Umwelt

Neue Umweltkatastrophe in der Nordsee - sofort alle Öl- und Gasbohrungen im Meer verbieten!

28.03.12 - Weitgehend herunter gespielt wurde bis gestern eine neue dramatische Umweltkatastrophe in der Nordsee, die bereits am letzten Sonntag ihren Ausgang nahm. An diesem Tag wurde ein Leck an der Erdgas-Förderleitung unter der Öl- und Gasbohrinsel "Elgin" entdeckt. Sie liegt 240 Kilometer östlich von Aberdeen (Schottland) im Meer. Hier fördert der französische Energiekonzern Total Erdöl und Erdgas in flüssiger Form. Es ist hoch explosiv. Die norwegische Umweltgruppe "Bellona" sprach von einem Horrorszenario. "Das Problem ist außer Kontrolle geraten", sagte "Bellona"-Chef Frederic Hauge.

Bevor die Arbeiter der Plattform in Sicherheit gebracht worden seien, hätten sie sich 14 Stunden vergeblich um eine Eindämmung des Problems bemüht. Jake Molloy von der Gewerkschaft RMT, in der Bohrinsel-Arbeiter organisiert sind, sagte der BBC: "Wenn es irgendwie einen Zündfunken gibt, könnte es sein, dass wir eine komplette Zerstörung sehen." Aber es herrscht nicht nur Explosionsgefahr. Experten halten es für möglich, dass das Gas für Menschen giftig ist.

Stephan Lutter, Meeresschutzexperte beim WWF Deutschland, erklärte: "Es scheint sich in diesem Fall um sogenanntes Saures Gas zu handeln, das mit Schwefelwasserstoff angereichert ist. Bei einem wie von Experten befürchteten langandauernden Gasaustritt könnten Todeszonen in der Umgebung entstehen und das Ökosystem der Nordsee schädigen." Auch die Kohlenwasserstoffe und Kondensate aus dem eigentlichen Erdgas stellen im Wasser in hohen Mengen eine Gefahr für Fische, Plankton und Bodenlebewesen dar. In der Luft ist es 20-mal klimaschädlicher als Kohlendioxid.

Ein schnelles Ende der Katastrophe ist nicht in Sicht. Total musste zugeben, es seien weder die Menge des ausströmenden Gases noch der genaue Ort des Lecks bekannt. Und es könne Wochen bis Monate dauern, bis das Leck gestopft sei. Eine Entlastungsbohrung, die das ausströmende Gas kanalisieren könnte, könnte bis zu sechs Monate dauern.

Dennoch erdreistet sich der Konzern zu den üblichen Beschwichtigungen: Die Auswirkungen auf die Umwelt seien "deutlich geringer als etwa bei Erdöl", das Gas-Kondensat sei "sehr leicht und verflüchtige sich". Warum hat sich dann aber schon nach einem Tag ein sechs Kilometer langer Film auf der Wasseroberfläche gebildet? Warum mussten zwei fünf Kilometer entfernte Shell-Plattformen geräumt werden? Total gab zu: Die Plattform sei von einer Gaswolke umgeben. Die Behörden richteten eine Sperrzone um die Bohrinsel ein. Schiffe dürfen nicht näher als drei Kilometer an die Plattform heran, Flugzeuge dürfen nicht näher als fünf Kilometer. Damit ist der Einsatz von Hubschraubern praktisch unmöglich.

Die Wassertiefe beträgt dort 100 Meter. Aber die Lagerstätten von Öl und Gas sind 7.000 Meter unter der Meeresoberfläche. Um Öl und Gas nach oben zu bringen, mussten die Techniker mit hohen Drücken von 1200 bar und Temperaturen von 200 Grad Celsius fertig werden. "Elgin" förderte täglich neun Millionen Kubikmeter Gas und 60.000 Barrel Leichtöl - was mit dem Öl passiert, wird noch verschwiegen.

In der Nordsee gibt es über 400 Förderanlagen für unterseeische Gas- oder Ölvorkommen und dementsprechend ein Vielfaches an Bohrungen. Viele der Plattformen sind technisch nicht mehr auf dem neuesten Stand: Ca. jedes zweite Jahr musste bisher eine Plattform wegen irgendeiner Havarie geräumt werden. Im Jahr 1988 war bei einem ähnlichen Gasaustritt vor der schottischen Küste die Plattform Piper Alpha explodiert, riss 167 Menschen in den Tod und setzte große Mengen giftiger Chemikalien in die Nordsee frei.

Auch weltweit reißt die Kette von Katastrophen im Zusammenhang mit den Tiefsee- und Hochdruckbohrungen nicht ab. Der Explosion auf der BP-Plattform "Deepwater Horizon" im Golf von Mexiko vom April 2010 folgte im November 2011 ein Leck unter einer Chevron-Plattform vor Brasilien. Obwohl die brasilianische Regierung Chevron das Weiterbohren verbot, hielt der Konzern sich nicht daran und musste am 15. März zugeben, dass Erdöl durch ein erneutes Leck entweicht. Und jetzt die Katastrophe in der Nordsee ...

Weder die Konzerne noch die imperialistischen Regierungen ziehen daraus irgendwelche ernsthaften Konsequenzen. US-Präsident Obama hab nach kurzer Zeit das Moratorium für Tiefseebohrungen in US-Gewässern wieder auf. Die britische Regierung erklärte erst vor wenigen Tagen, Gasförder-Konzernen Steuern in Milliardenhöhe zu erlassen. Die Katastrophe in der Nordsee zeigt erneut, wie skrupellos die Energiekonzerne bei ihrem "Run" auf immer tiefere Öl- und Gaslagerstätten unter dem Meer katastrophale Folgen für die Umwelt riskieren. Weltweit müssen alle Tiefseebohrungen und jede Förderung von Öl bzw. Gas aus dem Meer sofort gestoppt und verboten werden!