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Linksruck bei Wahlen in Griechenland, Frankreich und Schleswig-Holstein - Schallende Ohrfeige für die Merkel-Regierung

07.05.12 - Die am Sonntag durchgeführten Wahlen in Griechenland, Frankreich und Deutschland zeigen einen Linksruck unter den Massen. Sie sind eine schallende Ohrfeige insbesondere für die EU-Politik von Merkel und Schäuble. In Griechenland ist das Bündnis SYRIZA ("Radikale Linke"), in dem die ICOR-Partei KOE (Kommunistische Organisation Griechenland) ein Aktivposten ist, Wahlgewinner "Nr. 1" der Parlamentswahlen. Es konnte seine Stimmenzahl von 315.665 (2009) auf 1.050.235 Stimmen mehr als verdreifachen und wurde mit 16,7 Prozent der Stimmen zweitstärkste Partei noch vor der sozialdemokratischen PASOK mit rund 14 Prozent. Es liegt mit nur 2 Prozent Abstand knapp hinter der konservativen Nea Dimokratia.

In insgesamt acht Wahlbezirken wurde SYRIZA stärkste Partei mit zum Teil über 20 Prozent der Stimmen. Dazu gehören bedeutende Städte wie Athen, Piräus oder Thessaloniki. Dazu zählt auch der Bezirk Attika, in dem die Stadt Aspropyrgos liegt, wo 400 Stahlarbeiter seit dem 31. Oktober 2011 unbefristet "gegen das Kapital, gegen die Regierung und gegen die Troika" streiken. Ihre Unbeugsamkeit und ihr Streik sind landesweit bekannt. Die Hauptlosungen von SYRIZA lauteten: "Ihr habt ohne uns beschlossen, wir gehen ohne euch vorwärts!" und "Umsturz in Griechenland - ein Zeichen für Europa!" Selbst in den bürgerlichen Medien wird hervorgehoben, dass SYRIZA bei den Massenprotesten immer an vorderster Front stand.

Die neorevisionistische KKE (Kommunistische Partei Griechenlands) kam auf 535.213 Stimmen und damit auf einen Wähleranteil von 8,5 Prozent. DIMAR, eine linkssozialdemokratische Abspaltung von SYRIZA, erhielt 385.397 Stimmen (6,1 Prozent). Alle Parteien links von der PASOK kamen auf zusammen mehr als 32 Prozent der Wählerstimmen.

Die bisherigen Regierungsparteien Nea Dimokratia, PASOK und die ultrareaktionäre LAOS haben zusammen gerade noch 34,99 Prozent der Stimmen. Ihr Stimmenanteil hat sich gegenüber 2009 (83,02 Prozent) mehr als halbiert. In absoluten Zahlen gingen die Stimmen der drei bisherigen Regierungsparteien von 5.694.466 auf 2.205.269 Stimmen zurück.

Aus der breiten Ablehnung der EU-Krisenprogramme zogen auch andere Parteien wie ANAL, eine Abspaltung von Nea Dimokratia, Stimmengewinne (mit 664.160 Stimmen bzw. 8,33 Prozent Wähleranteil). Die offen faschistische Partei Chrysi Avgi ("Goldene Morgendämmerung") kam auf 440.068 Stimmen (6,97 Prozent).

In Griechenland war der Protest gegen die Krisendiktate von EU, EZB und IWF ein Hauptmotiv der Wähler. Das Wahlergebnis ist eine Niederlage von "Troika" und EU, die im Interesse des allein herrschenden internationalen Finanzkapitals - maßgeblich auf Betreiben der deutschen Regierung - rigorose Krisenprogramme durchsetzten bzw. dies vorhaben. Ihre Hoffnung, mit den Wahlen die Lage in Griechenland wieder in den Griff zu bekommen, wurde zum Rohrkrepierer.

Bei der Präsidentschaftswahl in Frankreich ging mit der Abwahl von Nicolas Sarkozy eine 17-jährige Ära zu Ende, in der die reaktionären gaullistischen Nachfolge-Parteien den Amtsinhaber stellten. Der sozialdemokratische Kandidat Francois Hollande kam auf 51,6 Prozent der Stimmen, Sarkozy auf nur noch 48,9 Prozent. Der Wahlkampf war gekennzeichnet durch eine wachsende Suche nach einer gesellschaftlichen Alternative und der Kritik am kapitalistischen System.

Hollande gab sich betont "links" und versprach soziale Reformen. Er forderte eine 75-prozentige "Millionärssteuer", versprach die Wiedereinführung der "Rente mit 60", will 150.000 Arbeitsplätze für junge Arbeitslose schaffen und den Fiskalpakt der EU "neu verhandeln". Damit ist aber auch sein künftiger Spielraum zur verschärften Abwälzung der Krisenlasten geringer, was dem bisherigen Kurs der führenden EU-Imperialisten - besonders Deutschlands - immense Probleme bereiten wird.

Bei den Landtagswahlen in Schleswig-Holstein erlitten vor allem die Regierungsparteien CDU und FDP eine Niederlage. Die CDU hat 97.039 Stimmen - über 19 Prozent ihrer damaligen absoluten Stimmenzahl - gegenüber der Landtagswahl 2009 verloren. Ihr Wähleranteil ging von 31,5 auf 30,8 Prozent zurück. Aber nur noch 18,2 Prozent aller Wahlberechtigten (die Wahlbeteiligung ging von 73,6 auf 60,1 Prozent zurück) wählten sie. Die FDP konnte mit 8,2 Prozent ihren Fall ins "Bodenlose" zumindest zeitweilig stoppen. Allerdings trat ihr Spitzenkandidat Wolfgang Kubicki als "Rebell" gegen die Parteiführung auf und das Ergebnis wird den Richtungsstreit in der FDP verschärfen.

Die bisherigen parlamentarischen Oppostionsparteien konnten von den Verlusten der Regierungsparteien nicht profitieren. Die SPD verlor selbst etwa 4.000 Stimmen gegenüber 2009, die Grünen rund 12.000 Stimmen. Lediglich die Piratenpartei konnte ihre Wahlerfolge als vermeintliche "Protestpartei" fortsetzen. Sie zieht mit 8,2 Prozent erstmals in den Landtag ein.

Der Linksruck drückt sich in Schleswig-Holstein unter anderem darin aus, dass alle Parteien, die als "links" gelten oder mit dem Image einer "Protestpartei" auftraten (SPD, Grüne, SSW, Piratenpartei, Linkspartei) von zusammen 49,9 Prozent im Jahr 2009 auf 58,6 Prozent bei dieser Wahl zugelegt haben. Die Linkspartei fiel von 6,0 auf 2,3 Prozent zurück. Die meisten Stimmen verlor sie dabei an die "Nichtwähler". Hauptsächlich an solche, die nach eigenen Angaben "auf der Suche" sind. Das ist auch ein Boden für die wachsende Offenheit gegenüber revolutionären Antworten.

Natürlich verändern Wahlen nicht die Welt. Aber alle drei Wahlen haben eine große Ausstrahlung auf die Massen in Europa und insbesondere der Wahlerfolg von "Syriza" in Griechenland ist eine Ermutigung für den gemeinsamen länderübergreifenden Kampf gegen die Krisenprogramme sowie für eine sozialistische Zukunft. Am gestrigen Abend gab Errikos Finalis von der ICOR-Partei KOE "rf-news" noch ein aktuelles Interview. Die Entwicklung in Griechenland zeigt das große Potenzial der revolutionären Weltorganisation ICOR und der in ihr mitarbeitenden Parteien.