Sozialismus

Leipziger Buchmesse: ein Lesefest für Jung und Alt mit medialer antikommunistischer Ausrichtung

18.03.12 - Am heutigen Sonntag schließt die Leipziger Buchmesse ihre Pforten. Insgesamt waren rund 160.000 Besucher auf Deutschlands zweitgrößter Buchmesse, 2.071 Verlage aus 44 Ländern präsentierten ihre Neuerscheinungen. Ausstellungsschwerpunkte in diesem Jahr waren Literatur aus Südosteuropa, die neuen Medien, ein großes Forum zur Frage der psychischen Gesundheit und eine wunderbare Ausstellung zur Buch- und Druckkunst. Auffällig in diesem Jahr aber auch der Widerspruch zwischen der antikommunistisch ausgerichteten offiziellen Präsentation der Buchmesse - in Preisverleihungen sowie der Medienberichterstattung darüber - und der Stimmung unter der Masse der Besucher, für die die Messe ein fröhliches internationales Lesefest war.

Die ganze Stadt verwandelte sich in einen Lesesaal: keine Kneipe, kein Café, keine Buchhandlung, in denen nicht zahlreiche Lesungen und Literaturveranstaltungen stattfinden. Selbst in Gärtnereien und Metzgerläden, auf der Straße und in Rechtsanwaltskanzleien lesen Autoren und Autorinnen aus ihren Büchern und diskutiert ein engagiertes Publikum über Neuerscheinungen und Zukunftsfragen. Die Leipziger sind mit "ihrer" Buchmesse fest verbunden, monatelang freut man sich darauf; das war auch zu DDR-Zeiten so. 

Im Unterschied zur Frankfurter Buchmesse ist sie eine Besuchermesse und man trifft auf ein aufgeschlossenes Publikum, gerade auch unter der Jugend. Das bestätigen die Freunde vom Verlag Neuer Weg (VNW), die einen kleinen, aber schön gestalteten Stand in Halle 5 hatten und mit den Passanten über die bei ihnen verlegte fortschrittliche und marxistisch-leninistische Literatur diskutieren. "Vor allem die Frage der Umwelt und Literatur zum antifaschistischen Kampf interessieren die Jugend. Anhand der Sonderausgabe der 'Roten Fahne' zur ICOR und dem Buch 'Morgenröte der internationalen sozialistischen Revolution' entwickeln sich lebhafte Gespräche zu den brennenden Fragen unserer Zukunft." Außer dem VNW gab es noch zahlreiche andere fortschrittliche Verlage und Veranstaltungen, unter anderem mit Jutta Ditfurth und Jan Myrdal.

In der medialen Darstellung der Buchmesse war davon nicht viel zu sehen und zu hören. Umso mehr jedoch über verschiedene antikommunistische und erzreaktionäre Preisträger, die auf diesem Wege eine regelrechte Plattform zur Verbreitung ihrer Standpunkte erhielten. Schon zum Auftakt der Buchmesse ging der "Leipziger Buchpreis für europäische Verständigung" unter anderem an den US-Historiker Timothy Snyder, der in seinem Machwerk "Bloodlands - Europa zwischen Hitler und Stalin" die Opfer der Verteidigung der damals sozialistischen Sowjetunion mit denen der faschistischen Terrorherrschaft als "Europas Epoche des Massenmords" in einen Topf wirft.

Ein Skandal war es auch, dass Henryk M. Broder auf mehreren Veranstaltungen der Leipziger Buchmesse seine faschistoide Position "Vergesst Auschwitz!" verbreiten konnte. Er behauptet, dass die Besuche der Gedenkstätte des Massenvernichtungslagers Auschwitz, die er als "Gruseltourismus in ein obszönes Disneyland des Todes" bezeichnet, der Rechtfertigung eines "neuen Antisemitismus" dienten, der sich als "Hüter der unterdrückten Palästinenser" verkleide. Damit verleumdet er das Gedenken an die Opfer des Hitlerfaschismus und propagiert die Unterdrückung der arabischen Bevölkerung durch den heutigen Staat Israel.

Nicht minder ein Skandal war die Verleihung des Preises der Leipziger Buchmesse im Bereich Essaystik/Sachbuch an Jörg Baberowski für sein Buch "Verbrannte Erde - Stalins Herrschaft der Gewalt". Ein antikommunistisches Machwerk, dessen Kernthese ist, dass Stalin ein Psychopath war und seine angebliche Terrorherrschaft nichts mit dem Marxismus-Leninismus zu tun habe, wie Baberowski es noch in seinem neun Jahre zuvor veröffentlichten Buch "Der rote Terror" behauptet hat. Aus neuen Quellen in den 1990er Jahren sei er zu dem Ergebnis gekommen, dass Stalin in Wahrheit die krankhafte "exzessive Gewalt" und "Lust am Morden" verkörperte.

