International

Imperialistische "Troika" droht Griechenland mit Staatsbankrott

24.07.12 - In den letzten Tagen vertieft sich trotz aller hektischen "Rettungsbemühungen" erneut die Euro-Krise. Auch nach den Beschlüssen über ein Milliardenpaket für die spanischen Banken klettern die Zinsen für spanische Staatsanleihen weiter in die Höhe. Sie liegen jetzt schon bei 7,5 Prozent. Die Euroländer Irland und Portugal wurden schon unter den ESFS-"Rettungsfonds" genommen, bevor diese Marke erreicht war. Der spanische Wirtschaftsminister Luis de Guindos sprach von "extremer Nervosität" der Anleger auf den Anleihemärkten. An der Mailänder Börse brachen die Aktienkurse ein und erreichten kurzfristig den tiefsten Stand seit März 2009. Der Handel mit Aktien mehrerer Banken wurde sogar kurzfristig eingestellt. 

Der Hintergrund dafür ist der sich immer deutlicher abzeichnende Einbruch innerhalb der Weltwirtschafts- und Finanzkrise. In mehreren europäischen Ländern ging die Industrieproduktion im ersten Quartal gegenüber dem Vorjahreszeitraum stärker zurück: in Frankreich um -1,6 Prozent, in Großbritannien um -3,1 Prozent, in Italien um -5,4 Prozent und in Spanien um -6,4 Prozent. In den BRICS-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika) schrumpfen die bisher noch relativ hohen Wachstumsraten. Das hat auch Rückwirkungen auf Deutschland, dessen Industrieproduktion im Mai ebenfalls bereits um -0,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr zurück ging.

Angesichts dessen wächst die Nervosität der führenden imperialistischen Regierungen und ihrer internationalen Institutionen und der Spielraum für zeitweilige Abdämpfungen ihrer Politik der immer rigoroseren Abwälzung der Krisenlasten engt sich ein. Deshalb wird jetzt vom "Internationalen Währungsfonds" (IWF), der EU-Kommission und der Bundesregierung der von der griechischen Regierung erbetene Aufschub bei der Umsetzung der diktierten Auflagen offen in Frage gestellt. Denn dafür würden zusätzliche 50 Milliarden Euro an Darlehen benötigt, die in dieser Situation dringender an anderen "Baustellen" gebraucht werden. Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) droht offen: "Wenn Griechenland seine Auflagen nicht erfüllt, dann kann es keine weiteren Zahlungen mehr geben." 

Das ist allerdings auch eine Reaktion auf die wachsende Instabilität des Landes. Der geplante Fahrplan zur Durchsetzung der Krisendiktate scheitert vor allem am wachsenden Widerstand der griechischen Massen. Zwei kurz aufeinander folgende Neuwahlen haben keine stabile Regierung geschaffen. Maßgebliche Kreise des allein herrschenden internationalen Finanzkapitals orientieren deshalb mittlerweile auf einen Austritt oder Ausschluss Griechenlands aus der Eurozone.

Dessen Folgen sind für die Herrschenden aber völlig unkalkulierbar, weshalb sie sich in ihren Plänen auch uneinig und unsicher sind. Während für Rösler ein Ausscheiden Griechenlands "längst seinen Schrecken verloren" hat, widersprach die EU-Kommission umgehend: "Griechenland soll und wird in der Euro-Zone bleiben." Auch Regierungssprecher ruderten zurück, dass kein Land aus der Währungsunion "herausgedrängt" werden solle und Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat weitere Finanzhilfen für Griechenland bisher nicht kategorisch ausgeschlossen.

Ohne diese wachsende Nervosität in den Regierungszentralen aufgrund der wirtschaftlichen und politischen Entwicklung ist auch der Befehl zur Stürmung des bestreikten Werks der griechischen Stahlarbeiter von Aspropirgos nicht zu erklären. Die dort eingesetzten MAT-Spezialeinheiten der Polizei sind direkt dem griechischen Innenministerium unterstellt. Es spricht alles dafür, dass ihr Einsatz eng mit den Verantwortlichen der "Troika" abgesprochen wurde, die ohnehin die gesamte Politik der griechischen Regierung diktiert und gegen die sich ausdrücklich auch die Kämpfe der Stahlarbeiter und anderer Teile des griechischen Volks richten.

Die damit verbundene Rechnung, den seit rund 270 Tagen andauernden Streik dadurch zu ersticken, ging allerdings nicht auf. Im Gegenteil entfaltet sich seitdem eine landesweite und internationale Protest- und Solidaritätsbewegung, die mit rund 100 Demonstrationen in griechischen Städten, Aktionen vor Konsulaten in mehreren europäischen und deutschen Städten sowie den Montagsdemonstrationen in Deutschland einen weiteren Höhepunkt fand.

Die Drohungen gegenüber Griechenland zielen deshalb auch darauf, das griechische Volk international zu isolieren und ihm die Schuld für das Scheitern des internationalen Krisenmanagements in die Schuhe zu schieben. Systematisch werden von den bürgerlichen Medien immer neue Lügen über die Menschen in Griechenland verbreitet, die angeblich den Staat "ausplündern" würden. Tatsache ist aber, dass Not, Armut und Arbeitslosigkeit in Griechenland stark ansteigen. Allein von März bis April 2012 wurden 27.500 Arbeitsplätze vernichtet. Zwischen April 2011 und April 2012 wurden nach Angaben des griechischen "Statistikdienstes" 307.775 der 10,8 Millionen Griechen arbeitslos. Die offizielle Arbeitslosenquote liegt bei 22,5 Prozent. Arbeitslose erhalten nur ein Jahr lang Arbeitslosengeld. Danach ist keine Unterstützung mehr vorgesehen.

Die zunehmenden Massenproteste auch in anderen europäischen Ländern wie insbesondere in Spanien führen allerdings auch dazu, dass die Hetze gegen die angeblichen "Chaos-Griechen" mehr und mehr an Wirkung verliert. In Verbindung mit der Organisierung der internationalen Solidarität für den Kampf der griechischen Stahlarbeiter und der spanischen Bergarbeiter finden gegenwärtig zahlreiche Auseinandersetzungen über die Notwendigkeit eines gemeinsamen länderübergreifend koordinierten Kampfs gegen die EU-Krisenprogramme statt (siehe auch Montagsdemo-Berichte). Im Zentrum steht dabei insbesondere die Bekanntmachung und finanzielle Stärkung der revolutionären Weltorganisation ICOR, die dafür weiter aufgebaut und gefestigt werden muss.