International

Paraguay: Putsch für Monopolinteressen

04.07.12 - Am 22.Juni war der seit 2008 amtierende demokratisch gewählte Präsident Paraguays, Fernando Lugo, gestürzt worden. Ein Amtsenthebungsverfahren sollte dem einen legalen Anstrich geben (siehe "rf-news" vom 25.6.12). Seitdem versammeln sich immer wieder Demonstranten, um gegen die Putschisten zu protestieren. "Lugo halt durch!" heißt es auf ihren Plakaten. Mit Tränengas und Wasserwerfern werden sie von Polizei und Militär auseinander getrieben. Praktisch alle lateinamerikanischen Regierungen verurteilen den Putsch. Das neue Regime wurde von einem Treffen des südamerikanischen Wirtschaftsunion Mercosur ausgeschlossen, das am 28. Juni in Argentinien stattfand.

Immer deutlicher wird, dass die Drahtzieher hinter dem "kalten Putsch" gegen den Präsidenten in den Konzernzentralen internationaler Agrarmonopole sitzen. Seit Jahrzehnten schon gab es in Paraguay unter der Knute eines 60 Jahre währenden faschistischen Regimes teils auch bewaffnete Auseinandersetzungen um die Landverteilung. Über 80 Prozent des fruchtbaren Landes befindet sich im Besitz von nur 2 Prozent der Bevölkerung, superreichen Großgrundbesitzern, während die Massen bitterste Armut litten.

Mit der Neuorganisation der internationalen kapitalistischen Produktion in den 1990er Jahren und der Herausbildung eines allein herrschenden internationalen Finanzkapitals, zu dem auch die größten Agrarmonopole gehören, hat sich die Lage dramatisch verschärft. Landraub und Verwüstung von riesigen Anbauflächen für den Anbau von Biospritprodukten eskalieren und tragen zur Zerstörung der menschlichen Lebensgrundlagen bei.

2008 wurde der vormalige Bischof und Anhänger der Theologie der Befreiung, Fernando Lugo, gerade wegen seines Versprechens einer Landreform gewählt. Bei deren Verwirklichung biss er auf Granit. Im Oktober 2011 hatte der Landwirtschaftsminister, der zu der jetzt putschenden Partei gehört, den US-amerikanischen Saatgutunternehmen Monsanto und Cargill die Genehmigung für die Verwendung genmanipulierten Baumwollsamens erteilt.

Sie kontrollieren schon jetzt – mit erheblichen Steuervorteilen – den für den Export bestimmten, genmanipulierten Sojaanbau im Land und wollten jetzt ins Baumwollgeschäft groß einsteigen. Der manipulierte Samen enthält giftige Gene und hat in Asien bereits zu schweren Dürren beigetragen. Umweltschützer und kleine Bauern protestierten. Die für die Saatgutkontrolle zuständige Behörde, das Gesundheits- und Umweltamt verweigerten die Zulassung. Daraufhin wurde in den bürgerlichen Massenmedien eine verleumderische Schmutzkampagne gegen die Leiter dieser Institutionen inszeniert.

Letzter Anlass für den Sturz des Präsidenten war die Vertreibung von Bauern vom "Besitz" des größten Landbarons Blas Riquelme, dem Ex-Chef der 60 Jahre lang herrschenden Colorado-Partei. Ihm war es gelungen, sich zu seinem 70.000 Hektar großen Anwesen noch 2.000 Hektar staatseigenes Land einzuverleiben. Teile davon hatten kleine Bauern in Curuguaty besetzt und bebaut. Am 15.Juni wurden sie von einem Elite-Sondereinsatzkommando der Polizei vertrieben. Es starben zwölf Bauern und sechs Polizisten, 50 Menschen wurden teilweise schwer verletzt. Die Verantwortung dafür wurde Lugo angelastet.

Die erste Gratulation für das neue Regime kam vom deutschen Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel (FDP), der sich beim freundlichen Händedruck mit dem Putschisten Frederico Franco unter der Überschrift ablichten ließ: "Es gab keinen Putsch." Er erklärte das Amtsenthebungsverfahren gegen Lugo für rechtens und sagte eine neue "Entwicklungshilfe" von 8,6 Millionen Euro zu. Noch getraut sich die Bundesregierung allerdings nicht, die Putsch-Regierung anzuerkennen. Anerkannt wurde sie bislang nur von Kanada, Spanien – und dem Vatikanstaat.