Demnach hätten Millionen Menschen in den sozialistischen Staaten der Sowjetunion, aber auch zahlreiche Kulturschaffende seiner Zeit (Einstein, Brecht, Steinbeck ...), die Stalin würdigten, nicht bemerkt, mit welchem "Wahnsinnigen" sie es zu tun hatten. Selbst imperialistische Staatsmänner, die mit Stalin zusammen arbeiteten, mussten ihm - entgegen der bereits damals einsetzenden antikommunistischen Hetze - Respekt zollen. So der ehemalige britische Premierminister Winston Churchill: "Stalin besaß einen tiefschürfenden, gründlichen und logischen Verstand. Er war ein unübertroffener Meister darin, in schweren Momenten einen Ausweg aus der ausweglosesten Lage zu finden." Auch US-Präsident Franklin D. Roosevelt war Stalins "Besessenheit" offenbar nicht aufgefallen: "Dieser Mann kann handeln. Er hat immer das klare Ziel vor Augen. Mit ihm zu arbeiten, ist ein Vergnügen. Es gibt keine Umständlichkeiten." Da muss schon über 60 Jahre später ein Professor für die "Geschichte Osteuropas" daher kommen, um uns eines Besseren zu belehren.

Die "neuen Quellen" von Barberowski waren kurzzeitige Archivöffnungen unter Boris Jelzin und dessen damaligen Geheimdienstchef Wladimir Putin. Der Großteil der Archive steht längst wieder unter Verschluss. Eine ganze Riege von Historikern kann sich die wüstesten Gräueltaten über den Sozialismus aus der Zeit Stalins aus den Fingern saugen, und braucht nichts zu beweisen, nur zu dem Zweck, die Menschen vor der Suche nach einer sozialistischen Alternative zum barbarischen Kapitalismus abzuhalten.

Während laufend antikommunistische Veröffentlichungen gesponsert auf den Markt geworfen werden, sind Bücher von anerkannten historischen Persönlichkeiten und Augenzeugen aus der damaligen Zeit heute nicht mehr erhältlich. Zum Beispiel das 1946 vom Züricher Steinberg-Verlag veröffentlichte Buch der Tochter der Nobelpreisträgerin Marie Curie, Eve Curie, "Eine Frau an der Front". Sie kam darin zu dem Fazit:

"Die Tatsache, dass das sowjetrussische Volk unter einem kollektivistischen Regime stand, das mir vollkommen fremd war, … vermochte mich trotzdem über eine ins Auge springende Tatsache nicht hinwegtäuschen: Der deutsche Überfall, der meine Heimat Frankreich innerhalb weniger Wochen in Trümmer geschlagen hatte – Heer, Regierung und alles – hatte den mächtigen Bau der Sowjetunion nicht einmal zu erschüttern vermocht. Und das lag nicht einmal ausschließlich an der sorgfältigen militärischen Vorbereitung. Es lag an der Einigkeit der Nation und an der kraftvollen Leitung. Um es klar und einfach auszudrücken: Die weitaus überwiegende Mehrheit des russischen Volkes stand geschlossen hinter ihrer Regierung, in guter und in böser Zeit."

Es ist kein Zufall, dass vor allem solche Autoren und Historiker in den Medien hofiert werden, die den Antikommunismus in immer neuen Varianten inszenieren. Das reiht sich ein in die für heute vorgesehene Wahl eines Bundespräsidenten, der von seinen Unterstützern vor allem für seinen expliziten Antikommunismus (siehe "rf-news"-Artikel) gelobt wird. Es ist die mediale Begleitmusik zur Vorbereitung einer verschärften Unterdrückung kritischer, fortschrittlicher und revolutionärer Kräfte (das ist auch ein Schwerpunkt der aktuellen Druckausgabe der "Roten Fahne").

Wer sich ernsthaft mit der sozialistischen Alternative beschäftigen will, der kann sich auch ein Bild von den unvergänglichen Erfolgen des Aufbaus der früheren sozialistischen Länder machen. Die Marxisten-Leninisten bestreiten nicht, dass es dabei auch zu Fehlern, Fehlentwicklungen oder auch Verbrechen gegen die Menschlichkeit gekommen ist. Dies gilt es lückenlos aufzuklären, um daraus für die Zukunft zu lernen. In diesem Sinne gilt aber auch: Dem Antikommunismus keine Chance!