Betrieb und Gewerkschaft
Opel-Betriebsversammlungen: "Die Fronten sind deutlicher geworden"
01.04.12 - Am Freitag und Samstag fanden Betriebsversammlungen bei Opel in Rüsselsheim und Bochum statt. Da im Opel-Werk Eisenach zur Zeit Produktionsstillstand ist, wird dort die Betriebsversammlung am 14. April stattfinden. Während die GM-Manager gegenüber den Massenmedien nun die Schließung von "drei Werken in Europa" ("Reuters" von heute) immer unverhohlener andeuten, wagen sie es nicht, das den Opelanern offen ins Angesicht zu sagen. An beiden Orten wurde deutlich, dass sich die Kolleginnen und Kollegen nicht von GM erpressen lassen wollen und auch sehr sensibel gegen Spaltungsmanöver sind, die die Belegschaften der verschiedenen Werke in Europa gegeneinander ausspielen sollen. So berichtete unser Korrespondent aus Rüsselsheim von der Betriebsversammlung am Freitag:
"Auf der Versammlung wurde es eindeutig. Die Kollegenzeitung 'Der Blitz' hatte das richtig eingeschätzt. Es geht nicht nur um Drohungen und Einsparungen. GM will den gesamten EU Bereich auf Kosten der Kollegen neu strukturieren (siehe auch "rf-news" vom Donnerstag: "Keine Akzeptanz für die Stilllegung von Opel-Werken!"). Ebenso deutlich wurde, dass das die Belegschaft nicht hinnehmen wird. Arbeitsdirektor Kimmes wurde für den Bericht der Geschäftsleitung auf die Bühne gebeten und von einem Pfeifkonzert begrüßt. ...
Die Auszubildenden und Kollegen aus den Zentralwerkstätten (H-Bau) waren in einem Demonstrationszug gekommen. Sie kamen mit ihrer Forderung zur unbefristeten Übernahme. Dabei spielte auch die Kritik an der Leiharbeit eine Rolle. Auf den mitgebrachten Transparenten hängten sie ihre Forderungen und Themen in die Halle: 'Jung und prekär / Übernahme ab sofort!' ...
Die Kollegen aus den Zentralwerkstätten kamen mit ihren Schildern und IGM-Fahnen und setzten sich direkt auf die Stühle in den ersten Reihen vor dem Rednerpult. In der Vorwoche hatte die Geschäftsleitung angedroht, entweder eine Restrukturierung oder eine Schließung des H-Bau vorzunehmen. Sie will 550 Kollegen in der Produktentwicklung mit Abfindung loszuwerden ... . Auf ihren Schildern trugen sie 'WIR sind der H-Bau', 'Hände weg von unseren Arbeitsplätzen', 'Schätze erhalten'.
Die kämpferische Rede des neuen Betriebsratsvorsitzenden Klug fand vor allem Beifall, als er betonte, dass es keine Verhandlungen geben wird, wenn über Werkschließungen gesprochen werden soll. Er umschrieb diese allerdings sehr schwammig als 'Kapazitätsabbau'."
In Bochum kamen am Samstag etwa 2.000 bis 2.500 Kolleginnen und Kollegen. Ein Korrespondent berichtet von der Stimmung:
"Was bisher noch öfter gelang, die Versammlung ein Stück weit zu gewinnen für den Konkurrenzkampf, hat diesmal sichtlich weniger gewirkt. Die Fronten sind deutlicher geworden. ...
Der Betriebsratsvorsitzende Einenkel stellte den Kampf gegen Werkschließungen in den Mittelpunkt. Erpressung und Ausspielerei würden sie nicht mitmachen. Er betonte den Rückhalt der Bevölkerung und Politik und der Medien, gegen den GM keine Chance hätte. Er endete dann sehr vage mit der 'Möglichkeit weiterer Schritte'. (...)
Eine breite Diskussion wurde unterlaufen, indem erst spät die Aussprache begann. Als die Saalmikrofone frei waren, wurden auch die Tore geöffnet. Am Anfang haben immerhin noch etwa 300 Kollegen zugehört und am Schluss waren nur noch rund 50 da. Nur zehn Redner kamen zu Wort. ... Ein Kantholz wurde geschwungen und der Zusammenhang zum Bergbau und der gemeinsame Kampf für Arbeitsplätze - 'ob über oder unter Tage' - betont.
Deutliche Worte wurden noch zu vielen Themen angesprochen: GM hat sichtlich Angst vor der Belegschaft, das unterstreicht, den entschlossenen Kampf um jeden Arbeitsplatz jetzt zu führen. Es muss Schluss sein mit Geheimverhandlungen! Die Unternehmenspolitik von Opel wurde als Ausdruck der Abwälzung der Krisenlasten in der Weltwirtschaftskrise und der gnadenlosen Konkurrenz aller Konzerne nachgewiesen.
'Krisen gehören zum Kapitalismus' und deshalb dürfen sich die Arbeiter nicht spalten lassen. Die Kollegen vom Gleiwitzer Opel-Werk in Polen haben die selben Interessen ... . Der Automobilarbeiterratschlag als eine wichtige Plattform für den internationalen Kampf aller Autobauer wurde vorgestellt. Dann wurde abgebrochen, obwohl sich noch Kollegen hinter den Saal-Mikros angestellt hatten."
Andere Korrespondenten aus Bochum berichten von Reaktionen und Gesprächen mit Opelanern vor den Werkstoren: "Die meisten sehen, dass die Konzernleitung aus Angst vor Kämpfen nicht Konkretes raus gelassen hat. Ein kämpferischer Kollege meinte: 'Jetzt wäre genau der richtige Zeitpunkt für einen Streik, wo sie sich nicht getrauen, ihre Pläne auf den Tisch zu legen.' Auch das Argument, dass mit der Allianz GM-PSA (GM und Peugeot/Citroen) die Kampffront größer wird und die Kämpfe europaweit besser geführt werden können, stieß auf Zustimmung."
Wer die beiden Korrespondenzen ausführlicher lesen will, kann sie hier einsehen.