International
Spanien: Bergarbeiter setzen sich an die Spitze wachsender Massenproteste gegen Krisendiktate
01.06.12 - An den Protestaktionen der spanischen Bergarbeiter gestern in Madrid (siehe "rf-news"-Bericht) haben nach Gewerkschaftsangaben sogar über 12.000 Kumpel zusammen mit Familienangehörigen teilgenommen. Die "Mineros" drangen dabei zeitweise auch in das Industrieministerium vor. Zu einer zunächst geplanten Besetzung kam es aber nicht. Erst danach ging die Polizei brutal unter anderem mit Tränengasgranaten gegen die Kumpel vor, die sich massiv zur Wehr setzten. 14 Personen, davon zehn Polizisten, wurden verletzt.
An der Aktion in der Hauptstadt waren Bergarbeiter von über 40 Zechen in den nördlichen Bergbauregionen Spaniens beteiligt. Sie war, begleitet von weiteren Autobahnblockaden, der bisherige Höhepunkt ihres Anfang letzter Woche in der Provinz Asturien begonnenen Kampfs. Die beiden Gewerkschaften CCOO und UGT hatten für den 23./24. Mai zu einem ersten Streik aufgerufen, der zu 100 Prozent befolgt wurde. Seither gibt es in Nordspanien immer wieder selbständige Streiks, Protestaktionen und Verkehrsblockaden. Mehrere Zechen wurden besetzt. Teilweise haben sich Bergarbeiter auch unter Tage verbarrikadiert.
Die reaktionäre spanische Regierung unter Manuel Rajoy will im Zuge eines Gesamtpakets zur Energiepolitik (das unter anderem die Forcierung der AKW-Nutzung vorsieht) 64 Prozent der bisher gezahlten staatlichen Subventionen für den Bergbau streichen. Das kommt nach Aussagen der Gewerkschaften einem "Todesurteil" für die verbliebenen 40 Zechen, rund 8.000 Arbeitsplätze unter Tage und weitere davon abhängige 17.000 Arbeitsplätze gleich. In den vergangenen 20 Jahren wurden im spanischen Bergbau bereits 40.000 Arbeitsplätze vernichtet.
Unter dem Stichwort der "Kürzung von Subventionen" läuft auch in Deutschland der Plan zur Stilllegung des gesamten Steinkohlebergbaus bis 2018 (siehe "rf-news" vom 9.3.12). Die dazu letztes Jahr beschlossene Änderung des Steinkohlefinanzierungsgesetzes setzt europaweite Vorgaben der EU-Kommission vom November 2010 um (siehe "rf-news" vom 14.4.11), genauso wie jetzt die Beschlüsse der spanischen Regierung.
Dieser Regierungsbeschluss ist zugleich Teil eines drastischen Krisenprogramms, das große Teile der spanischen Bevölkerung in Armut und Arbeitslosigkeit stürzt. Es geht maßgeblich auf den Druck der EU-Kommission und insbesondere der deutschen Regierung zurück und wurde von Bundeskanzlerin Merkel erst gestern als vorbildlich gelobt.
Eine spanische Migrantin berichtet gegenüber "rf-news", was es für die Werktätigen bedeutet: "Es gibt immer mehr Zwangsräumungen. Junge Familien müssen mit ihren Kindern zu ihren Eltern zurück ziehen, weil sie sich von den gekürzten Löhnen bzw. dem minimalen Arbeitslosengeld keine eigene Wohnung mehr leisten können. Wenn jetzt dem Bankenkonsortium 'Bankia' weitere 23 Milliarden Euro an Staatsgeldern zugeschossen werden, führt das und die gleichzeitigen Angriffe auf die Masse der Bevölkerung zu breiter Empörung."
Gegen die Bestandteile und Folgen des Krisendiktats kommt es in den letzten Wochen zu einem Aufschwung der Kämpfe in unterschiedlichsten Branchen und gesellschaftlichen Bereichen. Am 22. Mai streikten in allen Regionen die Lehrer von der Vorschule bis zur Universität gegen geplante Kürzungen von 3 Milliarden Euro im Bildungssystem. Am Abend des gleichen Tags demonstrierten in ganz Spanien über 600.000 Menschen, in Barcelona und Madrid allein jeweils über 100.000. Geplant sind weitere Streiks unter anderem im Gesundheitswesen. Und immer wieder flackern selbständige Streiks in Industriebetrieben, oft verbunden mit Autobahnblockaden, auf.
Der Kampf der Bergarbeiter richtet sich gegen das gleiche Krisenprogramm und hat Ausstrahlung auf die wachsende Protestbewegung. Bei einer Streikversammlung haben die asturischen Bergarbeiter gestern die unbefristete Fortführung ihres Streiks beschlossen. Von Bedeutung ist nicht nur ihr Zusammenschluss mit den kämpfenden Arbeitern und Beschäftigten anderer Branchen, sondern auch mit dem Protestbewegungen gegen Krisenprogramme in anderen europäischen Ländern und insbesondere mit der internationalen Bergarbeiterbewegung gegen die europaweit koordinierten Stilllegungspläne. Eine hervorragende Gelegenheit dafür ist die Vorbereitung und Durchführung der 1. Internationalen Bergarbeiterkonferenz vom 1. bis 3. März 2013 in Arequipa (Peru). Die spanischen Bergarbeiter brauchen jetzt unsere Solidarität - gerade auch die der Bergarbeiter in Deutschland.
Hier Adressen für Solidaritätserklärungen:
- UGT Asturias,
Plaza General Ordoñez 1,
33005 Oviedo,
Asturias, Tel.: 985 25 38 22,
Fax: 985 25 75 64
- CGT Asturies: cgt-asturias@cgt.es
- Oviedo:
sorganizacion@asturias.ugt.org,
Guijón: ucgijon@asturias.ugt.org
- weitere Orte in Asturien unter: http://www.ugt.es/sedes/sedesasturias.htm
Federación de Industria de CCOO, C/ Fernández de la Hoz nº 12, 2ª planta, 28010 Madrid, Tel.: 91 310 41 11, E-Mail: comunicacion@industria.ccoo.es
Juan Carlos Á. Liébana, secretario de Industrias Extractivas de la Federación de Industria de CCOO