Umwelt

Der „Faktor a“ und dicke Luft zwischen den europäischen Autokonzernen

01.07.12 - Die Klima-Kommissarin der EU, Connie Hedegaard, hat aktuell einen Gesetzentwurf für neue, niedrigere CO2-Schadstoffausstoße für Autos vorgelegt. Dieser bringt vor allem die Vorstände der deutschen Premium-Autohersteller auf die Palme. Denn bislang sind sie mit der von ihnen massiv beeinflussten EU-Regelung gut gefahren. Damit kann der bisher geltende Grenzwert für die Neuwagenflotte von den PS-starken und schweren Autos umgangen werden. Dafür gibt es den „Faktor a“. Die Zeitschrift „Die Welt" vom 15. Juni bezeichnete ihn als „eine politisch festgelegte Zahl, die bestimmt, in welchem Umfang Autos, die schwerer als das Durchschnittsmodell in der EU sind, mehr Schadstoffe ... ausstoßen dürfen.“

Nun soll nach dem Hedegaard-Plan der Faktor deutlich verringert werden, von 0,045 auf 0,0296. Das würde vor allem Fiat, PSA Peugeot Citroën oder Renault mit ihren im Schnitt kleineren Modellen gegenüber Audi, BMW oder Mercedes begünstigen.
Doch die großen deutschen Premiumhersteller wissen z.B. den Industriekommissar Antonio Tajani hinter sich. Sein Positionspapier enthält „flexiblere“ Festlegungen, nach denen auch "Infrastruktur, Fahrerverhalten und andere Maßnahmen" bei den Grenzwerten angerechnet werden.  Das brachte selbst den CSU-Europaabgeordneten Markus Ferber ... zur spitzen Feststellung:  scheinbar störe "nur noch der Fahrer, um strengere CO2-Grenzwerte einhalten" zu können.“ („Die Welt“,  vom 5.6.12)

Der Hintergrund für den öffentlichen Schlagabtausch in der EU-Kommission ist der verschärfte Konkurrenzkampf, der mit massiven Absatzeinbrüchen insbesondere bei den  französischen und italienischen Autokonzernen einhergeht. Die "Cars-21-Gruppe", zu der sich führende Vertreter der EU, Autokonzerne und Gewerkschaften zusammengeschlossen haben, hat in einem 90-seitigen Strategiepapier erklärt, dass Brüssel mehr Fördergelder für die europäische Autoindustrie fließen lassen müsse, um die Anpassung an die verschärfte Konkurrenz und 'Umsattelung auf saubere Technologien' zu unterstützen. Und dazu müsse sich auch "der Industriekommissar in Sachen CO2-Regulierung im Kollegium gegen seine Klima-Kollegin Connie Hedegaard durchsetzen." ("weltonline" vom 5.6.12)

Das ist eine offene Kampfansage an die Arbeiter- und Umweltbewegung. Während eine massive Arbeitplatzvernichtung, wie jetzt bei GM/Opel/PSA geplant ist, sollen gleichzeitig nicht weniger massiv Umweltstandards abgebaut werden. Der sogenannte „Umweltschutz“ entpuppt sich hier als Schutz für die Maximalprofite der führenden Autokonzerne. Dafür sollen unsere natürlichen Lebensgrundlagen, die Arbeitsplätze und Existenzgrundlage von hunderttausenden Arbeitern und ihrer Familien, sowie die öffentliche Finanzen und Daseinsvorsorge buchstäblich unter die Räder kommen. Ein Grund mehr, dass die Arbeiter- und Volksbewegung den Kampf um jeden Arbeitsplatz und den Kampf um die sofortige Umstellung der Produktion auf Null-Emmissionsautos führt. Ebenso für die Verlagerung von dem LKW- und PKW-Verkehr von der Straße auf die Schiene.