möglicherweise auch von faschistischer Seite ausgegangen sein könnte. Das ist nach Ansicht eines freien Journalisten, der sich intensiv mit der faschistischen Szene in Deutschland befasst, durchaus üblich.