Politik
Saarland-Wahl zeigt wachsende Unzufriedenheit mit etablierten bürgerlichen Parteien
26.03.12 - Bundeskanzlerin Merkel wies heute jeden Zusammenhang zwischen dem Ergebnis der gestrigen Landtagswahl im Saarland und der Arbeit der Berliner Regierungskoalition weit von sich. Was sie nicht zugeben will, ist mit Händen zu greifen. Denn mit der erneuten Abstrafung ihres Koalitionspartners FDP, die mit 1,2 Prozent die meisten Prognosen noch unterbot und das schwächste Ergebnis ihrer Geschichte einfuhr, schrumpft auch die Massenbasis der "schwarz-gelben" Bundesregierung. Angesichts der bevorstehenden Landtagswahlen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen und ähnlicher Umfragewerte der FDP wird sich zeigen, ob die Merkel-Regierung danach noch weiter regieren kann.
Alle Parteien der bisherigen Landesregierung aus CDU, FDP und Grünen ("Jamaika"-Koalition) verzeichnen absolute Stimmenverluste, insgesamt 65.404 von 265.117. Das ist ein Rückgang von 24,8 Prozent. Neben der FDP, die 88 Prozent weniger Stimmen als 2009 erhielt, trifft es die Grünen am stärksten mit einem Stimmenverlust von 23,1 Prozent. Sie ziehen mit 5 Prozent Wähleranteil gerade noch in den Landtag ein.
Die CDU verliert ebenfalls 14.943 (8,1 Prozent) an absoluten Stimmen gegenüber der Landtagswahl 2009, gewinnt beim Wähleranteil aber 0,7 Prozentpunkte dazu (von 34,5 auf 35,2 Prozent). Die SPD legt nach ihrem Wahldesaster vor vier Jahren als einzige bürgerliche Partei sowohl bei den absoluten Stimmen (um 12 Prozent) als auch dem Wähleranteil (von 24,5 auf 30,6 Prozent) zu. Sie verfehlt mit ihrem zweitschwächsten Ergebnis seit 1960 dennoch ihr selbst gestecktes Ziel, die CDU zu übertreffen.
Dadurch geht immerhin das Kalkül von CDU- und SPD-Spitze auf, über die Neuwahlen eine Große Koalition mit stabilerer parlamentarischer Massenbasis im Saarland zu installieren - sicher auch ein Testballon für die Bundesebene. Angesichts der geplanten verschärften Angriffe auf die breiten Massen sind Probleme mit der Massenbasis vor allem der SPD allerdings schon vorprogrammiert.
Den Monopolparteien gelingt es immer weniger, die Wähler noch irgendwie positiv zu binden. Laut einer Umfrage für die "Tagesschau" war für 36 Prozent aller Wähler die "Enttäuschung" mit den jeweils anderen bürgerlichen Parteien das Hauptmotiv ihrer Wahlentscheidung. Diese Entwicklung erfasst teilweise auch die Linkspartei, die unter ihrem populären Landesvorsitzenden Oskar Lafontaine 2009 und jetzt erneut ein weit überdurchschnittliches Ergebnis erzielte. Ihr Wähleranteil ging dennoch von 21,3 auf 16,1 Prozent zurück. Die Analyse der Wählerwanderungen zeigt, dass die meisten enttäuschten Linkspartei-Wähler gar nicht zu Wahl gingen.
Die Piratenpartei, die auf Anhieb 7,4 Prozent der Wähler und 35.646 Stimmen erreichte, konnte ebenfalls viele ehemalige Linkspartei-Wähler gewinnen, aber auch bisherige Nichtwähler mobilisieren. Von CDU und FDP wechselten mehr Wähler zu den "Piraten" als von SPD und Grünen. Ihr Aufbau erweist sich als eine neue Methode, die wachsende Unzufriedenheit der Massen parlamentarisch zu binden.
Ausdruck des wachsenden antifaschistischen Bewusstseins und Protests der Massen, gerade auch nach den Enthüllungen über die faschistische Terrorgruppe NSU und ihre Verbindungen zu den Geheimdiensten, ist der Rückgang der Stimmen der faschistischen NPD um 31 Prozent von 8.099 auf 5.604. Umso notwendiger ist es, für das Verbot dieser Partei und aller anderen faschistischen Organisationen sowie ihrer Propaganda einzutreten, um ihnen jede Möglichkeit zu nehmen, Wahlen als Tribüne dafür auszunützen.
Die MLPD trat nicht zur Landtagswahl im Saarland an, nützte die Politisierung durch den Wahlkampf aber, um den Parteiaufbau weiter voran zu treiben. Die Kreisleitung Saarbrücken erklärte dazu gegenüber "rf-news": "Wir konzentrieren uns auf die Kampagne zur Bekanntmachung der ICOR und die Vorbereitung des 9. Parteitags der MLPD. Insbesondere entwickeln wir den Protest gegen die Ungeheuerlichkeit der Schließung des saarländischen Bergbaus. Dieses Thema wurde außer von der MLPD von keiner Partei im Wahlkampf aufgeworfen, auch nicht von der Linkspartei. Wer für eine wirkliche Alternative zum Kapitalismus und seinem bürgerlichen Parlamentarismus ist, der muss die MLPD stärken!"