Politik
Bunt, kämpferisch, internationalistisch ... die Demonstration der bundesweiten Montagsdemo in Berlin
06.10.12 - Bunt, kämpferisch und internationalistisch demonstrierten rund 1.000 Teilnehmer unter dem Motto "International gegen die Abwälzung der Krisenlasten auf dem Rücken der Völker! Für eine lebenswerte Zukunft! das Volk sind wir" durch Berlin. Die bundesweite Montagsdemo-Bewegung hatte zur Herbstdemo nach Berlin aufgerufen. Delegationen der Montagsdemonstrationen von München bis Hamburg, von Esslingen bis Eisenhüttenstadt hatten sich eingefunden und machten unmissverständlich klar, dass die Hartz-Gesetze vom Tisch müssen.
Die Moderation begrüßte die Teilnehmer mit den Worten: "Herzlich willkommen hier auf dem Alexanderplatz! Dem Alexanderplatz, der vor 23 Jahren die Geburt mächtiger Montagsdemonstrationen (damals gegen das Honneckerregieme) erlebte."
Bei der Auftaktkundgebung sprachen unter anderem Vertreter des "Berliner Wassertischs", die die Machenschaften des Berliner Senats anprangern: "Mit rechtswidrigen Verträgen sollen dem Großkonzern RWE 650 Millionen Euro zugeschanzt werden", so ihr Sprecher Jürgen Fegeler.
Thorsten Lohs las aus dem Brief einer Leiharbeiterin bei Arcelor Mittal (Eisenhüttenstadt) an die bundesweite Demonstration vor: "Wir haben uns ein Leben aufgebaut, aber seit diesen Hartz-IV-Gesetzen können wir von heute auf morgen in die Arbeitslosigkeit fallen. Leiharbeit führt zur Spaltung, die den Menschen kaputt macht. Schluss damit! Wir haben die Schnauze voll!"
"Wir fühlen uns verbunden mit den Streiks und mächtigen Demonstrationen gegen die Krisenprogramme der Regierungen in vielen europäischen Ländern", sagte Ulja Servay von der bundesweiten Koordinierung der Montagsdemonstrationen. Und sie fuhr fort: "Unser Herz schlägt zunehmend international. Mit dem mutigen und ausdauernden 272 Tage dauernden Streik der griechischen Stahlarbeiter gegen Lohnkürzungen und Entlassungen haben wir uns solidarisiert."
Die Demonstration zeigte ein vielfältiges Bild der Teilnehmer. Fahnen von IG Metall und ver.di, betriebliche Delegationen von Opel und Ford, aus der Stahlindustrie oder von Werftarbeitern aus Rostock, der Anti-AKW- Bewegung, vom Frauenverband Courage, Jugendverband Rebell, der MLPD, Mitgliedern der Partei "die Linke", fortschrittlichen Migrantenorganisationen und vielen anderen. Überall herrschte eine kämpferische stolze und selbstbewusste Stimmung.
Während der Demonstration wurde mit Kurzreden am offenen Mikrofon, Liedern und Parolen die Rechnung mit der volksfeindlichen Regierungspolitik aufgemacht. Viele Redner forderten die Abschaltung aller Atomkraftwerke weltweit. Die Schaffung und der Erhalt von Arbeitsplätzen für die Jugend wurde mehrfach gefordert.
Auf einem Gelsenkirchener Transparent war zu lesen: "Montag ist Tag des Widerstands". Immer wieder wurde die Ausdauer der Montagsdemo-Bewegung betont: "Acht Jahre Montagsdemo haben bewiesen: wir haben Kampfkraft". Angeprangert wurde am offenen Mikrofon auch, "... dass die Regierung gegen die Mehrheitsmeinung der Bevölkerung die Interessen des Großkapitals durchdrückt. Arbeitende und Arbeitslose, Jung und Alt, Frauen und Männern, Deutsche und Ausländer müssen dagegen gemeinsam kämpfen".
Beim Zug durch die Straßen öffneten Anwohner die Fenster, um zuzuhören. Viele Passanten verfolgten die Demonstration aufmerksam, manche wollten genaueres wissen und reihten sich ein. Es herrscht eine große Offenheit und ein Interesse für das Anliegen der Demonstranten.
An der Demonstration nahmen auch Vertreter von "Sans Papier" aus Frankreich teil, einer Organisation von Migranten, die "ohne Papiere" ("sans papier") sind. Sie prangerten auf der Abschlusskundgebung ihre Rechtlosigkeit an.
Horst Schneider von der Partei "Die Linke" stellte klar, er sei für eine Politik ohne doppelten Boden. Er versteht sich als Sprachrohr der außerparlamentarischen Opposition. In Hamburg gibt es 43.000 Millionäre, aber der regierende Bürgermeister Olaf Scholz kürze die Sozialausgaben um 15 Prozent.
Bernadette Leidinger vom Frauenverband Courage machte deutlich, dass viele Frauen von Hartz IV betroffen sind, der Kampf gegen die Hartz-Gesetze und die doppelte Ausbeutung der Frau zusammen gehören.
Stefan Engel, Vorsitzender der MLPD, beglückwünschte die Teilnehmer zu der erfolgreichen Demonstration. Was hatten die Regierenden nicht alles versprochen, als sie vor zehn Jahren die Hartz-Gesetze beschlossen haben. Die Arbeitslosigkeit solle halbiert werden, die Sozialkassen saniert, ein lang anhaltender Wirtschaftsaufschwung herbeigeführt werden. Nichts davon ist eingetreten. Die Montagsdemonstranten haben von Anfang an Recht gehabt, als sie die sofortige Abschaffung der Hartz-Gesetze verlangten.
Die DGB-Führung habe letztes Wochenende bundesweit zu Aktionen gegen die "Umverteilungspolitik" aufgerufen, während sie vor zehn Jahren noch die Hartz-Gesetze mitgetragen habe. Das ist ein klarer Erfolg der Montagsdemo-Bewegung. 40.000 Menschen beteiligten sich an diesen Aktionen, da sei es nicht verwunderlich, dass heute nicht mehr Menschen auf der Straße waren. Kanzlerin Merkel gehe jetzt dazu über, die Hartz-Gesetze nach Europa zu exportieren. Das verbreitere international die Basis für einen gemeinsamen Kampf gegen die Abwälzung der Krisenlasten. Stefan Engel endete damit, dass die Montagsdemo-Bewegung den gleichen Gegner wie die kämpfenden Massen in Südeuropa und die kämpfenden Bergleute in Südafrika haben: "Wir sind alle Griechen, Spanier und Portugiesen".
Während der letzten Ausführungen von Stefan Engel ergossen sich sintflutartige Regenfälle, begleitet von Sturmböen, über den Kundgebungsplatz. Völlig durchnässt mussten die Teilnehmer die zahlreichen Stände und technischen Anlagen sichern. Nach dem gemeinsamen Singen von "Keiner schiebt uns weg" wurde die Kundgebung vorzeitig beendet, damit alle noch gesund zurückkehren können. Denn schon am Montag geht der Kampf bei den bundesweiten Montagsdemos weiter.