Betrieb und Gewerkschaft
Letzte Schicht im Saarbergbau - ein Tag der Stärkung der kämpferischen Bergarbeiterbewegung
02.07.12 - Am 30. Juni 2012 wurde das letzte Bergwerk an der Saar geschlossen. Damit endete offiziell eine 250 Jahre dauernde Ära, die das gesamte Saarland und seine Menschen geprägt hat. Rund 10.000 Kollegen, ihre Familien und Freunde kamen zur "Mettenschicht". Ein Korrespondent aus Saarbrücken berichtet:
"Monatelang wurde dieser Tag vorbereitet. Es verging kaum ein Tag, an dem die Medien nicht über den Bergbau berichteten: Von dem harten Leben der Bergleute und ihrer Familien, von der Bedeutung für die wirtschaftliche Entwicklung im Saarland, aber auch von den negativen Begleiterscheinungen des Bergbaus wurde berichtet.
In trauter Eintracht von bürgerlichen Politikern, RAG, IGBCE-Führung und Kirchen wurde gleichzeitig die Ursache für das Ende des Bergbaus an der Saar verschleiert. Nicht die Profitgier und das Streben nach Maximalprofit sei dafür verantwortlich, sondern die zufälligen, bergbaubedingten Erderschütterungen im Bereich der Primsmulde mit ihrem traurigen Höhepunkt am 23. Februar 2008. Auch die Ursache dafür wird wohlweislich verschwiegen. Diese Erderschütterungen waren das Ergebnis einer unverantwortlichen Abbauführung, bei der dieses Risiko von der RAG bewusst in Kauf genommen wurde.
Einen Gegenpol zu dieser medienwirksamen Gleichschaltung des Abgesangs auf den Bergbau wurde von der kämpferischen Bergarbeiterbewegung mit Unterstützung von 'Kumpel für AUF', der Bergarbeiterzeitung 'Vortrieb' und der MLPD gebildet. Bei zahlreichen Einsätzen vor dem Tor und in Gesprächen unter Kollegen reifte unter einer wachsenden Minderheit die Erkenntnis, die Zerschlagung des Bergbaus ist kein unabänderliches Schicksal, sondern ein von den Monopolen, vor allem der RAG, geplanter Vorgang.
Das Beispiel der spanischen Bergarbeiter, die den unbefristeten Kampf gegen die Zerschlagung ihres Bergbaus aufgenommen haben, machte zudem deutlich, dass dieses Vorgehen keine saarländische Besonderheit ist, sondern Teil eines europaweiten Programms zur Abwälzung der Krisenlasten auf den Rücken der Bevölkerung (siehe Artikel 'Ein schwarzer Marsch bis nach Madrid').
Die Argumente der kämpferischen Bergarbeiterbewegung wurden zunehmend von den Kollegen aufgegriffen und diskutiert, unter anderem: 'Die Schließung des Bergbaus an der Saar ist und bleibt ein Skandal! - Wir sagen Nein! - Wir haben die Schließung niemals akzeptiert! - Für eine lebenswerte Perspektive für die Bergarbeiter und ihre Familien! - Der Zugang zum wertvollen Rohstoff Kohle muss erhalten bleiben!'
Eine intensive Auseinandersetzung entbrannte um die Frage, ob man überhaupt zu dieser Gedenkveranstaltung gehen sollte. Als bekannt wurde, wer alles zur offiziellen Gedenkveranstaltung eingeladen wurde (alle die sich in der Vergangenheit für das Ende des Bergbaus stark gemacht hatten) schrieb ein Kollege im Internet auf den Bergbauseiten von WKW: 'Man munkelt, dass diese Personen nun zu einer Feierstunde vor der Mettenschicht eingeladen wurden. Das ist makaber und ein Schlag ins Gesicht aller Bergleute und den inzwischen arbeitssuchenden Kolleginnen und Kollegen der Dienstleister und Zulieferbetriebe. Ich fordere alle Betriebsratskolleginnen und Kollegen der RAG und Evonic, sowie die geladenen, dem Bergbau verbundenen Gäste auf, dieser Alibiveranstaltung fern zu bleiben.'
Die durchaus berechtigte Angst der RAG, dass die von ihnen geplante 'würdevolle' Beerdigung des Bergbaus von protestierenden Kollegen und ihren Familien 'gestört' werden könnte, führte dazu, dass diese erst gar nicht eingeladen wurden. Erst ab 17.00 Uhr durften die Kollegen, ihre Familien und Freunde das Gelände betreten. Dabei selbstverständlich Vertreter der kämpferischen Bergarbeiterbewegung, von 'Kumpel für AUF', 'Vortrieb' und MLPD. Auch eine Delegation des Landesverbandes der MLPD Rheinland-Pfalz/Hessen/Saarland war angereist, um die Bergleute zu unterstützen.
Die 'Rote Fahne' wurde verkauft, 'Kumpel für AUF' sammelte Unterschriften - alle gemeinsam machten Werbung für die 1. Internationale Bergarbeiterkonferenz 2013 in Peru, machten die ICOR bekannt und sammelten auch dafür Spenden. Dadurch wurden bestehende Kontakte vertieft und zahlreiche neue Kontakte geknüpft.
Viele Kollegen bedankten sich ausdrücklich bei den Vertretern der kämpferischen Bergarbeiterbewegung dafür, dass sie immer auf der Seite der Bergarbeiter gestanden und sie unterstützt haben: 'Wir bleiben in Verbindung' und 'Das Bergwerk ist zu, aber wir Bergleute sind noch da', 'Wir sehen uns in Ibbenbüren'. Dies gilt es nun umzusetzen und neue Formen der Zusammenarbeit mit den Bergleuten, ihren Familien und Freunden zu entwickeln."