International
Streiks der Rotterdamer Hafenarbeiter - europaweite Solidarität gefragt
15.02.12 - Seit dem 11.12.2011 haben die Hafenarbeiter auf dem APMT (A.P. Møller-Maersk Terminal) in Rotterdam das Kampfmittel "Dienst nach Vorschrift" für einen gültigen Tarifvertrag nach sechs erfolglosen Verhandlungsrunden gewählt. Dazu machten sie pünktlich in jeder Stunde eine fünfminütige Gymnastik-Pause. Dabei ruhte die Arbeit auf allen Brücken und Hubwagen. Diese Gymnastik-Pause war Ergebnis einer Ergonomie-Studie, die APMT selber in Auftrag gegeben hatte!
Dadurch reduzierte sich die Umschlagsmenge um bis zu einem Drittel. Als dies nicht fruchtete, entschieden sich die Arbeiter und Angestellten der beiden Gewerkschaften FNV und CNV einstimmig für ein Ultimatum an die Geschäftsleitung mit der Konsequenz eines längeren Streiks. 300 von 700 Beschäftigten nahmen an der Abstimmung teil. In sich steigernden Streiklängen begannen sie ab dem 1. Februar mit einem Zweistunden-Streik und steigerten sich über mehrere Streik-Aktionen zu einem 4,5-Stunden-Streik am Freitag, den 10. Februar. Die Gymnastik-Pausen wurden auf zehn Minuten verdoppelt.
Das hat inzwischen zu einer Verzögerung von mehreren Stunden beim Löschen der Schiffe geführt. Schiffe, die pünktlich abfahren wollen, müssen ein Teil der Ladung zurücklassen. Die Kollegen fordern eine Ausweitung der Streiks auf 24 Stunden, da sich die Geschäftsleitung weiterhin weigert, den Tarifvertrag abzuschließen. Diese hat inzwischen vier Liniendienste nach Antwerpen umdirigiert. Die Gewerkschaft FNV hat den belgischen Transportarbeiterverband aufgefordert, solidarisch mit dem Streik zu sein, diese Schiffe nicht zu löschen, keinen Streikbruch zu begehen.
Die Gewerkschaften fordern eine Lohnerhöhung von 1,5 Prozent pro Jahr bei einer Vertragslaufzeit von zwei Jahren. Darüber hinaus verbesserte Rentenleistungen und Bestimmungen für die Arbeitssicherheit. APM (A.P. Møller-Maersk) weigert sich, diese Forderungen zu erfüllen und droht statt dessen mit dem Ausstieg aus dem gesamten Tarifvertrag, wenn die Gewerkschaften nicht die von ihnen angebotenen Bedingungen akzeptieren.
Auf dem APMT wird mit rund 3 Millionen TEU (Standardcontainern) rund ein Viertel des gesamten Containerumschlags Rotterdams (11,9 Millionen TEU im Jahr 2011) abgefertigt. APM baut ein neues Terminal APM2 auf neuestem technischen Standard mit 2,5 Millionen TEU Umschlagskapazität, welches Mitte 2013 eröffnet werden soll. Er betreibt außer in Rotterdam unter anderem Terminals in Bremerhaven, Zeebrügge, Le Havre und Algeciras. Er ist einer der vier größten weltweit agierenden Terminalbetreiber. Die sinkenden Frachtraten und die Konkurrenz der Häfen untereinander werden durch eine gesteigerte Arbeitshetze, immer kürzere Ankündigungsfristen für Überstunden und Absagen in ähnlicher Art und Weise auf die Hafenarbeiter abgewälzt.
In Bezug auf die unsicheren wirtschaftlichen Aussichten mit der sich ankündigenden Vertiefung der Weltwirtschafts- und Finanzkrise hat die Kollegenzeitung für die Hafenarbeiter in den Niederlanden "De volle Lading", an der die ICOR-Organisation GML/Rode Morgen mitarbeitet, die Forderung aufgestellt: Für einen einheitlichen Tarifvertrag für den gesamten Containersektor, bevor das Terminal APM2 eröffnet wird! Dieser soll nicht nur für die Terminals von APMT, sondern auch für ein weiteres wichtiges Terminal ECT gelten, auf dem der Tarifvertrag am 1. Oktober 2012 ausläuft.
Da die Lebens- und Arbeitsumstände in allen Häfen an der Nordseeküste ähnlich sind, wäre es eigentlich nur konsequent, für einen einheitlichen Tarifvertrag im gesamten Containersektor aller Nordseehäfen zu kämpfen. Auf dem 4. internationalen Hafenarbeitererfahrungsaustausch in Rotterdam wird die weitere länderübergreifende Koordinierung solcher Kämpfe und Forderungen sowie der Erfahrungsaustausch darüber einen wichtigen Platz einnehmen.
(Solidaritätserklärungen bitte an die Email-Adresse: dvl@rodemorgen.nl - sowie zur Kenntnis an: redaktion@rf-news.de)