Betrieb und Gewerkschaft
Betriebsversammlung bei Opel in Rüsselsheim: Die Stimmung war am Kochen
Rüsselsheim (Korrespondenz), 14.05.12: Eine "zusätzliche" Betriebsversammlung lief heute von 8.30 bis 10.00 Uhr und wurde "vorübergehend" vom Betriebsrats-Vorsitzenden unterbrochen. Die Gerüchteküche brodelte und die Stimmung der Belegschaft war am Kochen! Die Halle war voll besetzt. Betriebsrats-Chef Wolfgang Schäfer-Klug begann seine Begrüßungsrede mit der Information, er habe eine SMS des Vorstands erhalten, dass er als Betriebsrats- und Aufsichtsratsmitglied zur Verschwiegenheit verpflichtet sei! Er nehme sich aber das Recht, heute eine zusätzliche Betriebsversammlung einzuberufen.
Eine gemeinsame Lösung mit der Geschäftsleitung wäre ihm recht, aber so und in diesem Stil der Gerüchte an die Medien nicht! Er wolle eine Falschinformation der Presse der Belegschaft gegenüber dementieren. Er habe "zu keinem Zeitpunkt weitere Verzichtspläne zu Lohn oder Arbeitszeitverlängerung angeboten". Dafür bekam er großen Applaus der Belegschaft!
Der folgende Beitrag von OPEL-Chef Stracke rief, trotz Beruhigungsversuchen seinerseits, von Beginn an wütende Zwischenrufe, gellende Pfeifkonzerten oder Hohngelächter hervor. Stracke stellte einen sogenannten "Wachstumsplan" mit folgenden Stichworten vor: Sechs neue Modelle, offensives Auftreten auf dem Weltmarkt, z.B. Erschließung neuer Märkte in Afrika. Die Zusammenlegung mit PSA würde im "Internationalen Technischen Entwicklungszentrum" (ITEZ) von Opel keine Stellen kosten. Darauf gebe er sein Ehrenwort – sofort Hohngelächter der Kollegen!
Stracke weiter: die Kosten pro Fahrzeug sollen weiter verringert werden – Pfeifkonzert! Geradezu unverschämt provozierte er die Opelaner: "Wir können doch nicht dauerhaft GM auf der Tasche liegen!" Wieder Hohngelächter der Kollegen aus Produktion und ITEZ! Ohne jede konkrete Festlegung versuchte er vergeblich mit dem Umweltargument zu punkten: "Wir werden an umweltbewussten Konzepten festhalten!"
Um 10.00 Uhr unterbrach der Betriebsrat vorläufig die Versammlung. Wenn Antworten der Geschäftsleitung vorliegen, würde auch die Betriebsversammlung weitergeführt werden. Die auf der Rednerliste aufgeführten Kollegen kamen deshalb nicht mehr zu Wort. Ein von Kollegen verteilter Brief eines zeitweise nach Rüsselsheim zwangsversetzten Bochumer Vertrauensmanns stieß auf Interesse. Der Brief endet mit den Worten:
"Statt auf Produktion aus anderen Werken zu hoffen, sollten wir lieber für eine 30-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich in allen Werken kämpfen. Das würde unsere Arbeitsplätze und Werke sichern und wäre von den 7 Milliarden Rekordgewinn locker bezahlbar. Wir waren immer stark, wenn wir zusammengehalten haben. Schluss mit der Spaltung. Es geht nicht um Bochum, Gleiwitz, England oder Rüsselsheim, es geht um uns alle und die Zukunft unserer Kinder! Keine Werkschließungen und Kampf um jeden Arbeitsplatz."