International
Regierung weitet Bundeswehr-Einsatz in Somalia aus
19.04.12 - Unter dem Vorwand der Bekämpfung der Piraterie am Horn von Afrika will die Bundesregierung das Mandat der EU-Truppen auf Angriffe aus der Luft und auf Bodeneinsätze an der somalischen Küste ausweiten. Das Bundeskabinett hat gestern beschlossen, dass bis zu 1.400 deutsche Soldaten dort eingesetzt werden können und die Marine bis zu zwei Kilometer tief gegen "logistische Einrichtungen" der Piraten am Strand von Somalia vorgehen darf. Damit erhöht sich die Kriegsgefahr in Somalia und ihre Ausweitung in der gesamten Region.
Somalia ist das wohl am tiefsten zerrüttete Land Afrikas. Es liegt am Horn von Afrika und am Golf von Aden, der zweitwichtigsten Seestraße der Region, über den ein Großteil des asiatisch-europäischen Handels verläuft. Für Deutschland kommen allein 56 Prozent seiner Rohölimporte über den Seeweg. Diese strategisch bedeutsame Lage macht aus dem Land ein Zentrum des Kampfes der Imperialisten um die Kontrolle der Region. Der Militäreinsatz soll momentan vor allem deshalb intensiviert und auf Landeinsätze ausgeweitet werden.
Ende 2008 beschloss die EU unter dem Namen "Operation Atalanta" ihren ersten gemeinsamen Marineeinsatz mit dem verlogenen Argument, damit die "humanitären Hilfslieferungen" nach Somalia vor Piraten schützen zu wollen und die "freie Seefahrt" zu gewährleisten. Mit Zustimmung von SPD und Grünen beteiligt sich seitdem die Bundeswehr mit Versorgungsschiffen, Fregatten und Hubschraubern an diesem kriegerischen Auslandseinsatz. Seit geraumer Zeit bombardiert die US-Luftwaffe somalische Städte und lässt Menschen mit Drohnen töten – alles im Namen des "Kampfs gegen den Terrorismus".
Von imperialistischen Mächten geschürte Machtkämpfe im Innern, gescheiterte Interventionen, wie die der US-Armee im Jahr 1993, ließen das Land im Chaos versinken. Mehr als eine Million Menschen sind Flüchtlinge im eigenen Land. Das ist jeder zehnte der – geschätzten – 10 Millionen Einwohner. Ein gewaltiger Tsunami im Jahr 2004 schwemmte in großen Mengen zuvor im Meer versenkten Giftmülls (darunter auch Atommüll) an Land und verseuchte ganze Landstriche. Europäische, japanische und chinesische Fangflotten fischten systematisch die somalischen Küstengewässer leer und machten die einheimischen Fischer brotlos. Von der Klimakatastrophe verursachte Dürren sorgen immer wieder für Hungerkatastrophen, zuletzt waren im Sommer 2011 drei Millionen Somali betroffen.
So waren es zunächst verarmte Fischer, die Schiffe kaperten und Lösegeld erpressten, um zu überleben. Mittlerweile ist aus der Piraterie auch ein lukratives Geschäft für Banden in- und außerhalb Somalias geworden, die für die Bewaffnung und Professionalisierung der Piraterie sorgen. Mit den Marineeinsätzen der EU wurde die Zahl der gekaperten Schiffe reduziert – an den Grundproblemen hat sich nicht das Geringste geändert. Im Gegenteil.
Die Turbulenzen der anhaltenden Weltwirtschafts- und Finanzkrise steigern die allgemeine Kriegsgefahr. Das ganze "Atalanta"-Unternehmen mitsamt der geplanten Ausweitung auf Landoperationen muss ebenso entschieden abgelehnt werden wie jeglicher Bundeswehreinsatz im Ausland!