Umwelt
Skandalöse Forderung nach weiteren Subventionen für Atomkraftnutzung
13.04.12 - Zur Vorbereitung eines Treffens der europäischen Wirtschafts- und Energieminister Ende kommender Woche in Brüssel haben die Regierungen von Großbritannien, Frankreich, Polen und Tschechien die Forderung aufgestellt, die Nutzung von Atomkraft auszubauen und sie zu subventionieren. Entsprechende Schreiben liegen der "Süddeutschen Zeitung" vor. Die Länder fordern, Atomkraftwerke künftig wie Solaranlagen oder Windräder als emissionsarme Technologien einzustufen.
Mit dem Ruf nach "technologieneutralem" Umstieg Europas auf emissionsarme Energieanlagen bis zum Jahr 2050 soll entgegen aller Beteuerungen vom angeblichen "Atomausstieg" der Weiterbetrieb und sogar der Ausbau der nicht beherrschbaren und lebensgefährlichen Atomtechnologie durch die Hintertür wieder salonfähig gemacht werden. Das richtet sich gegen den wachsenden Widerstand in der Bevölkerung gegen die Fortsetzung der Atomenergienutzung und ihren Einsatz für die Stilllegung aller Atomkraftwerke.
Zu den gigantischen Gewinnen, die die Energiekonzerne aus dem Betrieb von Atomkraftwerken ziehen, kämen dann, so Tobias Münchmeyer von "Greenpeace", Subventionen in Milliardenhöhe dazu, wenn die Atomkraft erst einmal den erneuerbaren Energien gleichgestellt werde. Das reiche von Geld aus europäischen Töpfen bis hin zu Einspeisetarifen. Tatsächlich werden in den genannten Ländern neue AKWs gebaut oder geplant. Allein Großbritannien plant vier Reaktoren. Dazu will Großbritannien Einspeisetarife für Atomstrom einführen.
Die Genehmigung aus Brüssel hierfür werde es nur geben, wenn der Ausbau der Atomenergie mit den erneuerbaren Energien gleichgestellt werde, so Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia. Energiekommissar Günther Oettinger ist nach eigenen Aussagen bereit, "über diese Option zu diskutieren". Auch die deutsche Bundesregierung ist dafür offen: "Aus Regierungskreisen in Berlin heißt es, die Bundesregierung habe sich noch nicht geeinigt, ob sie für oder gegen die Gleichbehandlung von erneuerbarer und nuklearer Energie stimmt."
Die Forderung nach Gleichstellung von AKWs mit erneuerbaren Energien ist ein Skandal. Niemand kann Katastrophen wie die von Tschernobyl und Fukushima ausschließen, niemand weiß, wo der Jahrtausende Jahre strahlende Müll unter Abschluss von Luft, Wasser und Fauna gelagert werden kann.
Tatsächlich wird bei der Stromherstellung im laufenden AKW-Betrieb kein CO2 emittiert. Aber wenn man alle CO2-emittierenden Prozesse bis zur Atomstromerzeugung summiert - Schürfung der Uranerze, Transporte, verfahrenstechnische Trennung und Anreicherung, Bau der AKWs - so kommt man pro 1.000 MW Atomstrom und Jahr auf rund 230.000 Tonnen CO2. Rechnet man den Energieaufwand durch die Folgeprozesse wie die Wiederaufbereitung, Zwischenlagerung, Endlagerung für einige hunderttausend Jahre Jahre hinzu, so übertrifft die CO2-Emission den CO2-Ausstoß von mit fossilen Energieträgern betriebenen Kraftwerken bei weitem.
Das von ICOR und ILPS herausgegebene "Manifest zum Gedenken an das Desaster von Fukushima und zur Forderung nach der Beendigung der Nutzung von Atomenergie" ist eine unmittelbare Kampfansage an die durch und durch verlogenen und menschenverachtenden Pläne der EU zum Ausbau der Atomenergienutzung. Seit dem Fukushima-Jahrestag am 11. März bis zum 6. August, dem Jahrestag des Atombombenabwurfs auf Hiroshima, sollen eine Million Unterschriften gesammelt werden. In dem Manifest heißt es:
"Wir, die Massen der Welt, lehnen die Nutzung von Atomkraft, sowohl für Energie, wie für Waffen vollständig ab. Wir treten für die folgenden Forderungen ein und fordern von den Regierungen überall auf der ganzen Welt, die Nutzung von Atomkraft zu beenden.
- Stilllegung aller Atomkraftwerke und -anlagen!
- Die Kosten für die Stilllegung und Entsorgung müssen von den Konzernen, denen die Atomkraftwerke gehören, getragen werden!
- Anwendung höchster Standards für die Lagerung des verbleibenden strahlenden Mülls.
- Wir fordern die Entschädigung und angemessene medizinische Versorgung durch den Staat und die Konzerne als Betreiber oder Besitzer von Atomkraftwerken für alle Opfer von Krankheiten als Folge von radioaktiver Strahlung der Atomkraftwerke und des Giftmülls!
- Rettet die Umwelt vor der Profitgier der Monopole!
- Durchführung und Ausweitung der Erforschung, Förderung und Verbreitung umweltfreundlicher Energie und Energiequellen!
- Verbot und Vernichtung aller atomaren, biologischen und chemischen Waffen!
- Stärkt die internationale Front des aktiven Widerstands zum Schutz der natürlichen Umwelt!"
Das Manifest im Wortlaut und die zugehörige Unterschriftenliste stehen hier zum Download.