International
Bergarbeiter marschieren an der Spitze der Demonstration gegen die spanische Regierung
11.07.12 - Begeistert wurden rund 400 Bergarbeiter nach ihrem 19 Tage dauernden "Schwarzen Marsch" kurz nach Mitternacht auf der Puerta del Sol im Herzen Madrids empfangen. Zehntausende Menschen waren gekommen und bildeten ein Spalier, durch das die Bergarbeiter in blauen Overalls und weißen Helmen im Schein ihrer Helmlampen und begleitet von Trommelrhythmen marschierten. "Wir sind alle Bergarbeiter" stand auf einem Transparent. Der Beifall nahm kein Ende und die Kumpel bedankten sich ihrerseits für den großartigen Empfang (hier ein Bildbericht in spanischer Sprache). Der "Schwarze Marsch" hatte sie auf ihrem Weg aus der nordspanischen Bergbauregion durch zahlreiche Städte und Dörfer geführt, wo sie für ihren seit eineinhalb Monaten andauernden Streik und die große Demonstration gegen die Regierung heute in Madrid warben.
Sie richtete sich insbesondere gegen die Pläne, die "Kohlebeihilfen" um zwei Drittel zu kürzen, was einem Todesurteil für die Zechen gleichkommt. Das ist Bestandteil eines umfassenden Krisenprogramms, das die EU der spanischen Regierung diktiert hat und heute von ihr beschlossen wurde. 65 Milliarden Euro sollen im Staatshaushalt gekürzt bzw. durch Steuererhöhungen zusätzlich eingenommen werden. Geplant ist die Anhebung der Mehrwertsteuer von 18 auf 21 Prozent. Das Arbeitslosengeld will die Regierung ab dem siebten Monat der Auszahlung kürzen, obwohl es ohnehin nur über zwei Jahre gezahlt wird. Vorgesehen sind die Abschaffung des Weihnachtsgeldes für Staatsbedienstete sowie weitreichende Privatisierungen bisherigen Staatsbetriebe wie etwa im Eisenbahn-, Hafen- und Flughafensektor.
Zehntausende protestierten heute ebenfalls mit den Bergarbeitern und ihren Familien an der Spitze gegen dieses Krisendiktat. Auf ihrem Zug durch die wichtigsten Straßen der Hauptstadt bis vor das Industrieministerium zündeten die Kumpel immer wieder Feuerwerkskörper an, die große Rauchwolken verursachten. Als sie gegen Videoaufnahmen durch die Polizei protestierten, kam es zu einem brutalen Einsatz unter anderem mit Gummigeschossen, bei dem zahlreiche Demonstranten verletzt und fünf verhaftet wurden.
Auf der Website "www.minersconference.com" ist ein telefonisches Interview mit einem Teilnehmer des "Schwarzen Marschs" von heute Vormittag dokumentiert, in dem es unter anderem heißt: "Er ist schon gestern mit einigen Kollegen aus Asturien nach Madrid angereist und ist begeistert von der Hilfe und der Solidarität der Bevölkerung. Er hat schon mehrmals in Madrid demonstriert, aber diesmal war es überwältigend. Aus Asturien wollen so viele anreisen, dass es gar nicht für alle Platz in den Bussen gab.
Überall in den Straßen singen die Bergleute das Bergarbeiterlied Santa Barbara und alle singen mit. ... Es geht nicht nur um die Arbeitsplätze im Bergbau, sondern um die Zukunft einer ganzen Region. Schon heute ist die Jugendarbeitslosigkeit in Asturien die höchste in ganz Spanien. Während sie für die Banken Millionen Euros haben, fehlt für den Bergbau angeblich das Geld. Das ist eine politische Frage.
Auch in Spanien hat die Berichterstattung der Zeitungen oft wenig mit der Realität zu tun. Es gibt auch Parallelen zum Streik der englischen Bergarbeiter in den achtziger Jahren. Vor allem Margret Thatcher bleibt als Hauptinitiatorin für die Zerschlagung des Bergbaus und der Gewerkschaften in Großbritannien in Erinnerung. In Spanien wird das nicht gelingen.
Auch in Spanien spielen die Frauen der Bergleute eine wichtige Rolle. Als Ehefrauen, Mütter oder Großmütter unterstützen sie den Kampf und organisieren das Leben und sind eine unverzichtbare Kraft und Macht. Besonders bei der Besetzung der Zeche Santiago, die seit 45 Tagen besetzt ist, spielen sie eine große Rolle bei der Verteidigung der Besetzung gegen die Polizei."
Die Bergarbeiterbewegung "Kumpel für AUF" unterstützte in Deutschland mit einem Aktionstag den Protest der spanischen Bergarbeiter und verbreitete den Gedanken des gemeinsamen Kampfs, der sich gegen das gleiche von der EU beschlossene Gesetz richtet. Dazu heißt es auf "www.minersconference.com": "Heute morgen bereits machte 'Kumpel für AUF' den Höhepunkt des 'Marcha negra' der spanischen Bergleute vor der Hauptverwaltung der RAG in Herne bekannt. Etliche Kolleginnen und Kollegen wussten wegen der Medienzensur im Ruhrgebiet noch gar nichts von dem Streik der spanischen Bergleute. Mit einer Umfrage wurde sich mit den Kollegen auseinandergesetzt, ob sie für den gemeinsamen Kampf der Bergleute Europas gegen die EU Beschlüsse sind."
Aus Ibbenbüren berichtet ein Teilnehmer: "Es gab viele interessante Diskussionen, warum eben nicht alles gelaufen ist: 'Was auf die Menschen in Spanien zukommt, kann uns auch blühen.' oder 'Die Spanier zeigen uns, wie es geht.'"
"rf-news" wird weiter über den heutigen Aktionstag der Bergarbeiter berichten.