Umwelt

"Freier Handel" für imperialistische Raubritter

12.07.12 - Bundeskanzlerin Angela Merkel war soeben auf Asientour. Gegenüber den Regierungen der Staatengemeinschaft ASEAN (Indonesien, Malaysia, Thailand, Vietnam und andere) drängt sie auf ein schnelles "Freihandelsabkommen". Angesichts der Konkurrenz aus China und Korea müsse sich die EU beim Zustandekommen eines gemeinsamen Abkommens mit den ASEAN-Ländern "sputen". Als "Paradebeispiel der Kooperation" besichtigte sie demonstrativ am Ende ihrer Reise eine mit deutschen Geldern finanzierte Tsunami-Frühwarnzentrale in Jakarta. Dem müsse nun "auf allen Gebieten" eine Zusammenarbeit "zum Wohle aller Länder" folgen. Vor allem erwarte die deutsche Industrie "mehr Exporte in die Region". Nicht ganz so öffentlich wurde schon mal eine "militärische Kooperation" vereinbart. Sie soll Rüstungslieferungen (Panzer) aus deutschen Waffenschmieden einschließen.

Was so ein Freihandelsabkommen in der Praxis bedeutet, zeigt das vor einigen Wochen von der EU – mit ausdrücklicher Zustimmung der deutschen Bundesregierung – abgeschlossene Freihandelsabkommen mit Peru, Kolumbien und mehreren mittelamerikanischen Ländern. Dagegen gab es schon im Vorfeld massive Proteste von indigenen Organisationen, Gewerkschaften, Menschenrechtsorganisationen und linken Kräften. Was als Abbau von Zöllen und "Handelsbarrieren" propagiert wird, der hierzulande der "Förderung mittelständischer Unternehmen" diene und den abhängigen Ländern als "Entwicklungshilfe" angedient wird, sind in Wahrheit Freibriefe für den Raubzug internationaler Konzerne zu Lasten der Masse der Bevölkerung dieser Länder. 

Auf der einen Seite werden die Länder mit EU-Milchprodukten zu Dumpingpreisen überschwemmt – noch mehr einheimische Bauern werden ihre Existenz verlieren. Legal wird es für die einheimischen Kleinbauern nur noch von Agrarkonzernen manipuliertes Saatgut geben. Der Bevölkerung wird der Zugang zu Generika, preiswerten Medikamenten unmöglich gemacht. Das nennt sich dann Patentschutz – für die Großkonzerne selbstverständlich. Ganz besonders profitieren in den rohstoffreichen Ländern Lateinamerikas die Energie- und Bergbaukonzerne von diesen Abkommen. Die deutschen Konzerne Eon, RWE, Steag und Evonik, sowie Vattenfall sind die größten Abnehmer der Kolumbien im Tagebau geförderten Steinkohle.

Der kolumbianische Menschenrechtsanwalt Alirion Uribe berichtete Ende April zusammen mit Frauen der Indigenenorganisation "Kraft der Frauen der Wayúu" bei einer Europareise über den Ausbau des riesigen Steinkohletagebaus in Cerrejon, im nördlichen Bundesstaat Guajira. Besitzer und Lieferanten für die deutschen Energiekonzerne sind die Bergbaukonzerne Xstrata, Anglo American und BHP Billington. Zahlreiche indigene und afrokolumbianische Gemeinden wurden zugunsten des Tagebaus mit massiver Einschüchterung und brutaler Gewalt von ihrem Land und aus ihren Dörfern vertrieben. Straßen werden bewusst überschwemmt, um die Dörfer von der Umgebung abzuschneiden.

Die Regierung betätigt sich als Komplize, schloss die Schule und die Gesundheitsstation eines bedrohten Dorfes. Die Kirche mischte mit und sperrte eine Dorfkapelle. Ein Fluss, der für die indigene Bevölkerung überlebenswichtig ist, wurde für den Übertagebergbau über 20 Kilometer umgeleitet. Wer sich dagegen wehrt, wird mit dem Tod bedroht.

Alirio Uribe berichtete vom Fall des US-amerikanischen Konzerns Drummond – ebenfalls ein Lieferant deutscher Energiekonzerne –, der Paramilitärs mit dem Mord an zwei Gewerkschaftern – Valmore Locarno und Hugo Orcasito – beauftragt hat. Kolumbien ist das Land mit der höchsten Mordrate an Gewerkschaften und der größten Zahl an Binnenflüchtlingen gemessen an der gesamten Bevölkerungszahl. Das Blut, das auf diese Weise an der Importkohle klebt, stört weder die Konzernherren noch die Bundesregierung.