Wirtschaft
Rekordpreise an den Tankstellen
02.04.12 - Die Wut über steigende Benzinpreise vor Ostern wächst. Viele Autofahrer sind fassungslos, wie frech und erpresserisch die Ölkonzerne die Feiertage für Preisanhebungen nutzen. Nun werden von bürgerlichen Politikern und Wirtschaftsexperten in den Massenmedien tagelang absurde Vorschläge diskutiert: Der Bundesrat hat eine Initiative für eine "Spritpreis-Bremse" gestartet. Die Tankstellen sollten künftig ihre Preise "nur einmal" am Tag erhöhen dürfen und/oder müssen ihre Preise einen Tag vorher ankündigen und im Internet veröffentlichen.
Keiner dieser Vorschläge würde auch nur zu einem Stopp von Preiserhöhungen führen, wie die ständig strapazierten Beispiele von Österreich und Westaustralien beweisen. Die schwarz-gelbe Regierung und das Wirtschaftsministerium unter Philipp Rösler führen ein Scheingefecht gegen diese "Bremse", die in der Realität überhaupt keine ist. Man setze auf den "freien Wettbewerb", erklärte Staatssekretär Hans-Joachim Otto (FDP).
Der angeblich "freie Wettbewerb", der die Preise bestimmen würde, ist im Kapitalismus längst Geschichte. Es ist kein Zufall, dass fünf der sechs umsatzstärksten Konzerne weltweit aus der Mineralöl-Branche kommen. Das ist aber der Normalzustand im staatsmonopolistischen Kapitalismus, daran ändert auch ein Kartellamt nichts. Und der Staat verdient an den steigenden Preisen kräftig mit. Weit über die Hälfte des Preises an der Tanksäule gehen in Schäubles bodenlosen Säckel. Dabei ist es besonders dreist, dass die 19 Prozent Mehrwertsteuer auch noch zusätzlich auf die 65,45 Cent "Energiesteuer" pro Liter erhoben werden.
Wie alle anderen wichtigen Rohstoffe unterliegen Erdöl ebenso wie auch Erdgas der Spekulation, die die Preise ständig hochtreibt und mit der riesige Maximalprofite zu erzielen sind. Das steigern sie sogar vor dem Hintergrund, dass der Höhepunkt der Weltölförderung ("Peakoil") bereits erreicht ist oder in Kürze erreicht sein wird. Geradezu abenteuerlich und höchst riskant für die Umwelt werden fieberhaft die letzten Öl- und Gasreserven an den Erd-Polen, aus der Tiefsee und unter unseren Wohngebieten (Gas-Fracking) gesucht. Ohne Rücksicht auf verheerende Umweltkatastrophen wie letztes Jahr durch BP im Golf von Mexiko oder aktuell das Unglück auf der Gasplattform Elgin von Total.
Längst könnte vom Stand der Technik und Wissenschaft ein Null-Emissions-Verkehr und eine Energieerzeugung aus 100 Prozent erneuerbaren Energien verwirklicht und die Verbrennung fossiler Energieträger (Kohle, Öl und Gas) drastisch eingeschränkt werden. Stattdessen planen die großen Autokonzerne eine Vervierfachung des Fahrzeugbestandes auf der Erde bis zum Jahr 2050. Das wäre der sichere Tod des Weltklimas und der todsichere Verkehrskollaps.
Die inszenierte Debatte um eine "Benzinpreisbremse" ist scheinheilig und wurde just parallel zu den Tarifrunden im öffentlichen Dienst und in der Elektro- und Metallindustrie eröffnet. Denn die unverschämte Preisabzocke gießt im wahrsten Sinn Öl ins Feuer und ist ein gewichtiges Argument für den offensiven Kampf um höhere Löhne und Einkommen. Ein Blick auf die weltweite Situation zeigt die Brisanz, vor der die Herrschenden sich dabei fürchten: In Nigeria und Indonesien, in Bulgarien, Griechenland und Polen gab es dieses Jahr schon harte Massenkämpfe für die Senkung der Spritpreise, teilweise auch mit Erfolg.
Die Kämpfe um höhere Löhne und Einkommen müssen in den Tarifrunden entschlossen geführt werden, aber auch selbständig um Lohnnachschlag. Diese Kämpfe müssen mit umweltpolitischen Forderungen gegen den Ausbau und die Weiterführung der fossilen Verbrennung verbunden werden.