International

Nachwahlen in Griechenland - Linksruck verstärkt sich

18.06.12 - Gestern am Sonntag wurden die Neuwahlen in Griechenland wiederholt und international mit Spannung verfolgt. Sie endeten mit einem erneuten knappen Sieg der reaktionären Nea Demokratia (ND) mit 29,66%. Den bedeutendsten Erfolg erzielte aber das Bündnis der Radikalen Linken (Syriza), das sich von 1.061.282 auf 1.653.994 Stimmen (26,89%) steigern konnte. Aufgrund der Polarisierung in den Massenmedien zwischen Syriza und ND und ihren beiden Spitzenkandidaten verloren die anderen Parteien z.T. massiv an Stimmen. Vor allem die sozialdemokratische Pasok, die lange Zeit die Regierung stellte, rutschte weiter von 13,18 auf 12,28 % ab. ND und die Pasok sind zwar in der Lage, mit absoluter Mehrheit eine Regierung zu bilden. Der Versuch aber bei der Wiederholung der Wahlen stabile Verhältnisse für die Durchsetzung des EU-Krisenprogramms zu schaffen, ist jedoch gescheitert. Wenn jetzt eine Regierung von ND und Pasok gezimmert wird, so sind das für die Massen die Parteien, die von vielen als "korrupt" bezeichnet werden und das Land in die Krise geführt haben. Sie wollten und wollen das EU-Diktat durchdrücken. 

Wie keine andere Wahl zuvor stand sie unter direkter und indirekter Einflußnahme durch die führenden EU-Staaten, allen voran die Bundesregierung. Es wurde ein regelrechtes Horrorszenario entworfen. „Für oder gegen die  EU“, hieß es demagogisch. Der Syriza-Vorsitzende Tsipras wurde zum „Schrecken Europas“ stilisiert. In Griechenland selbst wurde versucht, das Bündnis durch Angriffe  auf die marxistisch-leninistische Organisation KOE zu spalten. Nach Umfragen lehnt die Mehrheit der Griechen die dramatische Verschlechterung der Lage durch die EU-Programme ab, ohne jedoch einen Austritt aus der EU zu befürworten. Deshalb sollte eine „hysterische Stimmung“ erzeugt und gleichzeitig Hoffnungen auf Nachverhandlungen und Abmilderung geschürt werden. Das hat bei vielen zu einer Verunsicherung geführt und sie haben aus taktischen Gründen ND gewählt. Das drückt sich auch im Rückgang der Wahlbeteiligung von 65,1% auf 62,4% aus trotz der Polarisierung.

In einer arroganten Einmischung in die Wahlentscheidung des griechischen Volkes lehnte Merkel jede Änderung des EU-Diktates ab: Die Ablehnung des Krisenprogrammes durch die griechischen Massen verunglimpft sie als egoistischen Wunsch nach einer "Sonderbehandlung". Wenn die EU dieser nachgeben würde,  „dann würden auch Spanien und Italien auf bevorzugte Behandlung pochen“. Und das sei eine  „verheerende Signalwirkung“ . Eine Signalwirkung allerdings, aber für den Massenkampf gegen ihre volksfeindliche EU-Politik. Ein erneuter Einbruch in der Wirtschafts- und Finanzkrise droht. Bei den führenden EU-Mächten greift die Angst vor einem Übergreifen der Krise der EU auf das gesamte Weltwirtschafts- und Finanzsystem um sich. Daher  die panischen Krisensitzungen sowie Krisenmaßnahmen an den Börsen, in Brüssel in der Vorbereitung des G20-Gipfels.

Der Wahlerfolg für Syriza ist ein klares Signal des ungebrochenen Massenwiderstandes gegen die EU-Krisenprogramme. Unmittelbar nach dem Wahlergebnis versuchte der Pasok-Vorsitzende, Syriza in eine Große Koalition einzubinden. Dadurch hoffte er, den Massenwiderstand lähmen zu können. Syriza wies dies umgehend zurück und erklärte, dass der Kampf auf der Straße fortgeführt werden muss. Innerhalb von Syriza verkörpert die KOE den revolutionären Flügel. In einer ersten Reaktion erklärte Errikos Finalis: „Das Wahlergebnis ist ein großer Erfolg, aber die Situation in Griechenland ist insgesamt sehr schwierig.“ Umso bedeutender ist, dass  es zur Zeit mehrere Streiks im Industrieproletariat gegen Entlassungen, Lohnsenkungen und für das Streikrecht gibt. Die Beteiligten stellen das bewusst in den Zusammenhang gegen die "Sparprogramme" der Troika. 

Griechenland steht nicht allein. Das Signal des Kampfes der griechischen Stahlarbeiter von Aspropirgos  wurde in Spanien mit dem landesweiten Kampf der Bergarbeiter auf eine neue Stufe gehoben. In Italien protestierten über 200.000 gegen das Krisendiktat der EU. Die Höherentwicklung des Massenwiderstandes und die Verankerung des Sozialismus als Perspektive sind in dieser Situation eine entscheidende Aufgabe. Die Zusammenarbeit der revolutionären Parteien in der ICOR und ihr Europa-Seminar zusammen mit der MLPD Anfang November wird zur erfolgreichen Bewältigung dieser Aufgabe beitragen.