Frauen

"Von Religion bis Revolution" - Spannungsbogen des 10. Frauenpolitischen Ratschlags

"Von Religion bis Revolution" - Spannungsbogen des 10. Frauenpolitischen Ratschlags
Werbetransparent für den Songcontest bei der heutigen "Weltfrauendemonstration"

15.09.12 – Der erste Tag des 10. Frauenpolitischen Ratschlag in Ludwigsburg begann heute mit einer bunten und kämpferischen "Weltfrauendemonstration" (siehe "rf-news"-Bericht). Bisher über 1.000 Frauen aus ganz Deutschland und männliche Helfer sind zu diesem "Jubiläums"-Ratschlag in der Pädagogischen Hochschule zusammen gekommen. Zahlreiche Info- und Essensstände gibt es im Foyer, überall finden angeregte Diskussionen statt, der ganze Ratschlag ist geprägt von vielfältigen selbst organisierten Initiativen – von der gemeinsamen Vorbereitung des Essens über die Organisierung des Putzdienstes und der Bettenbörse bis zu kulturellen Highlights wie dem heute Abend startenden Open-Air-Konzert. Eine kurdische Teilnehmerin aus Stuttgart schildert ihre ersten Eindrücke: "Mir gefällt es sehr gut hier. Ich habe schon viele Gespräche geführt. Ich wünsche mir, dass die verschiedenen Organisationen weiter gut zusammen arbeiten, dass sich der Kontakt nach dem Ratschlag fortsetzt und wir uns zu weiteren gemeinsamen Aktivitäten einladen, damit wir noch stärker werden."

Im Mittelpunkt stand heute der "Frauenpowermarathon", der zum ersten Mal auf einem Frauenpolitischen Ratschlag statt fand. 12 Referentinnen verschiedener Bereiche der internationalen Frauenbewegung stellten unter dem Motto "Von Religion bis Revolution" in kurzen Vorträgen ihre Positionen in der großen Aula der Pädagogischen Hochschule zur Diskussion: Erste Referentin war Schwester Dr. Lea Ackermann von "Solwodi", einer Solidaritätsorganisation für Frauen in Not, die sich vor allem gegen Zwangsprostitution und ihre Auswirkungen einsetzt. Ausgehend von ihrem religiösen Engagement kritisierte sie unter anderem die Gesetzeslage in Deutschland, die Prostitution als "normale Arbeit" definiert. Ihr Fazit: "Prostitution ist übelste Ausbeutung und gehört verboten." Die breite Zusammenarbeit der verschiedensten Kräfte der Frauenbwegung war ihr ein wichtiges Anliegen.

Danach folgte das Referat von Anette Gonser, Sprecherin der Parkwache "Bewegung gegen Stuttgart 21" zum Thema "Frauen schützen Mutter Erde". Heiderose Gläss von der Frauenarbeitsgemeinschaft LISA in der Partei "Die Linke" aus Sachsen sprach zum Thema "Frauen in Parteien". Sie forderte die Frauen auf, in die Parteien zu gehen und dafür zu sorgen, dass ihre Interessen vertreten werden. Eine ganze Gruppe junger Frauen vom Jugendverband REBELL stellten vor, warum sie "Zukunftskämpferinnen" geworden sind. Die Filmszenen im Vortrag von Uschi Madeisky, Filmemacherin vom "Verein Matriaval" vermittelten sehr beeindruckende Bilder von noch bestehenden matriarchalen Urvölkern.

Ursula Engelen-Kefer, langjährige stellvertretende Vorsitzende des DGB, meinte in ihrem Vortrag "Gewerkschaft braucht Frauenpower": "Haltet euch nicht zurück, lasst euch nicht ins Abseits stellen. Wir müssen uns engagieren, sonst können wir nichts ändern." Sie rief dazu auf, dass noch viel mehr Frauen in die Gewerkschaften gehen. Passend dazu ging es weiter mit zwei Opel-Arbeiterinnen aus Bochum und einer Vertreterin des Solidaritätskomitees "Basta" zum Thema "Streikführerinnen". Sie berichteten vom Opel-Streik im Oktober 2004 und der wichtigen Rolle der Frauen dabei. Aber auch von frauenfeindlichem und sexistischem Mobbing gegen kämpferische Kräfte, wo es entscheidend ist, das nicht persönlich zu nehmen, sondern offensiv und gemeinsam dagegen vorzugehen.

Dr. Heidi Becherer vom Vorstand des Deutschen Frauenrats stellte diesen größten Dachverband der Frauenbewegung in Deutschland vor. Sie sprach sich ebenfalls für die breite Zusammenarbeit aller Kräfte der Frauenbewegung über politische und weltauschauliche Differenzen hinweg aus: "Ich kann euch sagen, dass ich die vielen positiven Eindrücke von hier mit in den Frauenrat nehmen werde."

Zu allen Referaten gab es eine Vielzahl von Fragen, kritischen Anmerkungen und Anregungen für die weitere Entwicklung der Frauenbewegung. Diszpliniert wurde die Redezeitbegrenzung im Sinne des pünktlichen Gesamtverlaufs eingehalten. Die ganze Atmospäre war bestimmt von Respekt und Interesse gegenüber den vorgetragenen Standpunkten, aber auch von freimütiger und solidarischer Diskussion bei allen vorhandenen Kritiken und Differenzen.

Der "Frauenpowermarathon" dauert zur Stunde noch an. "rf-news" wird morgen weiter berichten, ebenso über den heute parallel stattfindenden Songcontest. Der heutige erste Tag wird ausklingen mit einem Open-Air-Konzert, zu dem der Kämpferische Frauenrat weitere Teilnehmerinnen und Teilnehmer herzlich einlädt.