Politik
"Stuttgart 21": "Wir stehen nicht auf verlorenem Posten"
Stuttgart (Korrespondenz), 25.02.12: Mit der Räumung des Mittleren Schlossgartens und der anschließenden Fällung vieler alter Parkbäume verfolgten die Betreiber von "Stuttgart 21" vorrangig das Ziel der Demoralisierung des Widerstands. Wie wenig das gelungen ist, zeigt allein schon die Demonstration der Projektgegner am 18. Februar, die nicht nur den Demonstranten Mut zur Fortsetzung des Widerstands gemacht hat. In dieser Situation sind wichtige Klärungsprozesse innerhalb des Widerstands gegen "S21" im Gang. "rf-news" sprach während der Demonstration am 18. Februar mit Teilnehmern.
Nachdenklich wurde die Frage danach, ob der Widerstand überhaupt etwas gebracht habe, aufgenommen. Allerdings war immer wieder zu hören: "Wir haben doch schon einiges erreicht." Gemeint waren damit nicht nur bisherige Aktionen gegen "S21". Auch die unermüdliche Aufklärungsarbeit über die Hintergründe des Projekts und die große Solidarität für den Widerstand der Projektgegner weit über Ländergrenzen wurden erwähnt. Und es gab Stimmen: "Wir haben auch noch viel vor. Nach wie vor ist 'S21' zu verhindern."
Der Stimmungsmache in den bürgerlichen Massenmedien, die "S21"-Gegner stünden nun auf verlorenem Posten, wurde entgegnet: "Schauen Sie sich um: Allein schon die heutige Demonstration..." Mit Blick auf die Rolle der Grünen-Führung in der Landesregierung meinte eine Demonstrantin: "Jetzt haben wir nur noch uns." Und ein Kenner des inneren Zustands der baden-württembergischen Grünen meinte auf Nachfrage, die Grünen seien seit der "kritischen Unterstützung von S21" besonders durch den Ministerpräsidenten in einer "ausgewachsenen Parteienkrise", die sich auch an einer zunehmenden Zahl von Austritten zeigt.
Freilich wurde auch immer bezweifelt, ob "S21" wirklich noch zu verhindern sei. Stolz wurde dennoch auf die Frage, ob der Widerstand gegen "S21" Schule machen wird, entgegnet: "Er hat doch bereits Schule gemacht." Da kamen Hinweise auf die Demonstrationen in Frankfurt oder Berlin gegen zunehmende Fluglärmbelastung.
Vertiefende Gespräche waren aber bei der Frage nötig, dass die zunehmende Erkenntnis vieler Menschen über die Alleinherrschaft des internationalen Finanzkapitals alles andere als Ausdruck eines "Siegs" der Betreiber ist. Viele Gesprächspartner sprachen von einem "Pyrrhus-Sieg" für die "S21"-Macher und ihre Landesregierung. Einer stimmte dem Satz von Karl Liebknecht zu: "Es gibt Siege, die schlimmer sind als Niederlagen."