Politik

Der Fall "Bergsdorf" - Landesregierung finanziert jahrelang "kalten Krieger"

(aus "Rote Fahne" 40/2012) Den von der MLPD beklagten "Verfassungsschutz-Experten" sind auch andere Gegner des Antikommunismus schon länger auf den Fersen. Einer von ihnen ist der thüringische Landtagsabgeordnete der Linkspartei, Frank Kuschel. Er stellte bereits im Jahr 2006 eine "Kleine Anfrage" im Thüringer Landtag zum Verweis Bergsdorfs auf seine Tätigkeit im Landesinnenministerium. Wir dokumentieren Auszüge aus einer Presseinformation, die Frank Kuschel dazu am 15.8.2006 unter der oben stehenden Überschrift herausgegeben hat.

"Es ist mehr als bedenklich, wenn die Landesregierung über Jahre einen Mitarbeiter im Innenministerium beschäftigt, der im Stile eines kalten Kriegers als Autor die PDS als extremistische Partei auf gleiche Stufe stellt mit den rechtsradikalen Parteien und dabei offen auf seine Ministeriumstätigkeit verweisen darf", kritisiert der Linkspartei.PDS-Landtagsabgeordnete Frank Kuschel.

Der Autor Dr. Harald Bergsdorf hat bei mehreren Veröffentlichungen im Zeitraum von 2001 bis 2005 immer wieder darauf verwiesen, dass er im Thüringer Innenministerium tätig war.

In einem Beitrag bezeichnet Dr. H. Bergsdorf die PDS als "die linksextremistische Partei". Außerdem behauptet Dr. H. Bergsdorf: "Zudem verharmlosen PDS und rechtsextremistische Parteien den millionenfachen Judenmord im ‚Dritten Reich‘ ...", da die PDS statt des massenhaften Judenmordes die kommunistischen Opfer betone.

In einem weiteren Beitrag "vergleicht" Dr. H. Bergsdorf Republikaner und PDS und bezeichnet die PDS als "extremistische Partei".

Dr. H. Bergsdorf behauptet, die PDS erkläre "trickreich, auf dem Boden des Grundgesetzes zu agieren". Zum Programm wirft er der PDS vor: "Auch das neue PDS-Programm arbeitet – ähnlich wie rechtsextreme Ideologien – mit Sündenböcken und Verschwörungstheorien." ...

All diese Veröffentlichungen sind mit dem Verweis versehen, dass Herr Bergsdorf im Thüringer Innenministerium tätig ist. "Mit diesem Verweis wird für die Öffentlichkeit der Eindruck erweckt, dass Dr. Bergsdorf für die Landesregierung spricht", so Frank Kuschel.

Die Landesregierung, die unbestritten die Autorentätigkeit des Ministeriumsmitarbeiters Bergsdorf kannte, ist hier nicht eingeschritten. "Insofern muss sich die Landesregierung mindestens Duldung vorhalten lassen", ist sich Frank Kuschel sicher.

Zudem stellt sich die Frage, was Herr Bergsdorf neben seiner Autorentätigkeit eigentlich im Innenministerium gearbeitet hat. Nach dem Stellenplan war er im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit tätig.

"Es wäre jedoch neu, dass das Innenministerium für die politische Bewertung der PDS zuständig ist", fragt sich der Linkspartei.PDS-Politiker. ... Der Landtagsabgeordnete hat zum Fall "Bergsdorf" eine Reihe von Anfragen an die Landesregierung gestellt. ...


Zwei Seiten einer Medaille

Die aggressive antikommunistische Hetze von Leuten wie Harald Bergsdorf, der jahrelang im Thüringer Innenministerium eng mit dem "Verfassungsschutz" zu tun hatte, und die inzwischen bekannt gewordene teilweise enge Verstrickung von Teilen dieser Behörde mit der faschistischen Terrorbande „NSU“ sind offenbar zwei Seiten einer Medaille.

Im Umfeld des faschistischen "Thüringer Heimatschutzes", aus dem der "NSU" hervorging, waren laut "Thüringer Allgemeine" mindestens 40 V-Leute und Spitzel aktiv. Damit arbeitete fast ein Drittel der insgesamt 140 Mitglieder dieser Gruppe mit den Geheimdiensten, unter anderem dem Thüringer "Verfassungsschutz", zusammen. In der "Operation Rennsteig" arbeiteten das Bundesamt und das Thüringer Landesamt für "Verfassungsschutz" von 1999 bis 2003 eng mit dem Bundeswehr-Geheimdienst zur systematischen Anwerbung von V-Leuten in der faschistischen Szene Thüringens zusammen.

Ein von der Bundesanwaltschaft als Unterstützer des "NSU" beschuldigter Mann hat offenbar zehn Jahre lang als Informant für das Berliner Landeskriminalamt (LKA) gearbeitet. Nach eigener Aussage hat er der Terrorgruppe Ende der 1990er-Jahre rund ein Kilogramm TNT-Sprengstoff besorgt. Bei mindestens fünf Treffen mit seinen V-Mann-Führern habe er auch Hinweise auf die untergetauchten NSU-Mitglieder gegeben, erstmals bereits 2002. Das LKA hat diese angeblich an den Thüringer Verfassungsschutz weitergeleitet. Die Ermittlungen zur Mordserie des NSU verliefen dennoch weiter "ergebnislos".