Betrieb und Gewerkschaft
Es rumort unter den Bergleuten - geheimer Knebelvertrag soll Bergleute zu Vagabunden machen!
09.03.12 - Gestern und heute fanden auf allen Bergwerken des Ruhrbergbaus und bei der Hauptverwaltung der RAG in Herne Informationsveranstaltungen für die jüngeren Bergleute statt. Lange Zeit waren die Bergarbeiter im Glauben gelassen worden, dass "nur" ein Teil von ihnen aus den Zechen gedrängt würde: jüngere Kollegen (die sogenannten "Briefempfänger"), Befristete, Leiharbeiter, Azubis - 300 von 750 Jungbergleuten bekommen ihre Zeitverträge nicht verlängert. Die ältere Stammbelegschaft, die "Anpassungsberechtigten", sollten bis zum 31.12.2022 in Anpassung (bergbautypische Vorruhestandregelung) gehen können.
Der Termin 2022 berechnet sich aus der angekündigten Stilllegung des Bergbaus im Jahr 2018 und anschließenden vier Jahren für Abbruch- und Aufräumarbeiten. Am 29. Februar aber haben der Gesamtverband Steinkohle und die IGBCE-Spitze in Herne einen Tarifvertrag unterschrieben, der alles bisher Dagewesene an Zumutungen für die Kumpel in den Schatten stellt.
Alle Bergleute - und nicht nur die jüngeren - müssen sich darauf einstellen, dass sie mit diesem Papier verpflichtet werden, sich bundesweit und in Belgien, Niederlande und Luxemburg als Leiharbeiter zu verdingen und nach einer Übergangszeit drastische Lohneinbußen in Kauf zu nehmen. Beim ersten Angebot für einen anderen Arbeitsplatz muss ihnen ein Lohn von 90 Prozent des bisherigen (allerdings ohne Einmalzahlungen!) in Aussicht gestellt werden. Wenn sie ablehnen, gibt es noch ein zweites Angebot zu 80 Prozent. Bei erneuter Ablehnung können sie gekündigt werden. Und das, obwohl die Bergarbeiter trotz härtester Arbeit schon am unteren Ende der Lohnskala sind!
Das ganze Papier strotzt nur von Formulierungen wie "vertragswidriges Verhalten des Arbeitnehmers" und dergleichen. Der Vertrag bestätigt die schon lange geäußerten Vermutungen, dass in Wirklichkeit RAG und Bundesregierung die Bergwerke schon lange vor 2018 zumachen wollen, um das Fracking in den Steinkohle- und Schieferschichten des Ruhrgebiets zu ermöglichen. Unter anderem die Tochterfirma der RAG - Mingas Power - steht schon in den Startlöchern. Warum sonst sollte die RAG sich in diesem Tarifvertrag nicht nur mit den jüngeren Bergleuten anlegen, sondern auch mit denen, die bis 2022 in Anpassung gehen können?
Dazu gab es bereits gestern Proteste. Vor der Versammlung am Donnerstag im Bottroper Saalbau für das Bergwerk Prosper sammelte eine Gruppe von Bergleuten und Bergarbeiterfrauen mit viel Erfolg Unterschriften für den neuen Aufruf der überparteilichen Bergarbeiterbewegung "Kumpel für AUF". Die Kollegen kamen empört aus der Versammlung, berichteten, dass ein Kumpel, der eine Frage stellen wollte, direkt niedergemacht wurde.
Empörung auch über die Spitze der IGBCE, die bisher mit der Aussage „sozialverträglich hat für uns höchste Priorität - kein Bergmann wird entlassen" (IGBCE-Vorsitzender Vassiliadis auf der Internetseite der IGBCE) immer wieder die Bergleute in trügerischer Sicherheit gewiegt hat. Ein Teil der Bergleute nahm direkt Unterschriftenlisten mit, um selbst zu sammeln. Es gab Diskussionen über die Streiks 1997 und die Aktionen im Herbst 2010, mit denen Massenentlassungen verhindert wurden. Vor dem Bergwerk West in Kamp-Lintfort wurde ein "Rote Fahne"-Verkäufer von Kumpeln angesprochen: "Komm mit rein in die Versammlung – die wollen uns rausschmeißen."
Die Zeit ist reif, dass sich die Kumpel an der Ruhr und an der Saar auf einen neuen Kampf einstellen. Nach den großen Bergarbeiterkämpfen im Jahr 2011 - im Sommer 2011 alleine streikten weltweit rund 500.000 Bergleute - entwickelten sich im Februar dieses Jahres wieder Kämpfe von rund 20.000 Bergleuten in Südafrika, Australien, Rumänien und Kirgisien. Es ist an der Zeit, dass sich die Bergarbeiterbewegung länderübergreifend zusammenschließt.
Die Vorbereitung der internationalen Bergarbeiterkonferenz im März 2013 in Peru dient dem Erfahrungsaustausch, der Absprache von Forderungen und von Kampfschritten. Die Bergarbeiterorganisation "Kumpel für AUF" spielt dabei eine tragende Rolle. Unterstützt wird die Bergarbeiterkonferenz auch von der ICOR (Internationale Koordinierung revolutionärer Parteien und Organisationen), in der die MLPD MItglied ist und alles dafür tut, die internationale Arbeitereinheit zu festigen und höher zu entwickeln. Vereint sind die Kumpel eine Macht!
Unterschriftenliste zum Aufruf