Umwelt

Teil-Veto der brasilianischen Präsidentin gegen Waldgesetz völlig unzureichend

27.05.12 - Dilma Rousseff, brasilianische Präsidentin, hat gegen zwölf von 84 Paragraphen des neuen Waldgesetzes ein Veto eingelegt. Rund 80 Prozent der brasilianischen Bevölkerung haben sich gegen das Gesetz ausgesprochen und von der Präsidentin erwartet, dass sie es mit einem Gesamtveto zu Fall bringt. Offenbar hat sie den Artikel abgelehnt, der das illegale Roden des Amazonas-Regenwaldes, sofern es vor 2008 stattfand, straffrei stellen sollte. Außerdem soll die Pflicht zur Wiederaufforstung gerodeter Flächen weiter bestehen. Das Teilveto der Präsidentin, über dessen Einzelheiten am morgigen Montag von der brasilianischen Regierung informiert werden wird, kann mit einer Mehrheit in beiden brasilianischen Kongresshäusern überstimmt werden.

Die Novellierung des sogenannten "Código Florestal" war auf Drängen der brasilianischen und internationaler Agrarkonzerne im Dezember 2011 auf den Weg gebracht und im April 2012 vom brasilianischen Parlament verabschiedet worden. Die Gesetzesnovelle sah beträchtliche Lockerungen von Umweltschutzauflagen vor und eine nachträgliche Legalisierung von zuvor illegal durchgeführten Regenwaldrodungen. Nach dem bisherigen brasilianischen Waldgesetz müssen Landbesitzer bestimmte Teile ihres Eigentums wie Naturschutzgebiete behandeln und dürfen sie nicht abholzen.

Dieser Anteil soll im neuen Waldgesetz auf weniger als 15 Prozent reduziert werden. Zuvor schon standen die Schutzbestimmungen nach Angaben von Umweltaktivisten in Brasilien überwiegend nur auf dem Papier. Mehr als 20 Prozent der Amazonaswälder wurden schon abgeholzt, 93 Prozent der Atlantik-Küstenwälder und über die Hälfte der Savannenwälder. Nicht einmal ein Prozent der gegen illegale Abholzer verhängten Bußgelder hat die Umweltbehörde bisher tatsächlich eingetrieben.

Umweltschützer in Brasilien und weltweit waren seit Monaten gegen das Gesetz Sturm gelaufen. Die Zerstörung des tropischen Regenwaldes, der "grünen Lunge" des Planeten, gehört schon seit Jahrzehnten zu den hauptsächlichen Faktoren für das Umschlagen der Umweltkrise in eine globale Umweltkatastrophe. Der Regierung in Brasilia waren letzten Donnerstag zwei Millionen Unterschriften gegen das Gesetz überreicht worden.

Viele argumentierten auch damit, dass Brasilien als Gastgeber des in vier Wochen stattfindenden UN-Gipfels "Rio+20" über "Umwelt und nachhaltige Entwicklung" nicht mit der Zerstörung des Regenwaldes fortfahren könne. Tatsächlich haben die internationalen Umweltkonferenzen der Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen der Menschheit bisher noch keinerlei Einhalt geboten. Dies kann nur eine weltweite Front aktiven Widerstands im gemeinsamen internationael koordinierten Kampf.

Der brasilianische Agrarminister Ribeiro Filho beruhigte umgehend die internationalen Agrar- und Handelsmonopole, durch die Änderungen der Präsidentin werde Brasilien nichts von seiner Kapazität als einer der weltgrößten Nahrungsmittelproduzenten einbüßen. Es sind keineswegs die kleinen Landbesitzer, die von einer Ausweitung der Anbauflächen profitieren würden.

Wie in Afrika, Asien und Lateinamerika insgesamt wurden und werden auch in Brasilien die kleinen Selbstversorgerbauern in Heerscharen von ihren Höfen vertrieben. Ein Hauptgrund für die systematischen Brandrodungen ist die Ausdehnung der Flächen für Sojaanbau sowie Zuckerrohr für die Bio-Sprit-Produktion. Die internationalen Agrarkonzerne wollen, dass 50 Prozent des Amazonasgebiets für Ackerbau und Viehzucht genutzt werden dürfen. Brandrodungen zerstören nicht nur den Regenwald, sondern sind auch hauptverantwortlich für die Kohlendioxid-Emissionen in Brasilien.

(siehe auch: "Die Bedrohung der Lebensgrundlagen der Menschheit durch die globale Umweltkatastrophe" in "Morgenröte der internationalen sozialistischen Revolution", Seite 188ff - hier zum Download)