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7. Internationaler Automobilarbeiterratschlag führt wichtige Auseinandersetzung um höhere Stufe der Arbeitereinheit
18.05.12 - Nach der Führung durch die KZ-Gedenkstätte in Dachau trafen sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des 7. Internationalen Automobilarbeiterratschlags zum festlichen Eröffnungsabend mit gutem Essen, Grußworten, Liedern und der Vorstellung der Delegationen aus 19 Ländern von 4 Kontinenten. Alle brachten ihre hochgesteckten Ziele und Erwartungen an den Erfahrungsaustausch zwischen den Automobilarbeitern aus aller Welt zum Ausdruck und den Wunsch nach internationaler Zusammenarbeit und einer verbindlicheren Koordinierung. „Was kann ein einzelner Mensch tun? Nichts. Wir müssen uns vereinigen. Als Arbeiterbewegung der ganzen Welt. Das ist der Weg des Sieges“ – so z.B. die Kolleginnen und Kollegen aus Russland. „Wir bringen unsere Kampferfahrungen hier ein und wir lernen voneinander, egal ob wir aus einem imperialistischen oder einem abhängigen Land kommen“ sagten die Kollegen von der Automobilarbeiterallianz der Philippinen. Kollegen von GM und Chrysler aus den USA betonten besonders, wie sehr ihnen die Sorge um den Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen der Menschheit am Herzen liegt. „Wir stellen die Devise auf: Schützt die Arbeiter! Schützt unsere Gemeinden! Schützt den Planeten!“
Am Vormittag des 18. Mai begannen dann die Beratungen des 7. Internationalen Automobilarbeiter-Ratschlag (IAAR) in München. Die über 400 Teilnehmer, davon nahezu 80 Kolleginnen und Kollegen aus 19 Ländern von 4 Kontinenten aus aller Welt hörten gespannt den „Weltbericht zur Situation und zum Kampf der Automobilarbeiter und ihrer Familien“. Ein Impulsreferat schloss sich an zur Frage der dringend nötigen Einheit von Arbeiterbewegung und kämpferischer Umweltbewegung. Vom 5. Kontinent, aus Australien erreichte den IAAR während der anschließenden Debatte noch eine Solidaritäts-E-Mail.
Mehrere Bochumer Opel-Kollegen und –Kolleginnen gingen auf die gerade heute bekannt gewordenen Pläne der Geschäftsleitung von General Motors (GM) ein, das Opel-Werk in Bochum zu schließen: „GM hat sich ein denkbar schlechtes Wochenende dafür ausgesucht. Denn heute sind hier auf dem IAAR viele Kollegen und Kolleginnen aus den meisten europäischen Werken von Opel vereint, von den deutschen Werken, aus Gliwice in Polen und aus Saragossa in Spanien, um unseren Kampf untereinander abzustimmen.“
Ein im Weltbericht vorgetragener bewegender Brief von Antwerpener Kollegen, deren Betrieb im letzten Jahr geschlossen wurde, machte auf wichtige Lehren aufmerksam: „Obwohl wir bittere Gefühle dabei hatten, haben wir ihre Lügen geglaubt, Hoffnungen auf einen Investor bis zum letzten Tag gehabt. Das war ein Fehler. Wir waren uns nicht einig genug, um einen neuen Streik zu führen. .... Die internationale Freundschaft und Solidarität zwischen Bochumer Kollegen und uns haben wir aufgebaut gegen den Keil, den GM zwischen uns treiben wollte. Das hat Zukunft für alle Arbeiter. ... Wir wünschen den Bochumern Kraft, Glück und Mut. Dass sie sich nicht blenden lassen bis zum letzten Moment, sondern kämpfen.“ Viele Teilnehmer bekräftigten ihre Bereitschaft, einen gemeinsamen Kampf gegen die Pläne von GM zu organisieren. Die außerordentliche Betriebsversammlung am kommenden Montag ist eine wichtige Gelegenheit zur Organisierung der Solidarität.
Eine Kollegin brachte ihr Bedürfnis zum Ausdruck, mehr darüber zu erfahren, wie es zu bestimmten entschlossenen Kämpfen gekommen ist, welche Auseinandersetzungen darum in der Belegschaft geführt wurden. „Es war ja nicht so, dass die Freundschaft zwischen Antwerpener und Bochumer Kollegen und Kolleginnen von Anfang an tragfähig und fest gewesen wäre. Da gab es doch zunächst auch den Gedanken, es könnte uns in Bochum nützen, wenn Antwerpen geschlossen wird. Da haben wir uns in der Belegschaft gefetzt, darüber diskutiert, dass die Schließung von Antwerpen uns nicht nützt und dass die Solidarität mit den Antwerpenern das Gebot der Stunde ist.“ Jetzt veranstalten die GM-Bosse in Ellesmert Port wieder eine dieser erpresserischen Abstimmungen: wenn die Kollegen auf Lohn und Mindeststandards in den Arbeitsbedingungen verzichten, könnte ihr Standort „gerettet“ werden – auf Kosten des Bochumer Werks. Es gibt Kollegen, die dieser Erpressung trotzen, bisher allerdings eine Minderheit. Eindrucksvoll unterstreicht gerade diese Herausforderung an alle GM-Belegschaften, wie wichtig der Schritt zur verbindlichen Koordinierung der Automobilarbeiter ausgehend von diesem 7. IAAR ist.
Die Delegation von Ssangyong aus Süd-Korea berichtete von ihren harten Kämpfen gegen Entlassungen und politische Unterdrückung. Dazu hatte der Weltbericht ausgeführt: „Herausragende Bedeutung bekam der Streik bei Ssangyong im Jahr 2009 gegen die Vernichtung von 2700 Arbeitsplätzen und die Solidarität aus der ganzen Welt. Über zwei Monate lang hielten 1000 Arbeiter, unterstützt durch die Solidarität der Familien und der Bevölkerung, das Werk besetzt - bis es mit militärischer Gewalt erobert wurde.“ (rf-news berichtete damals darüber). Inzwischen sind 22 Arbeiter an den Folgen ihrer schweren physischen oder psychischen Verletzungen bei diesem Angriff gestorben. Morgen wird in Süd-Korea eine Großdemonstration stattfinden, gegen die Werksleitung die Regierung und den Militäreinsatz. Der IAAR nahm dazu einhellig eine Unterstützungs-Resolution an, die morgen in Seoul verlesen wird.
Eine Kollegin, die in der Solarindustrie beschäftigt ist, forderte einen Schulterschluss der jetzt massiv bedrohten Kollegen in der Solarindustrie und den Autokollegen: „Emissionsfreie Autos – das ist eine Existenzfrage auch für uns. Ich werde den IAAR auch bei meinen Kollegen bekannt machen.“
Ein Redebeitrag galt dem derzeit wichtigsten Arbeiterkampf in Europa, dem ungebrochenen Streik der Stahlarbeiter in Griechenland. Er hat für die internationale Arbeitereinheit herausragende Bedeutung. Sie kämpfen unter der Losung „Schluss mit den Erpressungen“ um ihre Arbeitsplätze und gegen Lohnverzicht. Der Streik ist politisch: er richtet sich gegen die Troika und die griechische Regierung und deren Abwälzung der Krisenlasten auf die Arbeiter und breiten Massen. Auch Automobilarbeiter und Stahlarbeiter müssen sich zusammentun – Arbeiter aller Länder vereinigt euch!
Ein großer Wille ist spürbar, dass die Automobilarbeiter den IAAR zur internationalen Koordination der Automobilarbeiter höher entwickeln und damit einen großen Schritt vorwärts zur internationalen Arbeitereinheit zu machen.