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Spanien: Bis zu 100 Milliarden vom "Rettungsschirm"

11.06.12 - Die spanische Regierung will bis zu 100 Milliarden Euro aus dem Euro-Rettungsfonds ESM beantragen, um die Banken, die teilweise vor dem Zusammenbruch stehen, finanziell zu stabilisieren. Offiziell wird der Antrag erst in den nächsten Wochen gestellt werden. Die Regierung wollte keiner "Rettung" zustimmen, die mit Auflagen für eine Verschärfung des Krisenprogramms in Spanien verbunden wäre - und tatsächlich ist es der erste Fall, dass von den EU-Regierungen so einer Kreditvergabe ohne Auflagen für die staatliche Krisenpolitik zugestimmt wird. Bei Griechenland z.B. ist es eine wesentliche Seite des sogenannten "Rettungsschirms", das Land dem Diktat der führenden EU-Länder, v.a. Deutschlands, zu unterwerfen.

Gleichzeitig ist es für die Herrschenden Europas auch eine Zwickmühle: Denn die jetzt beschlossene Art der Kreditvergabe aus dem ESM zeigt klar, dass es nicht um die "Sanierung" eines Landes geht, sondern dass mit den 100 Milliarden schlichtweg die großen Banken bedient werden. Diese neue Entwicklung hat zwei Gründe: Im Unterschied zu Griechenland ist Spanien selbst ein imperialistisches Land, Sitz mächtiger Monopole wie z.B. dem Ölkonzern Repsol. Es ist die viertgrößte Volkswirtschaft in der EU.
Vor allem aber ist der Verzicht auf weitere Auflagen ein Zugeständnis, um die Widersprüche in Spanien nicht weiter zu verschärfen hin zu einer unkontrollierbaren Situation.

Denn seit drei Wochen stehen die 8.000 spanischen Bergarbeiter in einem Streik, der mit großer Entschlossenheit geführt wird. Die Regierung hat eine Kürzung der Subventionen von 301 Millionen Euro im Jahr 2011 auf nur noch 111 Millionen Euro beschlossen - das würde das Aus für die spanischen Zechen und 30.000 Arbeitsplätze bedeuten, die direkt oder indirekt betroffen sind. Die streikenden Bergarbeiter besetzen Zechen, blockieren Straßen und Bahnstrecken, es gibt tägliche Zusammenstöße mit der Polizei. In einigen Zechen gibt es Untertage-Streiks.

Der Kampf der Bergarbeiter verbindet sich mit dem Massenwiderstand gegen die Regierungspolitik: Im Februar wurde in Spanien der Kündigungsschutz gelockert v.a. mit niedrigeren Abfindungen bei Kündigungen. Unternehmen haben die Möglichkeit, "im Krisenfall" Tarifverträge sowie Regelungen zur Arbeitszeit und Lohnabsprachen auszusetzen bzw. "flexibel" zu handhaben. Hunderttausende protestierten am 19. Februar in über 50 Städten dagegen. Im März beschloss Spanien auf Forderungen der EU ein sogenanntes "Anti-Krisen-Paket" als Teil des Haushalts, das zahlreiche Streichungen v.a. im sozialen Bereich und Sondereinnahmen von 27 Milliarden Euro vorsieht - vor allem aus Steuererhöhungen. Gekürzt werden Investitionen für Schulen, Krankenhäuser, für den Straßenbau und für Bahnstrecken. Gekürzt wird bei der Pflegeversicherung und bei Hilfen für junge Leute. Die Löhne im öffentlichen Dienst wurden eingefroren, die Arbeitszeit ohne Lohnausgleich von 35 auf 37,5 Stunden verlängert. Freie Stellen sollen nicht mehr besetzt werden. Auch gegen dieses Programm gab es Massenwiderstand - mit Hunderttausenden bei Demonstrationen und dem Höhepunkt eines Generalstreiks am 29. März.

Es ist nicht verwunderlich, dass der Bergarbeiterstreik in den bürgerlichen Medien in Deutschland totgeschwiegen wird. Die spanischen Bergarbeiter stehen an vorderster Front eines bewussten Kampfes gegen die Krisenpolitik der EU. Sie kämpfen gegen die gleiche EU-Richtlinie, die auch in Deutschland die Stilllegung der Zechen vorantreibt und massenhaft Arbeitsplätze vernichtet. Es ist eine wichtige Klassenauseinandersetzung des internationalen Industrieproletariats gegen das internationale Finanzkapital und eine Herausforderung, diesen Kampf gemeinsam zu führen!