Umwelt
Frankreich: Knapp an Atomkatastrophe vorbei
21.04.12 - Gestern meldete das "Handelsblatt", dass der Störfall in dem französischen Atomkraftwerk Penly am 5. April "offenbar alles andere als eine kleine Panne" war. Es hätten sich gleich vier schwere Defekte ereignet. Penly liegt am Ärmelkanal bei Dieppe, 150 Kilometer entfernt von Paris, und gehört dem Atommonopol EDF. "Mit einigem Glück ist EDF an einem gefährlichen Unfall in dem AKW vorbeigekommen", so die Zeitung. Ein Ölbehälter in einer Pumpe der Hülle eines der beiden Reaktoren habe mehrere hundert Liter Öl verloren, das sich entzündet habe. Der Reaktor habe sich daraufhin automatisch abgeschaltet. "Er muss allerdings weiter gekühlt werden, damit keine Kernschmelze beginnt."
Später sei dann eine Dichtung der Pumpe geplatzt. Mit drei dieser Dichtungen soll das Austreten radioaktiven Kühlwassers verhindert werden. Notventile, die das Kühlwasser in Reservoirs im Reaktorgebäude ableiten sollen, schlossen sich aufgrund einer weiteren Störung. "Damit drohte ein Platzen des Primärkreislaufes, der je Pumpe 100 Kubikmeter verstrahlten Wassers enthält." In Penly hat sich also eine schwere Atomkatastrophe angebahnt - wovon die Öffentlichkeit jetzt erst scheibchenweise überhaupt erfährt!
Penly ist eines der modernsten AKW von EDF, 20 Jahre alt. EDF besitzt 20 solcher Anlagen, die aber erst überprüft werden sollen, wenn die Untersuchung über den Unfall in Penly abgeschlossen ist. Obwohl die Ursachen für die Panne noch nicht geklärt sind, wird also eine verheerende Gefährdung der Bevölkerung in Kauf genommen!
In Frankreich streiken derzeit in zahlreichen Atomanlagen Beschäftigte von Subunternehmen, so in Cattenom, Fessenheim im Elsass, Cruas im Ardèche oder in der Anlage von Centraco in Gard, wo die Explosion eines Ofens im letzten September einen Toten und vier Schwerverletzte gefordert hat. Die Organisation "CattenomNonMerci" (cattenom-non-merci@online.de), die auch mit der Montagsdemo in Saarbrücken zusammenarbeitet, schreibt dazu:
"Wir unterstützen den Streik der AKW-Arbeiter in Frankreich und erklären uns mit den Streikenden solidarisch; außer den erniedrigenden Arbeitsbedingungen, den kärglichen Arbeitslöhnen und den Forderungen nach besseren Arbeits- und Sicherheitsbedingungen - sind es die Arbeiter, die bei Störfällen mit ihrer Gesundheit bezahlen - die sehr risikoreiche Arbeiten ausführen müssen, wie die Dekontaminierung der Becken, das Aussortieren und Evakuieren von radioaktiven Abfällen und 80 Prozent der austretenden radioaktiven Dosen ausgesetzt werden. Des Weiteren unterstützen wir die Arbeiter in ihrer Forderung, dass die umliegende Bevölkerung in der Großregion besser vor Störfällen in Cattenom geschützt werden muss." Die Montagsdemo Saarbrücken will das im Zusammenhang mit dem Jahrestag der Tschernobyl-Katastrophe (26.4.1986) am nächsten Montag zum Thema machen.
Auch aus Deutschland gibt es neue Meldungen, die die ständige Gefährdung der Bevölkerung durch die Atomenergie belegen. So wurde kürzlich das AKW Brokdorf abgeschaltet. In einem Abklingbecken wurden gebrochene Niederhaltefedern entdeckt, welche die Brennelemente in ihrer Position fixieren. Jetzt wird überprüft, ob auch Federn im Reaktor gebrochen sind. Die Anti-Atom-Organisation "ausgestrahlt" fordert, das AKW umgehend und auf Dauer stillzusetzen.
Die Vertuschungstaktik durch die betreibenden Monopole bei schweren Gefahren ist allgegenwärtig. In Fukushima ist das zerstörte AKW keineswegs unter Kontrolle - auch wenn die Berichte darüber in den bürgerlichen Medien systematisch an den Rand gedrängt werden. Arbeiter haben neue Lecks gemeldet. Die gemessene Radioaktivität ergab 30 bis 73 Sievert die Stunde. Bisher waren höchstens zehn Sievert pro Stunde gemessen worden. Sechs Sievert pro Stunde gelten als tödliche Dosis! 80 Prozent der Bevölkerung Japans sind nach einer Umfrage der Zeitung "Tokyo Shimbun" inzwischen für einen Ausstieg aus der Atomkraft.
"Wir, die Massen der Welt, lehnen die Nutzung von Atomkraft, sowohl für Energie wie für Waffen vollständig ab", heißt es im "Manifest von ICOR und ILPS zum Gedenken an das Desaster von Fukushima und zur Forderung nach der Beendigung der Nutzung von Atomenergie". Unter dieses Manifest werden derzeit von der MLPD und den Mitgliedsorganisationen der ICOR weltweit Unterschriften gesammelt - viele Millionen sollen so zusammenkommen und der Forderung nach der Stilllegung aller Atomanlagen Nachdruck verleihen!
Tipp: Eine neu erschienene Broschüre "Rettet die Umwelt vor der Profitwirtschaft" gibt Auskunft über die umweltpolitische Linie der MLPD. Sie enthält Abschnitte aus dem Buch "Morgenröte der internationalen sozialistischen Revolution", hat 36 Seiten und kostet 2 Euro. Zu bestellen bei: www.neuerweg.de