Politik

Abwahl des Duisburger OB Sauerland - Ergebnis einer breiten demokratischen Protestbewegung

13.02.12 - Mit überwältigenden 129.833 Stimmen (85,8 Prozent der abgegebenen Stimmen) haben die Duisburger ihren Oberbürgermeister Sauerland abgewählt. Nur 21.557 Wähler (14,2 Prozent) stimmten für ihn. Mit Autokorsi, Jubelrufen, Umarmungen und gegenseitigen Glückwünschen wurde dieser Erfolg gestern Abend gefeiert. Sauerland ist hauptverantwortlich dafür, dass die Loveparade auf Biegen und Brechen nach Duisburg geholt wurde. Die tragische Katastrophe war eine Folge der Profilierungssucht und Profitgier bürgerlicher Politiker und Veranstalter. Aber auch des zunehmenden Konkurrenzkampfs zwischen den Städten um "Megaevents" und immer größere Kommerzprojekte. Dazu wurden in Duisburg Sicherheitsbedenken beiseite geschoben, Kritiker mundtot gemacht und ein hochriskantes Veranstaltungskonzept durchgedrückt.

In völliger Verkennung der Realitäten war sich Sauerland bis zum Schluss "ziemlich sicher", nach den "vielen Erfolgen" seiner Amtszeit den OB-Posten behalten zu können. Der "feste Sattel", in dem er sich wähnte, wurde nun zum Schleudersitz. Das klare Votum bringt aber auch zum Ausdruck, wie das Volk entscheidet, wenn es das Recht dazu hat! Sicher würde es einigen der sogenannten "Volksvertreter" genauso ergehen, wenn es die Möglichkeit zu ihrer Abwahl gäbe.

In Nordrhein-Westfalen hatten SPD und Grüne im Mai 2011 ein erleichtertes Abwahlverfahren für Oberbürgermeister beschlossen - als Zugeständnis an die Protestbewegung nach der Loveparade-Katastrophe, aber auch im Bemühen, den "politischen Frieden" wiederherzustellen, wie es Theo Stegmann, Sprecher der Abwahlinitiative, gestern ausdrückte. In einer aktuellen Erklärung der Kreisleitung Duisburg der MLPD heißt es dazu:

"War die Abwahl nun ein 'Befreiungsschlag' für Duisburg, wie es Rainer Bischoff, Regionalvorsitzender des DGB und Duisburger SPD-Abgeordneter im NRW-Landtag, heute im Gespräch mit 'stern.de' kommentierte? Sie war doch eher ein Schlag ins Gesicht einer Politik der vollständigen Unterordnung des Staates unter die Interessen der Monopole und des allein herrschenden internationalen Finanzkapitals ... bis auf kommunale Ebene.

In der Bevölkerung und den Betrieben entwickelten sich in den letzten Monaten verschiedenste Proteste und das Bewusstsein 'Um uns selber müssen wir uns selber kümmern'. Da sind die Stahlarbeiter, die mobil machen gegen den drohenden Arbeitsplatzabbau auf Kosten der Jugend, nur weil der ThyssenKrupp-Konzern seine weltmarktbeherrschende Stellung ausbauen will. Da sind die 1.000 Menschen vom Zinkhüttenplatz in Duisburg-Hamborn, deren Wohnungen abgerissen werden sollen für Parkplätze eines Mega-Factory-Outletcenters. ...

In dieser Bewegung entfaltet sich eine Systemdebatte. Der Kapitalismus mit seiner allgemeinen Krisenhaftigkeit steht in der Kritik und selbstverständlicher wird heute auch über revolutionäre Veränderungen nachgedacht. ...

Mit ihrer systematischen und scheinbar 'unspektakulären' Kleinarbeit ist die MLPD am Puls der Zeit, schätzen die Menschen unser Know-How und die Zusammenarbeit mit uns, weil uns die Förderung der Selbstorganisation am Herzen liegt, wir kompromisslos sind gegenüber den Profitinteressen der Herrschenden, statt uns als untaugliche Stellvertreter zu profilieren."

In die berechtige Freunde über Sauerlands Abwahl mischt sich auch Nachdenklichkeit. Neben vielen Aussagen wie "Beide Daumen hoch - ich finde es super, dass er endlich weg ist!" zitiert die Duisburger Ausgabe der "WAZ" heute auch Stimmen wie "Ich sehe das gespalten, es gibt viel mehr Schuldige beim Loveparade-Unglück" oder "Nun wird eben ein Politiker durch den nächsten ersetzt".

Die Abwahl des OB und seine Ersetzung durch einen Nachfolger ändert nichts grundsätzlich am bürgerlichen Parlamentarismus, der den gewählten Abgeordneten das Recht gibt, sich nur ihrem Gewissen (das mitunter sehr gut bezahlt wird) verantwortlich zu fühlen, und in Wirklichkeit die Diktatur des internationalen Finanzkapitals verschleiert. Eine breite Demokratie für die Volksmassen wird es erst unter der Diktatur des Proletariats geben, einer Staatsform, in der die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen abgeschafft ist und jeder Versuch, den Kapitalismus und seine "Freiheit" für die Ausbeuter wiederherzustellen, unterdrückt wird. Eine solche gesellschaftliche Umwälzung kann nur auf revolutionärem Wege erreicht werden.