Umwelt

Schon neuntes Solarunternehmen insolvent

25.05.12 - Am Dienstag wurde mit Inventux Technologies AG eine weitere Insolvenz in der Solarbranche bekannt. In den letzten Wochen meldeten bereits die Firmen Pairan, Q.Cells SE, Solarhybrid, Solar Millenium, Solon, Sovello GmbH, Soltecture GmbH, Die Odersun AG die Insolvenz an. Die "Berliner Zeitung" meldet heute: „Die rund 260 Beschäftigte des insolventen Solarzellenherstellers Odersun bekommen nach der gescheiterten Investorensuche zum 1. Juni ihre Kündigung. Die Hoffnung eines schnellen Einstiegs eines neuen Geldgebers hat sich nicht erfüllt, sagte der Insolvenzverwalter Rüdiger Wienberg.“

Eine Insolvenz tritt in der Regel dann ein,  wenn eine Firma als akut oder drohend zahlungsunfähig bzw. überschuldet erklärt wird. Die Beschäftigten haben einen Anspruch auf drei Monate Insolvenzgeld, maximal für die letzten drei Monate. Während dessen wird von den Investoren entschieden, ob die Arbeitsplätze und Produktion vernichtet werden bzw. welche Teile des Betriebs weiter arbeiten. 

Mit der Einleitung eines Insolvenzverfahrens entbrennt ein heftiger Kampf um die Denkweise in den Belegschaften. Was ist zu erwarten? Agieren oder Abwarten? Was können die Kollegen tun, um für den Erhalt aller Arbeitsplätze zu kämpfen? Eine zentrale Rolle spielt dabei das Insolvenzrecht. In dem Buch von Stefan Engel „Götterdämmerung über der neuen Weltordnung“ heißt es dazu. „Am 1. Januar 1999 trat eine neue Insolvenzordnung in Deutschland in Kraft, die ein verfeinertes Instrumentarium des Staats im Verein mit dem Finanzkapital darstellt, die Krisenlasten auf die nicht monopolisierte Bourgeoisie abzuwälzen und die Probleme einzelner Unternehmer gegebenenfalls zu nutzen, um den Prozess der Neuorganisation der internationalen Produktion voranzutreiben. (…) Das alles soll natürlich mit der Absicht geschehen, das »Sanierungsziel zu erfüllen«. In der Regel werden mit der scheinheiligen Begründung der »Rettung der restlichen Arbeitsplätze« massiv Arbeitsplätze abgebaut. Damit soll der nötige harte Kampf um jeden Arbeitsplatz unterlaufen werden. Dies geschieht nicht selten mit Duldung oder aktiver Mitwirkung der rechten Gewerkschaftsführung.“ („Götterdämmerung über der 'neuen Weltordnung'“, S. 422).

Das Paradebeispiel ist Schlecker. In einer ersten Stufe wurden im März mehr als 2.000 Filialen dicht gemacht und rund 10.000 Beschäftigte entlassen. Den restlichen 13.500 wurden Hoffnungen auf einen "Investor" gemacht, der sie übernehmen könnte. Das wurde ausgenutzt um die Arbeitsbedingungen zu verschärfen. Heute wird in den Massenmedien gemeldet, dass nicht genannte Kreise verlautbaren ließen, der einstige "Karstadt-Retter" Berggruen hätte Interesse bekundet.  Dabei hatte der Insolvenzverwalter Arnd Gleiwitz am Dienstag dem Manager-Magazin mitgeteilt,  dass "die Gläubiger noch Ende der Woche die Zerschlagung des Unternehmens beschließen" wollen, bevor eine große Entschädigungsklagewelle auf Schlecker zukomme. So sollen die Beschäftigten in einem Klima von Hoffen und Bangen zermürbt werden. 

Ungeachtet aller negativen Erfahrungen bezeichnet der  Bezirksleiter  der IGBCE Erhard Koppitz  den Insolvenzantrag von Sovello als einen „Befreiungsschlag“, „Insolvenz bedeutet nicht das Aus.“ Es sei die Aufgabe des künftigen Insolvenzverwalters und des Betriebsrats so viele Arbeitsplätze wie möglich zu retten. Mit der Parole „möglichste viele Jobs retten“ wird aber Sand in die Augen der Beschäftigten gestreut und die Kollegen sollen  in eine passive Abwartehaltung gedrängt werden. Die Insolvenzverfahren sollen keine Arbeitsplätze retten, sondern sie sind eine Hauptmethode massenhaft Arbeitsplätze zu vernichten bzw. die Ausbeutung der Arbeitskraft zu steigern. „Das Insolvenzrecht ist zudem eine Methode, um ein insolventes Unternehmen auf Kosten der Arbeiter und Angestellten zu sanieren oder stillzulegen, wenn kein Maximalprofit mehr zu erzielen ist.“ (ebenda, S. 423) Das läuft darauf hinaus, dass die hauptsächlich nichtmonopolistische Solarindustrie in Deutschland liquidiert wird und sich die internationalen Großkonzerne  die Patente und das technische Know How. unter den Nagel reißen. Die Regierung unter maßgebender Führung von Rösler  hat mit der Kürzung der Solarstromförderung im "Erneuerbaren Energie-Gesetz" (EEG) die  Rahmenbedingung dafür geschaffen. Umweltverbände kritisieren, dass damit auch der notwendige beschleunigte Ausbau der erneuerbaren Energien ausgebremst wird.

Dagegen muss der Kampf um jeden Arbeitsplatz auf Kosten der Profite mit dem Kampf für den Ausbau erneuerbarer Energie-Technologie verbunden werden.  Das erfordert, mit der Täuschungs- und Unterdrückungspolitik des Insolvenzrechts fertig zu werden. Ein selbständiger Streik in einem Solarbetrieb hätte eine wichtige Signalwirkung für alle Beschäftigten nicht nur in der deutschen Solarbranche. Dabei ist die MLPD den Kolleginnen und Kollegen mit ihrem Knowhow zur Führung von Arbeiterkämpfen ein verlässlicher Partner.