Wirtschaft
Auftragseinbruch bei Siemens
31.07.12 - In der letzten Woche gaben verschiedene deutsche internationale Übermonopole zum Teil drastische Einbrüche beim Auftragseingang und Gewinnerwartung bekannt. Mehrere große Konzerne - nach Schlecker und Neckermann Eon, RWE und Telekom - haben Entlassungen oder Insolvenz angemeldet. Bei ThyssenKrupp gibt es Kurzarbeit. Die gegenwärtige Wirtschaftsentwicklung jedenfalls ist keineswegs "erstaunlich robust", wie es der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) in seinem gestern erschienenen Konjunktur-Report behauptet. Die Lage des Siemens-Konzerns, eines internationalen Übermonopols, gibt wichtige Hinweise auf zu erwartende Entwicklungen in der Weltwirtschafts- und Finanzkrise - sie deuten auf eine kommende Talfahrt hin.
Durch seine langfristigen Geschäfte konnte Siemens trotz der tiefsten Weltwirtschafts- und Finanzkrise seit 2008 über einen langen Zeitraum seinen Umsatz und Gewinn sogar weiter steigern. Inzwischen beginnt dies aber ins Gegenteil umzuschlagen, weil rückläufige Großinvestitionen (Kraftwerke, Städte) und ein wachsender Preisdruck drastische Folgen für das maximalprofitbringende Geschäft von Siemens haben.
Aufgrund eines noch dicken Auftragspolsters steigerte Siemens seinen Umsatz im abgelaufenen Quartal im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um zehn Prozent auf 19,5 Milliarden Euro. Der Auftragseingang brach aber um 23 Prozent auf 17,8 Milliarden Euro ein. Der offizielle Gewinn lag mit 850 Millionen Euro deutlich unter den Erwartungen. Von Oktober 2011 bis Juni 2012 erzielte der Konzern offiziell einen Gewinn von 3,6 Milliarden Euro. Das sind 37 Prozent weniger als im Jahr zuvor. Besondere Probleme hat der Konzern in seinen Sektoren Industrie, Energie und Infrastruktur und Cities (Gebäudetechnik, Transportsysteme usw.): Im Sektor Energie brachen die Aufträge um 28 Prozent ein. Infrastruktur und Cities büßte 45 Prozent ein.
Vor allem das Industriegeschäft habe sich verschlechtert, sagte Vorstandsvorsitzender Löscher. "Wir spüren eine zunehmende Investitionszurückhaltung bei unseren Kunden." Das betrifft vor allem Europa, den nach wie vor wichtigsten Absatzmarkt für Siemens. Hintergrund dafür sind zum einen die sich weiter verschärfende Weltwirtschaftskrise. Der Rückgang der Industrieproduktion verschärft das Problem der Überkapazitäten, so dass Investitionen in Investitionsgüter (Maschinen und Anlagen) zurückgehen.
Zum anderen schränkt die anhaltende und sich wieder verschärfende Finanz-, Börsen und Verschuldungskrise den Spielraum auch staatlicher Investitionen weiter ein. Dringend notwendige Infrastrukturprojekte werden aufgrund der sprunghaft gewachsenen Staatsverschuldung vieler Staaten nicht mehr getätigt.
Ein Korrespondent aus Berlin schreibt: "Der Siemens-Konzern wird so immer mehr von der Weltwirtschaftskrise erfasst und das Gerede vom Konzernvorstand, 'wir gehen gestärkt aus der Krise hervor', ist kaum noch zu hören. Willkommen in der Wirklichkeit. Es bestätigten sich eine nach der anderen die Einschätzungen der MLPD zur Entwicklung der tiefsten Weltwirtschafts- und Finanzkrise, zum Beispiel in der Schrift von Stefan Engel: 'Bürgerliche politische Ökonomie vor dem Scherbenhaufen'.
Mit Losungen wie 'Wir haben unsere Zukunft selbst in der Hand, wenn wir gemeinsam die Kosten reduzieren und die Profitabilität steigern', versucht der Vorstand, die Konzernbelegschaft jetzt für ein neues Programm der verschärften Ausbeutung zu gewinnen. Siemens solle 'schlank, schnell und agil' werden, sagte der Vorstandsvorsitzende. Stellenabbau schloss er nicht aus.
Das erfordert, sich auch im Siemens-Konzern auf härtere Klassenauseinandersetzungen einzustellen. Ein Beispiel ist der Kampf in Nürnberg gegen die Vernichtung der Arbeitsplätze im Trafowerk. Vielen Kollegen bei Siemens wird in den letzten Monaten deutlicher, die Zeiten werden härter. Es gibt immer mehr Diskussionen über die Frage eines internationalen Zusammenschlusses der Belegschaften im gemeinsamen Kampf für die Interessen der Arbeiterklasse und eine sozialistische Alternative für das abgewirtschaftete System des Kapitalismus."