Politik

Was Gauck in seiner Rede in den Niederlanden wirklich sagte ...

06.05.12 - Am 5. Mai, der in den Niederlanden seit 1995 als Tag der Befreiung vom Hitlerfaschismus gefeiert wird, hat als erstes ausländisches Staatsoberhaupt Bundespräsident Gauck bei der Gedenkveranstaltung in der "Grote Kerk" von Breda eine Rede gehalten, die in den bürgerlichen Medien hoch gelobt wurde. Joachim Gauck gedachte den über 115.000 niederländischen Juden, die von den Faschisten ermordet wurden, der Widerstandskämpfer gegen die faschistische Besatzung und der Hunderttausenden Zwangsarbeiter. Gauck würdigte auch den unter Führung der Kommunisten ausgelösten Generalstreik 1941 in Nordholland.

Ehemalige Widerstandskämpfer und Antifaschisten kritisierten jedoch den Besuch von Gauck massiv, weil Deutschland seit 1952 den früheren Waffen-SS Mann und Kriegsverbrecher Klaas Carel Faber nicht ausliefert. Faber war in den Niederlanden zunächst zum Tode, dann zu lebenslanger Haft verurteilt worden. 1952 floh er nach Deutschland und lebt seither unbehelligt in Ingolstadt.

Nachdem am 10. Mai 1940 die Truppen des faschistischen Deutschlands die bis dahin seit 130 Jahren in keinen Krieg verwickelten Niederlande überfielen, kapitulierten die niederländischen Streitkräfte am 15. Mai nach der massiven Bombardierung der hart umkämpften Stadt Rotterdam. Hitler setzte den Faschisten Arthur Seyß-Inquart als "Reichskommissar" ein, der zuvor verantwortlich war für die Ausplünderung Polens und die Ermordung Tausender Menschen.

Seyß-Inquart lässt auf brutalste Weise Tausende von Arbeitern zwangsrekrutieren, die niederländische Wirtschaft ausbeuten und die Deportation von 107.000 Juden in Konzentrationslager vornehmen. Nach der Deportation von 425 Amsterdamer Juden in das KZ Mauthausen folgten Ende Februar 1941 Hunderttausende Niederländer einem Aufruf der Kommunistischen Partei zu einem Solidaritätsstreik mit der jüdischen Bevölkerung.

Die Faschisten reagierten mit brutalem Terror und sofortiger Erschießung von Verdächtigen auf den wachsenden Widerstand. Dennoch kommt es am 30. April 1943 nach massenhaften Internierungen von Zwangsarbeitern zu einem Generalstreik. Seyß-Inquart verhängte daraufhin den Ausnahmezustand, der bis zur Kapitulation der deutschen Truppen in den Niederlanden am 5. Mai 1945 andauerte.

Gauck verknüpfte das Gedenken damit, die bürgerliche Theorie von der "Schuld aller Deutschen" am Hitlerfaschismus aufzuwärmen. Er sagte:"Gerade weil wir Deutsche uns der Last und der Schuld der Geschichte gestellt haben, gilt für uns, gilt auch für mich: Wir feiern gemeinsam mit allen die Befreiung vom nationalsozialistischen Joch". Diese nach dem Krieg von den westlichen Alliierten und der bürgerlichen Geschichtsschreibung verbreitete Theorie soll die Diktatur der Monopole als Verursacher des Faschismus aus der Schusslinie nehmen.

Der Faschismus ist eine diktatorische, terroristische Herrschaftsform des Monopolkapitalismus. In den Buch "Morgenröte der internationalen sozialistischen Revolution" heißt es zur Frage der "Kollektivschuld": 
"Auch wenn die Kommunisten durch ihre Mitverantwortung für das Scheitern der antifaschistischen Einheitsfront gegen den Hitler-Faschismus nicht von Schuld freizusprechen sind, ist die bürgerliche Theorie der »Kollektivschuld« entschieden abzulehnen. Diese setzt Täter und Opfer gleich, nimmt das Finanzkapital als Drahtzieher des Hitler-Faschismus aus dem Schussfeld und verleugnet und diffamiert den mutigen und opferreichen Widerstand zahlloser Kommunisten, Sozialdemokraten und Christen." (S.249)

Gauck verlor in seiner Rede kein Wort über die maßgebliche Rolle der "Roten Armee" bei der Zerschlagung des Hitlerfaschismus. Er traute sich zwar nicht, Faschismus und Kommunismus gleichzusetzen, wie er es sonst zu tun pflegt, lässt dies aber durchklingen, wenn er von der Durchsetzung von "Freiheit und Rechtsstaatlichkeit" in Europa spricht.

Ganz im Sinne des staatlichen, bürgerlichen Antifaschismus versucht Gauck mit dem Begriff "Die Freiheit verteidigen" die Brücke zu schlagen, von der Berechtigung des Kampfes gegen faschistische Diktaturen zu imperialistischen Einsätzen der NATO: "Deutsche und Niederländer wissen nicht zuletzt durch gemeinsame Einsätze in Afghanistan oder Kosovo, wie langwierig dieser Weg ist und mit welchen Opfern er verbunden sein kann."

Gauck ist als Befürworter der Auslandseinsätze der Bundeswehr und des imperialistischen Krieges in Afghanistan bekannt. Die Auslandseinsätze unter deutscher und niederländischer Beteiligung haben jedoch nichts mit Freiheit zu tun, sie sollen die imperialistischen Weltherrschaftspläne durchsetzen. 

Gauck vermied in Breda jeden Hinweis auf das millionenfach geforderte Verbot aller faschistischen Organisationen und Parteien. Es war aber eine entscheidende Lehre aus der Zerschlagung des Hitlerfaschismus, wenn es im "Potsdamer Abkommen" (der Siegermächte) von 2. August 1945 heißt: "Die Nationalsozialistische Partei mit ihren angeschlossenen Gliederungen ist zu vernichten; ... es sind Sicherheiten dafür zu schaffen, dass sie in keiner Form wiederauferstehen können; jeder nazistischen und militaristischen Betätigung und Propaganda ist vorzubeugen."