Politik
Verfassungsschutz sofort auflösen - faschistische Organisationen verbieten!
03.07.12 - Nachdem der Skandal um die Verstrickung des Inlandsgeheimdienstes "Verfassungsschutz" mit der neofaschistischen Szene und der faschistischen Terrorgruppe NSU immer weitere Kreise zog, muss jetzt Verfassungsschutz-Präsident Heinz Fromm seinen Hut nehmen. Noch vor einer Woche hatte er das weit von sich gewiesen. Mühsam hatten die verantwortlichen Stellen in den letzten Monaten versucht, die skandalösen Enthüllungen über die Tätigkeit von V-Leuten des Geheimdienstes im unmittelbaren Umfeld der Terrorgruppe herunter zu spielen und wieder vergessen zu machen. Doch was seit letzter Woche über verschiedene Quellen ans Tageslicht kam, setzt dem allem die Krone auf.
Am 11. November 2011 begann der Generalbundesanwalt zum faschistischen Terror der NSU zu ermitteln. Und genau an diesem Tag schredderte der Verfassungsschutz zahlreiche Akten über die "Operation Rennsteig", die koordinierte Operation mehrerer Geheimdienstämter von 1997 bis 2003 im Umfeld der faschistischen Terroristen Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe. Doch nicht nur das: Es wurde auch bekannt, dass Computerdateien über V-Leute seit 1997 lückenhaft geführt worden sind und bewusst nicht alle angeworbenen V-Leute erfasst wurden (siehe auch "rf-news" vom 28.6.12).
Vorgestern meldete die "Frankfurter Rundschau", der italienische "Staatsschutz" ANSI habe bereits am 21. März 2003 dem Kölner Bundesamt für Verfassungsschutz mitgeteilt, dass im November 2002 ein Treffen europäischer Faschisten im belgischen Waasmunster statt fand, auf dem italienische Faschisten "bei vertraulichen Gesprächen von der Existenz eines Netzwerks militanter europäischer Neonazis erfahren" hätten. Aus dem Schreiben der Italiener geht auch hervor, dass deutsche Neonazis insbesondere aus Bayern und Thüringen seit Jahren enge Beziehungen nach Italien pflegen.
Die systematische Vertuschung, Vernichtung oder Sperrung brisanter Informationen führt vor allem die Lüge von der angeblichen "demokratischen Kontrolle" der Geheimdienste durch das bürgerliche Parlament und seine Kontrollgremien ad absurdum. Und das genau zu dem Zeitpunkt, wo der eingesetzte parlamentarische Untersuchungsausschuss diesen Schein wieder herstellen sollte. Welch zahnloses Feigenblatt ein solcher Untersuchungsausschuss ist, zeigt sich jetzt. Nicht er, sondern die Geheimdienste selbst entscheiden, welche Fragen sie wie beantworten, welche Informationen sie - ohnehin meist gefiltert - heraus rücken und was sie vorsichtshalber lieber gleich in den Reißwolf kippen.
Und das war mit Sicherheit keine Kurzschlusshandlung eines untergeordneten Referatsleiters, sondern von höchster Stelle angeordnet. Selbst die Kommentatoren der meisten bürgerlichen Medien gehen dabei nicht mehr von einem "Zufall" aus. Zurecht zieht der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat, die Schlussfolgerung: "Das ist ein ungeheuerlicher Vorgang. ... Das macht mich stutzig, ob es nicht eine Verquickung des Verfassungsschutzes mit den Terroristen gab. Ich habe heute überhaupt kein Vertrauen mehr in die Sicherheitsorgane - in den Verfassungsschutz schon gar nicht." Kolat fordert, Anzeige gegen an den Morden beteiligte Beamte zu erstatten.
Jetzt wird so getan, als ob die "Vernachlässigung" des Vorgehens gegen faschistische Organisationen Folge der "Neuausrichtung" des Verfassungsschutzes nach den Terroranschlägen vom 11.9.2001 gewesen sei, die maßgeblich von Fromm vorangetrieben wurde. Dabei ging es aber um etwas anderes. Nach dem 11. September einigten sich alle imperialistischen Staaten unter Führung der USA auf eine gemeinsame "Weltinnenpolitik": "Dies war aber in Wirklichkeit keine Reaktion auf den Anschlag vom 11. September, sondern eine von langer Hand vorbereitete Strategie zur Organisierung der internationalen Konterrevolution gegen alle Bestrebungen zur Befreiung von Ausbeutung und Unterdrückung." ("Götterdämmerung über der 'neuen Weltordnung'", Seite 537). "Der Bekämpfung von Aufständen sollen auch der Ausbau und die engere Zusammenarbeit der Geheimdienste dienen (Bundesnachrichtendienst BND, Verfassungsschutz in Bund und Ländern, Militärischer Abschirmdienst MAD)." (ebenda S. 538)
Der Aufbau und die Förderung faschistischer Terrorgruppen ist Bestandteil dieser Ausrichtung. Die enge Durchdringung des Verfassungsschutzes mit Faschisten prägt diesen seit seiner Gründung. Am konterrevolutionären antikommunistischen Charakter dieser Behörde wird sich deshalb auch nichts ändern, wenn eine von den Verstrickungen mit den Faschisten "unbelastete" Persönlichkeit an seine Spitze rückt, wie jetzt von verschiedenen Politikern gefordert wird. Innerhalb des Verfassungsschutzes wird sich so jemand ohnehin nicht finden lassen. Die "Fallstricke" der Behörde zu kennen, zählt aber zu den obersten Qualifizierungen des Fromm-Nachfolgers.
Dieser Geheimdienst kann auch nicht "reformiert" werden, wie jetzt von der SPD und den Grünen angemahnt wird. Den Verfassungsschutz sofort aufzulösen, ist unter den gegebenen Umständen jedoch eine berechtigte und zu unterstützende Forderung. Sie darf aber nicht darüber hinweg täuschen, dass es unmöglich ist, die reaktionären Geheimdienste insgesamt abzuschaffen. Sie sind zentraler Bestandteil des bürgerlichen Staatsapparats und werden erst mit dessen Beseitigung verschwinden. Notwendig ist die vollständige Aufklärung des Skandals und die strafrechtliche Verfolgung aller Verantwortlichen! Notwendig ist vor allem das Verbot sowie die Ächtung aller faschistischen Organisationen und ihrer Propaganda!