Betrieb und Gewerkschaft
Streik am Frankfurter Flughafen geht weiter: "Wir lassen uns nicht spalten, wir ziehen das jetzt durch!"
27.02.12 - Die Kolleginnen und Kollegen der Gewerkschaft der Vorfeldbeschäftigten (GdF) haben am Frankfurter Flughafen ihren Streik wieder aufgenommen, bei dem bereits an den fünf Streiktagen zuvor rund 1.000 Flüge ausgefallen waren. Die Tarifverhandlungen mit der Fraport AG waren am Abend des 24. Februar gescheitert. Sie hatte provokativ sogar das zuletzt gemachte Angebot storniert und die ca. 100 Beschäftigten im Bereich "Vorfeldaufsicht" aus dem Tarifvertrag faktisch ausgeschlossen. Die GdF-Kollegen nehmen das nicht hin. Einer von ihnen sagte dazu heute im Streiklokal Kelsterbach gegenüber "rf-news": "Wir lassen uns nicht spalten. ... Das ist ein übler Spaltungsversuch. Sie wollen die drei Bereiche des Vorfelds auseinander dividieren, dabei gehören die eng zusammen vom ganzen Ablauf. Die Solidarität ist wichtig. Wir ziehen das jetzt durch."
In den bürgerlichen Massenmedien wird umso mehr gehetzt, die Forderungen der GdF seien "maßlos". Von "Erpressung" und "verantwortungslosem Handeln" ist die Rede. Es ist aber vollauf berechtigt, wenn die GdF Lohn- und Gehaltssteigerungen zwischen 0,5 und 40 Prozent (je nach Berufsgruppe, Dienstalter und Tätigkeit) - verteilt auf vier Jahre - fordert. Selbst der von der Fraport abgelehnte Schlichterspruch sah bis zu 30-prozentige Erhöhungen vor. Die scheinbar hohe Lohnforderung zielt auf eine notwendige Anpassung an Tarifverträge für vergleichbare Tätigkeiten und einen Ausgleich für den Reallohnabbau der letzten Jahre. Genauso berechtigt ist es, wenn die Vorfeldarbeiter eine zehnprozentige Arbeitszeitverkürzung und zusätzliche Pausen fordern. Immerhin arbeiten sie in der Regel sieben Tage am Stück und haben erst dann zwei Tage frei.
Umso schäbiger ist es, dass ausgerechnet der frühere ÖTV-Vorsitzende Herbert Mai, heute Arbeitsdirektor der Fraport AG, gegen den Streik hetzt und den Streikenden in den Rücken fällt. Ein Kollege im Streiklokal Kelsterbach dazu heute: "Der Mai war früher in der ÖTV. Aus dem Geschäftsbericht wissen wir, er hat sich von 2005 bis 2010 22 Prozent Erhöhung des Grundgehalts genehmigt. Der verdient über eine Million Euro und will mit dem Finger auf uns zeigen?" Ein anderer GdF-Kollege ergänzt: "Ich freue mich, dass Verdi eventuell unsere Forderungen auch für ihre Mitglieder durchkämpfen will. Sie würden auch solche Forderungen stellen, die wir durchsetzen."
Die Kollegen ziehen weitergehende Schlussfolgerungen: "Was ihr da geschrieben habt in der 'Roten Fahne', das stimmt. Mit den Medien haben wir jetzt eine Menge Erfahrungen gesammelt. Da stecken andere Interessen dahinter." Und sie beginnen eine eigene Öffentlichkeitsarbeit: "Wir haben eine neue Internetseite aufgemacht, wo auf wichtige Argumente eingegangen wird. Wir wollen auch kritische Anfragen bekommen. Damit setzen wir uns auseinander. Die Internetseite heißt apronfrankfurt.wordpress.com."
Angesichts der Tarifauseinandersetzungen in mehreren Branchen und der wachsenden Kampfbereitschaft für höhere Löhne und Gehälter in den Betrieben scheint bei verschiedenen Leuten die Angst umzugehen, dass das Beispiel des offensiven Lohnkampfs der GdF-Beschäftigten Schule macht. Der wirtschaftspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Martin Lindner, fordert deshalb: "Es sollten mindestens 50 Prozent der Arbeitnehmer eines Betriebes berechtigt sein, an einer Urabstimmung über einen Streik teilzunehmen." Damit wären Urabstimmungen in Teilbereichen von Betrieben und Konzernen nicht mehr möglich.
Durch die Hetze und solche Vorstöße nach einer Einschränkung des ohnehin beschränkten Streikrechts in Deutschland wird der Streik der GdF mittlerweile zu einer hochpolitischen Angelegenheit. Diese Auseinandersetzung geht alle Arbeiter und Angestellten und kämpferischen Kräfte in den verschiedenen Bewegungen an. Es ist notwendig, in Betrieben, Gewerkschaften und z.B. auch auf den heutigen Montagsdemonstrationen die Hetze zurückzuweisen, die Solidarität zu organisieren und dies mit dem Eintreten für ein vollständiges und allseitiges gesetzliches Streikrecht zu verbinden.
(Kontakt: GdF e.V., Gewerkschaft der Flugsicherung, Geschäftsstelle, Am Hauptbahnhof 8, 60329 Frankfurt a.M.; Tel.: 069-24404680; Fax: 069-244046820; E-Mail: geschaeftsstelle@gdf.de)